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Markteinschätzung

„…und in allen Dingen ist Hoffen besser als verzweifeln“

 „Wir hoffen immer, und in allen Dingen ist Hoffen besser als verzweifeln“, dieses Bonmot zum Thema Hoffnung entstammt dem Schauspiel „Torquato Tasso“ von Johann Wolfgang von Goethe. Thema des Dramas ist die unglückliche Liebe des jungen italienischen Dichters Tasso zur Prinzessin von Este und seine Rolle in der höfischen Gesellschaft. Der Aphorismus (Sinnspruch) findet sich heutzutage oft auf Trauer- und Beileidskarten. Für viele seiner Kritiker ist Mario Draghi in der letzten Zeit zum Totengräber der europäischen Geldpolitik avanciert. Seine neuesten Entscheidungen, die letzte Woche Donnerstag verkündet wurden, werden seine Kritiker vermutlich nicht verstummen lassen. Ganz im Gegenteil. 

Angekündigt war es schon lange, trotzdem konnte Mario Draghi die Märkte am Donnerstag noch überraschen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hatte der europäische Notenbankchef in den letzten Wochen die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Geldpolitik betont. Er wurde nicht müde zu wiederholen, dass er auch bereit sei diese konsequent umzusetzen. „Money for nothing“ lautet seit der letzten Woche die neue Leitlinie der EZB. Erstmals in der Geschichte der europäischen Zentralbank wurde der Leitzins auf 0,0 Prozent abgesenkt. Das bedeutet, Banken bekommen frisches Zentralbankgeld künftig umsonst. Zudem bietet die EZB den Geldhäusern neue extrem günstige Langfristkredite an. Banken, die eine bestimmte Menge Kredite ausgeben, bekommen das Geld sogar zu negativen Zinsen. Sie werden für die Kreditvergabe bezahlt. Und damit die Institute gar nicht erst auf die Idee kommen, Geld zu horten, anstatt das Wachstum zu fördern, brummt die EZB ihnen nun 0,4 Prozent Strafzinsen auf, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Darüber hinaus flutet die EZB über den Kauf von Staatsanleihen und nun auch Unternehmensanleihen mit guter Bewertung die Märkte mit Geld. Ab April nimmt sie statt 60 Milliarden Euro monatlich 80 Milliarden Euro in die Hand. Damit schwillt das Kaufprogramm bis März 2017 auf 1,74 Billionen Euro an. 

In einer ersten Reaktion verhielten sich die Märkte auch erwartungsgemäß und machten einen kräftigen Satz nach oben. Immerhin kommt es selten vor, dass die Zentralbank die Erwartungen der Märkte sogar noch übertrifft. Allerdings war die erste Euphorie nur von kurzer Dauer. Plötzlich drehten die Märkte abrupt ins Negative und der Dax beendete den „historischen“ Tag sogar mit einem eindeutigen Minus. Die Skeptiker der Geldschwemme gewannen kurz die Oberhand. Viele Beobachter hatten schon vorher befürchtet, dass das Vertrauen in die Möglichkeiten der Geldpolitik schwindet und die Maßnahmen am Markt verpuffen könnten. Nachdem man aber eine Nacht darüber geschlafen hatte, setzte sich die positive Marktmeinung am nächsten Tag wieder durch und die Märkte erholten sich kräftig. Bei Nullzinsen und weniger, bleibt vielen Marktteilnehmern auch keine andere Alternative, als in den Aktienmarkt zu investieren. 

Draghi hat am Donnerstag offenbar die Gunst der Stunde genutzt, denn sein größter Kritiker im EZB-Rat, der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, hatte aufgrund des Rotationsprinzips kein Stimmrecht. Das Rotationsverfahren gilt, seit Litauen zum 1. Januar 2015 das 19. Mitglied im Euro-Club wurde. Damit der EZB-Rat weiterhin schnell und effizient entscheiden kann, wurde die Anzahl der Stimmen gedeckelt. Die fünf größten Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande teilen sich vier Stimmrechte. Ihre nationalen Notenbankchefs müssen in jedem fünften Monat bei der Abstimmung pausieren. Die übrigen 14 Staaten haben 11 Stimmrechte. Ihre Notenbankpräsidenten dürfen sich in je drei Monaten in Folge nicht am Votum beteiligen. 

Mehr Wasser hilft nicht, wenn die Pferde nicht saufen wollen“, so pointiert kommentierte der deutsche Ökonom und scheidende Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die Entscheidung der Notenbank. In der Tat sind die direkten Erfolge der Politik des billigen Geldes überschaubar. Die Konjunktur im Euroraum erholt sich nach wie vor nur schleppend, die Inflation ist im Keller. Im Februar ging die 

jährliche Teuerungsrate wegen des erneuten Absturzes der Ölpreise auf minus 0,2 Prozent zurück. Für das Gesamtjahr rechnet die EZB inzwischen mit einer Mini-Inflation von 0,1 Prozent. Das ist meilenweit entfernt von dem ausgerufenen Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank. Auf der anderen Seite wurde das Abrutschen der Eurozone in die Deflation bis jetzt erfolgreich verhindert. 

Auch an anderer Stelle wirkt die Politik der Notenbank bereits sehr erfolgreich. Seitdem Draghi im Sommer 2012 seine Politik des billigen Geldes einleitete, um den Euro zu retten, müssen Staaten wie Italien oder Spanien bei weitem nicht mehr so hohe Zinsen bezahlen, wenn sie sich an den Finanzmärkten Geld leihen. Unmittelbar vor Draghis damaliger Ankündigung verlangten Investoren für spanische Staatsanleihen noch gut sechs Prozent jährliche Rendite. Inzwischen sind es nur noch rund zwei Prozent. Offenbar vertrauen die Finanzmärkte darauf, dass eine Staatspleite Spaniens wirklich praktisch ausgeschlossen ist. Analysten der DZ-Bank haben ausgerechnet, wie viel Geld die Euro-Staaten in den vergangenen drei Jahren gespart haben, weil sie sich so viel günstiger verschulden konnten. Italien musste demnach etwa 53 Milliarden Euro weniger Zinsen zahlen. Im spanischen Haushalt beträgt der "Draghi-Effekt" etwa 25 Milliarden Euro Ersparnis. Geld, das den schwächelnden Volkswirtschaften für wichtige Strukturprojekte zur Verfügung steht. Selbst das volkswirtschaftlich starke Deutschland sparte nochmals weitere 9,5 Milliarden Euro ein. Die DZ Bank prognostiziert, bis zum Jahr 2022 könnte der italienische Staat dank der offensiven Geldpolitik über 600 Milliarden Euro gespart haben, Deutschland käme immerhin auf knapp 90 Milliarden Euro. Rechnet man mit ein, dass die Bundesrepublik schon vor dem Sommer 2012 kaum Zinsen für ihre Staatsschulden bezahlen musste, ergibt sich demnach eine Ersparnis von mehr als 300 Milliarden Euro. 

Im Jahr 2012 drohte die Eurozone aufgrund der dramatischen Zinsunterschiede zwischen den nördlichen und südlichen Volkswirtschaften auseinanderzubrechen. Die südeuropäischen Staaten standen damals kurz vor dem Staatsbankrott. Hier hat die Geldpolitik zu einer Angleichung der europäischen Zinssätze geführt. Entsprechend positiv fällt das Votum über die jüngste Entscheidung in den südeuropäischen Ländern aus.Die italienischen Gewerkschaften lobten Draghis „mutige Schritte“. In einer globalisierten Welt muss man sich offensichtlich davon lösen, dass Probleme national gelöst werden können. Dies gilt in der heutigen Zeit nicht nur für die Finanzmärkte. Draghis Geldpolitik ist einzig und allein der europäischen Idee verpflichtet. Seine Politik bewegt sich dabei auch im Gleichschritt zu anderen Wirtschaftsräumen. Sei es nun China, Japan oder die USA. Alle großen Notenbanken nutzen die gleichen geldpolitischen Instrumente, um die globale Finanzkrise endgültig zu überwinden. In dieser Woche richten sich die Augen wieder auf Janet Yellen. Mittlerweile geht man wieder davon aus, dass auch die Zinsen in den USA niedrig bleiben und die bereits avisierte Zinswende bis auf weiteres verschoben wird. Die Aktienmärkte tendieren deshalb fest und viele Beobachter gehen von steigenden Kursen in den nächsten Wochen aus. Risikolos ist diese Politik sicher nicht, doch letztlich ist



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