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Stoppt die Fed den US-Dollar-Aufwärtstrend?


USA: Sitzung der US-Notenbank im Fokus 
Der US-Dollar dürfte für immer größere Kopfschmerzen bei den Mitgliedern des US-Offenmarktausschusses sorgen. Auf handelsgewichteter Basis wertete der US-Dollar in nur acht Monaten um mehr als 22 % auf. 

Diese extreme Kursbewegung ist schon jetzt vergleichbar mit der sehr volatilen Phase an den internationalen Devisenmärkten in den 1980er-Jahren. Die Hauptgründe für die Kursentwicklung des US-Dollar liegen einerseits in der divergenten Geldpolitik in den großen Währungsräumen und andererseits in den gravierenden Wirtschaftsproblemen in einigen Schwellenländern. Der starke US-Dollar belastet zweifellos zunehmend die Wachstumsperspektiven der US-Wirtschaft. In diesem Zusammenhang sollte nicht vergessen werden, dass die USA mit einem Exportvolumen von etwa 1,6 Bio. USD im vergangenen Jahr der größte Exporteur von Waren und Dienstleistungen weltweit war. Die US-Dollar-Stärke belastet aber nicht nur die Wachstumsperspektiven, sondern auch den Inflationsausblick. Aufgrund des starken US-Dollar und der gesunkenen Rohstoffpreise fielen die Importpreise im Februar um knapp 10 %. 

So zeigen Berechnungen einzelner Volkswirte, dass die Inflationsrate in den USA im Juni sogar auf -0,4 % fallen könnte. Vor diesem Hintergrund ist es sehr unwahrscheinlich, dass die US-Notenbank den Leitzins schon im Juni anheben kann. Insgesamt sprechen die zuletzt starke Aufwertung des US-Dollar und die potenziell daraus resultierenden Folgen dafür, dass das Währungsthema eine große Rolle auf der Sitzung der US-Notenbank (Mittwoch) spielen wird. Insbesondere kann die Fed kein Interesse daran haben, dass die Finanzmarktteilnehmer die Entwicklung des US-Dollar als Einbahnstraße wahrnehmen und es im Sinne von selbstverstärkenden Effekten zu einer anhaltenden US-Dollar-Stärke mit zunehmenden Risiken von Währungsturbulenzen kommt. 

Die US-Notenbank dürfte zwar wie angekündigt das Wort "Geduld" aus ihrer Stellungnahme streichen, aber in einem ersten Schritt gegen die US-Dollar-Stärke die Zinserhöhungsfantasien dadurch etwas dämpfen, dass sie die daraus resultierenden Abwärtsrisiken für die Inflation hervorhebt. In der folgenden Pressekonferenz könnte Janet Yellen sogar explizit auf den US-Dollar eingehen, da dessen deutliche Aufwertung auch als ein Risiko für die Stabilität der Finanzmärkte gesehen werden kann. 

Binnenwirtschaftlich waren die Signale für die USA zuletzt eher gemischt. So signalisieren die Konjunkturdaten derzeit nur ein Wirtschaftswachstum von 1,5 % im ersten Quartal, wobei der Kälteeinbruch anscheinend die Wirtschaftstätigkeit im Februar dämpfte, wie die schwachen Einzelhandelsumsätze zeigten. Typischerweise steigen in turbulenten Wetterphasen die Online-käufe stark, und die Restaurantumsätze brechen ein. Dementsprechend dürften auch die Industrieproduktion (Montag) sowie die Neubaubeginne (Dienstag) im Februar zur Schwäche geneigt haben. Darüber hinaus werden der Empire State Index (Montag), der NAHB-Index (Montag) und der Philadelphia-Fed-Index (Donnerstag) veröffentlicht. 

Die unklare Datenlage erschwert es der Fed zusätzlich, den richtigen Zeitpunkt für die erste Leitzinserhöhung zu finden - umso mehr, als sich der US-Arbeitsmarkt zuletzt sehr stark präsentierte und nach wie vor ein hohes Risiko besteht, dass die Löhne in absehbarer Zeit deutlich steigen werden. Die derzeitige Philosophie der großen Zentralbanken ist dadurch gekennzeichnet, dass jede Notenbank den Fehler einer zu frühen Leitzinserhöhung unter allen Umständen verhindern möchte und eher dazu bereit ist, durch ein zu langes Warten eine höhere Inflation in Kauf zu nehmen. Daher spricht vieles dafür, dass die Fed erst im September oder sogar noch später erstmals wieder die Leitzinsen erhöhen wird. 

Eurozone: Quantitative Easing (QE) - ein Politikfehler? 
Derzeit signalisieren mehrere Frühindikatoren wie der ZEW-Index (Dienstag), dass sich die Konjunkturlage in der Eurozone in den kommenden Monaten merklich verbessern wird. Natürlich ist es unmöglich zu beantworten, wie sich die Frühindikatoren ohne die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Quantitative Easing (QE) im Januar entwickelt hätten. Nichtsdestotrotz erscheint der dafür zu zahlende Preis zunehmend zu hoch zu sein, weil das inzwischen auf Staatsanleihen ausgeweitete Wertpapierkaufprogramm der EZB die Preise an den Finanzmärkten massiv verzerrt. Wir können uns absolut kein fundamentales Szenario vorstellen, in dem ein Renditeniveau von nur 0,2 % für zehnjährige Bundesanleihen angemessen ist - umso mehr, als die Wirtschaft der Eurozone auch schon vor der QE-Entscheidung der EZB um nominal 1,5 % wuchs und damit weit entfernt war von japanischen Verhältnissen. Auch drohen die geldpolitischen Schritte der EZB zunehmend für Währungsturbulenzen zu sorgen. Grundsätzlich war es angesichts der damals vorherrschenden Inflationserwartungen nicht falsch, ein QE-Programm zu beschließen, der von der EZB gewählte Umfang ist mit 60 Mrd. EUR pro Monat jedoch übertrieben hoch ausgefallen. Immerhin sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor kurzem, dass das QE-Experiment jederzeit beendet werden könne. Vielleicht sollte die EZB die Möglichkeit eines früher als geplanten Exits öffentlich diskutieren, um den Euro-Wechselkurs zu stabilisieren und um wieder für etwas angemessenere Staatsanleiherenditen zu sorgen. 

Dies erscheint auch vor dem Hintergrund als sinnvoll, dass sich die Sorgen vor einer zu niedrigen Inflation (Dienstag) schon in einem Jahr als übertrieben erwiesen haben könnten, da die Kapazitätsauslastung in der Eurozone schon wieder in der Nähe des historischen Durchschnitts liegt. In diesem Umfeld dürfte eine sich belebende Nachfrage schnell wieder Preissetzungsspielraum für die Unternehmen eröffnen. 

Großbritannien: Arbeitsmarkt im Fokus 
Der Arbeitsmarkt (Dienstag) in Großbritannien überraschte in den vergangenen Monaten mit einer stark steigenden Beschäftigung und einer merklich sinkenden Arbeitslosenquote. Bisher beschleunigte sich der Lohnanstieg nur moderat und signalisierte damit kaum Inflationsrisiken. Die Lohnstatistik könnte jedoch dadurch verzerrt sein, dass die geburtenstarken Jahrgänge mit hohen Löhnen verstärkt in Rente gehen und damit den Lohndurchschnitt der verbleibenden Arbeitskräfte senken. Die in Rente gegangenen Arbeitskräfte waren jedoch sehr produktiv, wie die hohen Löhne zeigen. Dementsprechend deutlich ging das Wachstum der Arbeitsproduktivität in den vergangenen Jahren zurück. 

In diesem Umfeld reicht schon ein sich moderat beschleunigender Lohnanstieg aus, um die Lohnstückkosten zu erhöhen und damit Inflationsrisiken zu erzeugen - zumal das britische Pfund bisher nur moderat gegenüber den anderen wichtigen Weltwährungen aufgewertet hat. Insgesamt sollten die Inflationsrisiken in Großbritannien also nicht unterschätzt werden. 

Türkei: Trotz Rezession gute mittelfristige Perspektiven 
Die gegenwärtige Rezession in der Türkei hat ihren Ausgangspunkt in der Rede des damaligen Fed-Präsidenten Ben Bernanke im Mai 2013, in der er eine geldpolitische Wende in den USA in Aussicht stellte. In der Folge kamen vor allem die Währungen von Schwellenländern unter Druck, die infolge eines großen Leistungsbilanzdefizits auf den täglichen Zufluss von ausländischem Kapital angewiesen sind. Mit einem Leistungsbilanzdefizit von 8 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2013 gehörte die Türkei zu den anfälligsten Ländern. 

Vor diesem Hintergrund musste die türkische Zentralbank den Leitzins signifikant anheben, um wieder eine attraktive Zinsdifferenz zu den USA herzustellen und um die Binnennachfrage so stark zu bremsen, dass sich das Leistungsbilanzdefizit infolge sinkender Importe reduziert und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital wieder sinkt. Die Leitzinserhöhungen übertrugen sich dabei auf den Interbankenmarkt, wo der Tagesgeldzins von etwa 5 % zu Beginn 2013 bis auf 12 % im Frühjahr 2014 stieg. Seitdem hat er sich zwischen 10 % und 11 % eingependelt. 

Der Zinsschock in der Türkei verursachte wenig überraschend eine Rezession, wie die Konjunkturdaten zuletzt zeigten. So stieg die Arbeitslosigkeit von 2,09 Mio. Personen im Juni 2012 auf 3,12 Mio. Personen im November 2014, und die Industrieproduktion sank im Januar 2015 um 2,2 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Kombination aus abwertender Währung, schwacher Binnennachfrage und gefallenem Ölpreis scheint die außenwirtschaftliche Anfälligkeit der Türkei merklich reduziert zu haben, wodurch sich das Leistungsbilanzdefizit in diesem Jahr auf etwa 4,8 % des BIP verringern dürfte. 

Die Rezession kommt der Regierung extrem ungelegen, da im Juni dieses Jahres Parlamentswahlen anstehen. Daher kam die Zentralbank in den vergangenen Wochen massiv unter politischen Druck, die Zinsen erheblich zu senken und damit die Konjunktur und den Arbeitsmarkt zu stimulieren. Die politischen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Zentralbank tragen jedoch nicht gerade dazu bei, Vertrauen im In- und Ausland in die Wirtschaftspolitik der Regierung aufzubauen - umso weniger, als eine stabile Währung ja erst die Voraussetzung für signifikante Leitzinssenkungen ist und damit für eine sich erholende Konjunktur. Die Türkei steht also vor einer schwierigen Konjunkturphase, die gut und gerne noch einige Monate andauern dürfte. Trotz aller aktuellen Wirtschaftsprobleme sollte nicht vergessen werden, dass die Türkei mittelfristig nach wie vor großes Potenzial bietet, wie die folgenden fünf Punkte zeigen. 

1. Export 
Die Türkei hat ihre Exporte in den vergangenen acht Jahren von 100 Mrd. USD auf nahezu 160 Mrd. USD im Jahr 2014 merklich gesteigert. Dabei profitierte die Türkei von einer regional besser diversifizierten und verbreiterten Produktpalette. Während früher vor allem arbeitsintensive Industrieprodukte wie Textilien und Bekleidung im Vordergrund standen, erhöhten sich die Ausfuhren von Technologiegütern in den vergangenen Jahren deutlich. Dazu zählen beispielsweise elektrische und elektronische Maschinen und Geräte sowie Fahrzeuge. Darüber hinaus hat sich die Türkei als Schnittstelle zwischen Asien und Europa zunehmend zu einem regionalen Produktions- und Exporthub entwickelt - mit einem steigenden Exportanteil in die Staaten des Nahen Ostens, der Golfregion und Zentralasiens. 

2. Bankensystem und Staatsfinanzen 
Das Bankensystem gehört nach der schweren Krise im Jahr 2001 mittlerweile zu den profitabelsten Finanzbranchen in Europa. Die Eigenkapitalrendite des Sektors liegt aktuell mit 16 % an der Spitze aller OECD-Länder, bei einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von über 15 %. Auch scheinen die Staatsfinanzen unter Kontrolle zu sein - mit einem Haushaltsdefizit von 1,5 % des BIP im Jahr 2014 und einer Staatsverschuldung von 33 % des BIP im selben Jahr. 

3. Demografie und Binnenmarkt 
Mit einer Bevölkerung von rund 74 Mio. Menschen bietet die Türkei einen großen und dynamisch wachsenden Binnenmarkt. Mit einem Altersdurchschnitt von etwa 30 Jahren (Stand: 2013) zeichnet sich das Land durch eine relativ junge Bevölkerung aus. Im Gegensatz zum alternden Europa nimmt der Anteil der jungen Menschen an der Gesamtbevölkerung sogar noch zu. 

4. Strukturreformen 
Die türkische Politik hat die Herausforderungen eines allzu konsumgetriebenen Wachstums in den vergangenen Jahren erkannt und 2014 den "Medium-term Economic Plan" ins Leben gerufen, mit dem die Importabhängigkeit des Landes bis 2020 deutlich reduziert werden soll. Neben einer grundsätzlichen Reform der Staatsausgaben in Richtung der Förderung eines mittelfristig wertschöpfenden Investitionsklimas stehen arbeitsmarkt- und bildungspolitische Projekte auf der Agenda. Sie dürften nach den Parlamentswahlen im Sommer 2015 im Detail ausgearbeitet und umgesetzt werden. 

5. Energieversorgung 
Die traditionell hohe Abhängigkeit der Türkei von Energieimporten führt zu einer chronischen Schieflage in der Leistungsbilanz des Landes und damit zu einer entsprechend hohen Anfälligkeit der Wirtschaft für externe Schocks. Allerdings ist die Türkei aufgrund ihrer geostrategisch günstigen Lage geradezu prädestiniert, als eine Art Schnittstelle bei der zukünftigen Energieverteilung zu fungieren. Derzeit arbeitet die Türkei an mehreren Projekten, um die regionale Energieversorgung zu diversifizieren. Da ist zum einen die transanatolische Pipeline (TANAP), die bis 2020 16 Mrd. m3 Gas pro Jahr aus Aserbaidschan in die Türkei und nach Europa transportieren soll. Eine Schlüsselrolle spielt auch der Ausbau der politischen Beziehungen zur kurdischen Regionalregierung (KRG) im Nordirak. Dank der seit 2013 intensivierten Bemühungen vonseiten der Türkei konnte Anfang 2014 eine neue Pipeline zwischen dem Nordirak und der türkischen Grenze fertiggestellt werden. Auch wenn es aktuell immer noch Unstimmigkeiten bei der Zahlungsabwicklung zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der autonomen kurdischen Regionalverwaltung gibt, könnte bis 2020 ein Vielfaches der derzeitigen Energiemenge in die Türkei transportiert werden. Durch das Aus der South-Stream Pipeline im Zuge der Ukraine-Krise könnte die Türkei auch über eine Offshore-Pipeline mit Russland in den Fokus zukünftiger Planspiele für die Energieverteilung rücken.

Quelle: fondsweb

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