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Markteinschätzung

Wat fott es, es fott

Wat fott es, es fott (Was weg ist, ist weg), so lautet Paragraph 4 im „kölschen Grundgesetz“. Ähnlich pragmatisch wird auch der EZB-Rat am Mittwoch letzter Woche gedacht haben, als er die Entscheidung getroffen hat, den 500 Euro Schein abzuschaffen. Wobei diese Entscheidung nicht bedeutet, dass der Geldschein eingezogen oder einfach über Nacht ungültig wird. Lediglich sollen erst ab Ende 2018 keine neuen Scheine mehr ausgegeben werden und auch danach soll er weiterhin umtauschbar bleiben. Dabei ist der 500er Schein beileibe kein Massenprodukt der EZB. Im Auftrag der Österreichischen Nationalbank wurde zuletzt 2014 eine Ladung, 85 Millionen Stück, 500er gedruckt. Davor wurden die großen Scheine zuletzt 2011 produziert. 

Für viele Zentralbanker wird durch die Abschaffung endlich ein Fehler korrigiert, der bereits bei der Einführung des Euro im Jahr 2002 für interne Diskussionen gesorgt hatte. Eigentlich sollte es gar keinen Schein mit einem so hohen Nennwert geben. In vielen Ländern der Währungsunion waren derart wertvolle Banknoten vor Einführung des Euro unüblich. In den USA ist die 500-Dollar-Note bereits 1969 abgeschafft worden. Es war die deutsche Bundesbank, die sich letztlich mit ihrem Wunsch durchgesetzt hat. Schließlich gab es in der Bundesrepublik diesen 1000-D-Mark-Schein, der schon immer einen ganz besonderen Nimbus hatte. 

Wobei man 14 Jahre nach seiner eigentlichen Abschaffung überrascht ist, wie viele von den alten 1000 D-Mark Scheinen noch im Umlauf sind. Zum Ende des D-Mark-Bargelds am 31. Dezember 2001 waren nach Zahlen der Bundesbank knapp 44 Millionen der großen Scheine im Umlauf. Sie machten damals 29 Prozent des Bargeldwertes aus. Aktuell sind nach Statistiken der deutschen Bundesbank immerhin noch 1,2 Millionen Banknoten mit den drei Nullen im Umlauf. 20 Prozent der ausstehenden 6,04 Milliarden Mark entfallen auf den 1000er – umgerechnet rund 620 Millionen Euro. Die meisten Besitzer scheinen keine Eile beim Umtausch zu haben. 2015 wurden genau 22.175 rotbraune Scheine umgetauscht. Selbst vom früher eher seltenen Fünf-Mark-Schein brachten die Sparer im selben Zeitraum fünfmal so viele zurück. Das Versprechen der Bundesbank, das die D-Mark für „ewig“ gültig bleibt und umgetauscht werden kann, zeigt Wirkung. Andere Euro Staaten waren da weniger großzügig. In etlichen Ländern der Währungsunion sind die früheren nationalen Währungen inzwischen wertlos geworden. Sie konnten für eine gewisse Zeit in Euro getauscht werden, aber irgendwann schlug die jeweilige Zentralbank die Tür zu – in Frankreich zum Beispiel nach zehn Jahren. 

In Deutschland sorgt die Entscheidung den 500er abzuschaffen für einen medialen Aufschrei. Der neue Ifo-Chef Clemens Fuest formulierte sofort, was viele befürchten. Der EZB gehe es letztlich nur darum, das Halten von Bargeld zu erschweren, um die Strafgebühren, die Banken für ihre Konten bei der EZB seit einiger Zeit zahlen müssen, weiter erhöhen zu können. Die Aufregung ist eigentlich überraschend, denn die wenigsten werden einen solchen Schein in ihrem Portemonnaie haben. Im täglichen Zahlungsverkehr sorgt man an manchem Kiosk schon mit einem 50 Euro Schein für Unmut und selbst viele Tankstellen setzen ihre Grenze der Annahme bei 100 Euro Scheinen. In Spanien nannte man den Schein früher „Bin Laden“. Jeder wusste, dass es ihn gibt, aber keiner hat ihn je gesehen. Laut einer Studie der EZB werden tatsächlich nur ein Drittel der knapp 600 Millionen im Umlauf befindlichen 500-Euro-Scheine als Zahlungsmittel genutzt. Der Rest steckt irgendwo im Safe, unter der Matratze oder im Socken. Für viele ist der Geldschein eine Art „letzter Ausweg“ für die Geldanlage. Letztlich mehr Wertaufbewahrungs- als Zahlungsmittel. 

Genau diese Nutzung der Geldscheine ist der Grund, warum der 500er den europäischen Währungshütern ein Dorn im Auge ist. Da es auf der Bank mittlerweile keine Zinsen mehr gibt, gehen immer mehr Europäer dazu über und bunkern ihre Ersparnisse, ebenso zinslos wie auf der Bank, zu Hause. Damit unterlaufen sie jedoch ganz massiv die Geldmarktpolitik der Notenbanken. Durch die Niedrigzinspolitik soll der Konsum und damit die Inflation im Euroraum angeheizt werden und 

nicht der Verkauf von privaten Tresoren. Unterstützung erhalten die Notenbanker dabei von den Steuer- und Sicherheitsbehörden. Denen ist ein so großer Geldschein von jeher suspekt. Kriminelle und Steuerhinterzieher lieben dagegen den großen Schein. Manchen geht die Entscheidung der EZB aus diesen Gründen auch nicht weit genug. 

Ein Analyst der Bank of America forderte schon vor einigen Jahren ein konsequentes Vorgehen gegen den Besitz von 500er Scheinen. Die EZB sollte einen bestimmten Termin nennen, ab dem 500-Euro-Scheine nicht mehr gültig sind. Besitzer solcher Noten dürften diese nur dann in kleinere Scheine umtauschen, wenn sie beweisen können, dass sie das Geld legal erworben haben. Unmöglich für Kriminelle, sie blieben auf wertlosem Papier sitzen. Deren Verlust wäre dann ein „Gewinn“ für die EZB. Diesen könnte man sinnvoll nutzen, etwa für den Rettungsfonds ESM oder zur Rekapitalisierung der Banken. Als Zeitrahmen zwischen Ankündigung und Abschaffung schlägt der Analyst einen Monat vor. Genug Zeit für gesetzestreue Bürger, aber zu wenig für Kriminelle, um all ihr in 500ern gehortetes Schwarzgeld zu waschen. So viel Mut, so radikal vorzugehen, hatte die EZB dann aber doch nicht. 

Für viele ist die Abschaffung des 500er Scheines der erste Schritt hin zur Abschaffung des Bargeldes an sich. Für so manchen Volkswirt ist dieser Schritt sowieso schon lange überfällig. Für sie erfüllt Bargeld in einer digitalisierten Welt, abgesehen für Kriminelle, keinen Zweck mehr. Gäbe es nur noch elektronisches Geld, so ihre Argumentation, könnten die Notenbanken nach Belieben die Geldhaltung mit Strafgebühren belegen und die Leute so zum Ausgeben animieren. Bargeld beschränke die Handlungsfähigkeit der Notenbanken. Gerade aber in Deutschland gewinnt man mit solchen Thesen keinen Beliebtheitspreis. 

Betrachtet man das Gesamtvolumen, dann ist Bargeld sowieso nur eine Petitesse. 18,9 Milliarden Scheine im Wert von knapp 1,1 Billionen Euro waren Ende 2015 in Umlauf, rund zehn Prozent der gesamten Geldmenge. Das heißt umgekehrt, 90 Prozent des Geldes sind heute schon digital. In vielen europäischen Staaten spielt Bargeld schon jetzt keine große Rolle mehr. In Schweden stellten die Banken schon 2013 den Bargelddienst in den Filialen ein. Zahlungen, auch von Kleinstbeträgen, laufen dort nur noch über Bank- oder Kreditkarten. Mit Bitcoins wurde schon 2009 eine digitale Geldeinheit geschaffen. Für viele Beobachter liegt in diesen Kryptowährungen die Zukunft des digitalen Zahlungsverkehrs. Bargeld spielt dort per se schon keine Rolle mehr. Der Rheinländer zuckt bei solchen Aussichten eher gelangweilt mit den Schultern, beruft sich auf den 5. Paragraphen des „kölschen Grundgesetzes“ und sagt: Et bliev nix, wie et wor! (Es bleibt nichts wie es war). Das gilt auch für Bargeld und im Besonderen für den Nennwert von Banknoten.



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