ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 11. August - 15. August 2014

Angst vor Trojanischem Pferd ...von Stephan Heibel
Ein Trojanisches Pferd? Oder wahrlich gute humanitäre Hilfe? Das fragen sich die meisten Anleger in diesen Tagen. Wagt Präsident Vladimir Putin es, Waffenlieferungen als Hilfsgüter getarnt in die Ukraine zu schaffen, oder nicht? Wer die Antwort auf diese Frage kennt, der kann die Zukunft der Börsenentwicklung vorhersagen.

Denn augenscheinlich sieht derzeit vieles nach einer Entspannung zwischen Russland und dem Westen aus. Präsident Obama hat sich bereits seit einigen Tagen nicht mehr zu Russland geäußert, und das ist aus Sicht der Finanzmärkte bereits positiv. Putin telefoniert Berichten zufolge mit Kanzlerin Merkel sowie auch mit EU-Kommissionspräsident Barroso, es wird also noch gesprochen. In einer Rede auf der Krim bezeichnet Putin die Lage im Osten der Ukraine als menschliche Tragödie und sichert humanitäre Hilfe zu.

Doch niemand weiß, ob Putin nur gute Mine zum bösen Spiel macht. In der Leserschaft des Heibel-Tickers gibt es überzeugte Vertreter mit guten Argumenten für beide Seiten: Putins Vorgehen sei typisch für die Intrigen des ehemaligen Geheimdienstchefs, sagen die einen. Putin habe keine andere Wahl als sich endlich gegen die wiederholte Ausgrenzung Russlands durch den Westen zu stellen, sagen die anderen.

Die Aktienbörsen weltweit befinden sich in meinen Augen nach wie vor in einer sehr bullischen Verfassung. Denn anders kann ich es mir nicht erklären, dass in dieser ungewissen Warteperiode bereits wieder Kursgewinne erzielt werden. DAX und Dow Jones sind in der abgelaufenen Woche über 2% angestiegen, der Nikkei sogar 3,7%. Ist es die lang ersehnte Gegenbewegung vor dem nächsten Abwärtsschub, oder haben wir das Schlimmste bereits überstanden?

Derweil ist die Reaktion Putins auf die westlichen Sanktionen ein wirtschaftlicher Segen für uns. Lebensmittelpreise werden fallen, der Konsument wird weniger für seine Lebenshaltung ausgeben und hat mehr Geld für andere Dinge zur Verfügung. Zudem landen beispielsweise 50% der Eier in Deutschland nicht auf dem Frühstückstisch, sondern in völlig anderen Produkten wie Shampoo oder Medikamenten. Der Preis für Schweinefleisch ist seit Anfang Juli um 30% eingebrochen.

Klar, die Schweinebauern erwirtschaften weniger Gewinn. Doch deren Probleme werden Deutschland nicht in eine Rezession reißen. Vielmehr werden die Auswirkungen dieser niedrigen Preise an vielen Stellen zu mehr Konsumfreude der Bürger führen. Es ist also zu einseitig betrachtet, wenn wir nur von den Exportausfällen nach Russland sprechen. Es gibt auch positive Effekte, die einen Teil der negativen Effekte ausgleichen.

Dennoch haben wir in der abgelaufenen Woche zwei verheerend schlechte Zahlen erhalten: Der Einkaufsmanagerindex in Deutschland ist eingebrochen, und das Konjunkturwachstum ist überraschend ins Minus gedreht (-0,2%). Nicht einmal Deutschland, die Konjunkturlokomotive Europas, wächst noch. Die erste Reaktion der Börse auf diese Meldung am gestrigen Morgen war ein Ausverkauf, der DAX startete im Minus. Doch schon bald setzte sich die Erkenntnis durch, dass EZB-Chef Mario Draghi dadurch nur ein weiteres Argument für seine beabsichtigten Anleiheaufkäufe erhalten hat. QE (Quantitative Easing, Liquditätsflutung) in Europa ist also in Sicht, der DAX drehte folglich ins Plus.

Liquiditätsflutung durch die EZB? Das heißt dann wohl: Anhaltend deflationärer Druck, anhaltend niedriges Wirtschaftswachstum und weniger Reformdruck für die Club-Med Länder. Anleger stellen sich auf diese veränderten Rahmenbedingungen ein und verkaufen ihre konjunktursensiblen Positionen, stattdessen geht man in Sichere Häfen wie Bundesanleihen, US-Staatsanleihen und ausgewählte Aktien. In Kapitel 04 habe ich ausgearbeitet, welche Aktien in dieser Situation von Anlegern bevorzugt werden.

Schauen wir uns einmal die wöchentliche Entwicklung der wichtigsten Indizes an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 14.08.2014 Änderung Vorwoche
Dow Jones 16.714 2,1 %
DAX 9.225 2,1 %
Nikkei 15.318 3,7 %
Euro/US-Dollar 1,34 0,0 %
Euro/Yen 137,27 0,9 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,40 % -0,02 %
Umlaufrendite Dtl. 0,85 % -0,08 %
Feinunze Gold 1.314 $ -0,3 %
Fass Brent Öl 102,18 $ -4,5 %
Kupfer 6.853 $ -1,6 %
Baltic Dry Shipping 942 23,1 %

 Die Umlaufrendite ist auf 0,85% gesunken. Die Rendite für 10-Jahre laufende Bundesanleihen ist unter 1% gerutscht, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik! Da mag sicherlich die Meldung eine Rolle spielen, dass wir erstmals seit 1950 wieder Staatsschulden zurückführen. Sicher aber auch die Angst vor den geopolitischen Turbulenzen, die uns in diesen Tagen beschäftigen.

Doch Sie dürfen eins nicht verwechseln: Bundesanleihen sind nicht besonders beliebt bei Anlegern, es gibt jedoch kaum eine Alternative. Wo soll das viele Geld hin, das nicht mehr im Aktienmarkt angelegt werden kann, da eine Eskalation mit Russland Europas Wirtschaft in die Knie zwingen würde. Ein Großteil strömt in das Land mit der besten Arme, die USA, um dort das Zinsniveau ebenfalls auf ein Rekordniveau zu drücken. Entsprechend steigt der US-Dollar gegenüber dem Euro weiter an.

Das Gold kommt mir in dieser Situation wie eine vergessene Anlagealternative vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Goldpreis noch lange auf diesem Niveau verharren wird, wenn die geopolitischen Spannungen auf diesem Niveau anhalten.

Größter Gewinner dieser Woche ist der Verschiffungsindex Baltic Dry, der maßgeblich durch die kurzfristigen Lieferbedürfnisse Chinas bewegt wird. Der Sprung um 23% ist sicher bemerkenswert. Warten wir mal die nächste Woche ab, ob es sich hier um einen Ausreißer dieses hochvolatilen Indexes handelt, oder ob China wieder aktiver wird.

Und dann ist da noch der Ölpreis, der um 4,5% gefallen ist. "Drill, Baby, drill!", rufen die Amerikaner und importieren immer weniger davon, sie haben durch moderne Bohrtechnologien neue gigantische Öl- und Gasvorkommen erschlossen und fördern diese derzeit ausschließlich für den eigenen Bedarf. Entsprechend ist der US-Ölpreis (Western Texas Intermediate - WTI) bereits bei 94 USD/Fass angelangt.

Da helfen auch keine geopolitischen Spannungen mehr, den Ölpreis über 100 USD/Fass zu halten: Die Weltwirtschaft droht einzuknicken, weltweit wurde in den vergangenen Jahren kräftig in den Ausbau der Förderkapazitäten investiert, und heute strömt mehr Öl denn je an die Oberfläche. Der niedrige Ölpreis belastet zwar die Ölindustrie (BP, Statoil, Shell, ...), bedeutet aber für viele Industrien eine Vergünstigung der Produktionskosten. Somit dürfte auch der fallende Ölpreis die schwache Konjunktur ein wenig auffangen.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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