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Wochenrückblick 11. Juni - 15. Juni 2018

Draghi begeistert die Märkte ...von Stephan Heibel
TRUMP KRIEGT SEINEN WILLEN UND LÄSST ÜBERNAHME ZU

"Pech gehabt, Donald Trump! AT&T kauft Time Warner", titeld die ARD Börse. "Schlappe für US-Regierung - AT&T schließt Milliarden-Übernahme von Time Warner ab" behauptet Spiegel Online und "AT&T schluckt Time Warner - Trump-Regierung gibt klein bei" ist bei Focus Money zu lesen. In den USA klingen die Schlagzeilen nicht anders.

Ich rege mich hier im Heibel-Ticker bisweilen über die grenzenlose Inkompetenz der Massenmedien auf. Heute kann ich das sogar beweisen: Schauen Sie sich mal den Heibel-Ticker vom 20.4. an (http://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1479 -> Kapitel 02).

Ich habe vor zwei Monaten behauptet, dass Donald Trump AT&T gezwungen hat, die chinesische Huawei nicht auf den US-Markt zu holen. AT&T hat die recht weit fortgeschrittenen Verhandlungen im Januar abgebrochen - en Geschenk an Donald Trump. Nun bedankt sich Trump und lässt die ohnehin sinnvolle Übernahme von Time Warner durch AT&T zu.

Heute tun die Massenmedien zum einen so, als sei diese Entscheidung völlig überraschend und zum anderen, als liefe sie gegen den Willen von Trump. Beides ist falsch.

Die Übernahme ist erforderlich, wie der zuständige Richter begründet, weil die FANGs (Facebook, Amazon, Netflix und Google/ Alphabet) im Media-Markt eine Dominanz erreicht haben, denen die Offline-Anbieter nichts mehr entgegenzusetzen haben. Nur intelligente Allianzen werden es den etablierten Unternehmen ermöglichen, den internet-Quasi-Monopolen Paroli zu bieten.

Kein Wunder, dass umgehend Comcast ein Übernahmeangebot für Fox vorgelegt hat. Disney ist bereits an Fox dran. Während bislang Übernahmeschlachten dadurch entschieden wurden, dass man der Kartellbehörde weitreichende Zugeständnisse machen musste, gibt es nunmehr bei der Übernahme von Fox keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken mehr. Der Verweis auf die FANGs reicht, um die Notwendigkeit dieser Übernahme zu begründen.

HANDELSSTREIT

Ich habe mal bei unserer Zollbehörde nachgefragt, wie sich denn die aktuellen Anti-Dumpingzölle der EU auf chinesischen Stahl darstellen. Dazu habe ich eine Tonne von Dokumenten erhalten, die ich nun durchforstet habe. Resultat: Die EU, und damit auch Deutschland, erheben schon seit 2005 Anti-Dumpingzölle auf chinesischen Stahl in Höhe von bspw. 27,4% auf nicht rostenden Stahl. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Ich habe mir auch die Statistiken angeschaut. Im Jahr 2017 hat die EU im Handel mit Gütern mit den USA ein Plus von 119 Mrd. Euro erzielt. Dieser Handelsüberschuss nervt Donald Trump. Dem halten Trump-Gegner entgegen, dass die USA doch im Handel mit Dienstleistungen gigantische Überschüsse erzielen würden, die dem Güterhandel entgegengestellt werden müssten. Hmm, die Statistik weist aber für den Dienstleistungshandel eine ausgeglichene Bilanz zwischen den USA und der EU aus: http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/united-states/.

Einzige Einschränkung, die ich hier machen muss: Was ist mit den Gewinnen, die von den US-Dienstleistungsunternehmen in Europa erzielt, aber nicht in die USA transferiert werden? Sind das die Milliarden, auf die sich die Kritiker beziehen? Wir werden das Anfang nächsten Jahres erfahren, denn Dank der US-Unternehmenssteuerreform können diese Gewinne nun steuergünstig in die USA geholt werden.

Ein weiteres Beispiel für die Qualität der Recherchefähigkeiten unserer Massenmedien?

Es gibt auch ziemlich detaillierte Listen über den Handel einzelner Produktgruppen zwischen den USA und der EU (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2006/september/tradoc_113465.pdf). Im Jahr 2017 haben die USA Waren im Wert von 256 Mrd. Euro an die EU verkauft, den umgekehrten Weg fanden Waren im Wert von 375 Mrd. Euro. Differenz: 119 Mrd. Euro, die hatten wir oben ja schon genannt.

Die größte Einzelposition bei den Differenzen zeigt eine Zeile mit dem Titel "Automotive products": Autos und Autoteile im Wert von 9,7 Mrd. Euro werden von den USA in die EU geschickt, auf dem umgekehrten Weg sind es 47,4 Mrd. Euro. Die Differenz: 37,7 Mrd. Euro Handelsbilanzüberschuss der EU allein im Autosegment.

Unsere Qualitätsmedien behaupten immer wieder, deutsche Autos, die in den USA verkauft werden, würden zu einem großen Teil in den USA selbst produziert. In den USA würde sogar so viel produziert, dass viele in den USA gebauten Autos exportiert werden. Nun, in den Zahlen zwischen den USA und der EU kann ich diese Behauptung nicht belegen. Mag sein, dass BMWs aus den USA nach Mexiko und Südamerika exportiert werden. Doch um das zu beenden, hat BMW gerade eine riesige Fertigung in Mexiko selbst hochgezogen ... obwohl Trump BMW explizit aufgefordert hat, den Bau zu stoppen.

Ein Cadillac, für den General Motors 50.000 USD haben möchte, wird für die Einfuhr in Deutschland mit 10% Einfuhrzoll belegt und muss anschließend noch mit 19% Märchensteuer zurecht kommen. Im Laden steht der Wagen also für 65.450 Euro.

Ein 7er, für den BMW 50.000 Euro haben möchte, wird mit 2,5% Importsteuer belegt. Zusätzlich beträgt die Märchensteuer - je nach Bundesstaat - in New York bspw. 4%, in Kalifornien 7,25%. Je nach Stadt in Kalifornien kann noch eine lokale Umsatzsteuer erhoben werden. Der höchste Gesamtsatz herrscht derzeit in Long Beach mit 10,25%. In Long Beach steht der 7er also für 55.504 Euro im Schaufenster.

Okay, aus Wettbewerbssicht spielt die Märchensteuer keine Rolle. Aber wer Trump kennt, der weiß, dass ihn auch stört, wie viel Steuern in Europa für US-Autos eingesammelt werden, ohne dass davon ein in seinen Augen angemessener Anteil in die Verteidigung fließt.

Ich bleibe also bei meiner Einschätzung: Die Methoden von Donald Trump sind widerwärtig, undiplomatisch und häufig menschenunwürdig - nicht ohne Grund hat sein Wirtschaftsberater Larry Kudlow diese Woche wenige Monate nach Amtsantritt einen Herzinfarkt erlitten. Seine Ziele jedoch entbehren nicht einer gewissen Logik.

SUPERMARIO VERSPRICHT WEITER NIEDRIGE ZINSEN, FED BESCHLEUNIGT

So, nun kommen wir endlich zu den Zinsentscheidungen dieser Woche. Einmal mehr ist Supermario seinem Ruf gerecht geworden. Er hat die Straffung der Geldpolitik hinausgezögert und Zinsanhebungen für die Zukunft angekündigt, aber gleichzeitig wieder für unwahrscheinlich erklärt.

Das Ende der Liquiditätsflutung wurde ja bereits vor einem Jahr eingeläutet, die Aktienmärkte haben empfindlich darauf reagiert. Der Ankauf von Anleihen im Wert von monatlich 80 Mrd. Euro (LTRO) ist inzwischen auf 30 Mrd. Euro zurückgefahren und hätte frühestens Ende September auslaufen können. Die Konjunktur brummt, es gibt genügend Gründe, LTRO Ende September auslaufen zu lassen, doch Mario Draghi verkündete gestern nur eine Reduktion auf 15 Mrd. Euro pro Monat für weitere drei Monate. Aber dann ist Schluss.

Getreu dem Verständnis der EZB bedeutet diese Entscheidung, dass eine erste Zinserhöhung nicht vor dem Sommer 2019 zu erwarten ist, denn nach dem Auslaufen von LTRO sollte zunächst eine Zeitlang abgewartet werden, bis der erste Zinsschritt folgt. Diesen Zeithorizont hat Draghi gestern auch so bestätigt. Bislang waren einige Volkswirte von einer ersten Zinserhöhung bereits im März 2019 ausgegangen, nun bleiben uns die Niedrigzinsen ein wenig länger erhalten.

Der eigentliche Hammer kam dann in Form des Konjunkturausblicks der EZB. Die derzeit guten Konjunkturindikatoren werden als temporär bezeichnet, die Inflation, die im vergangenen Monat von 1,2% auf 1,9% angesprungen ist, wird auf höhere Energie-, Dienstleistungs- und Nahrungsmittelpreise zurückgeführt. Der Energiepreis sei stark angesprungen und werde im kommenden Jahr eher eine bremsende Wirkung entfalten, so das Statement zur Zinsentscheidung. Sprich: Wir haben zwar das Inflationsziel von "unter, aber nahe an 2%" erreicht, aber das sei nur ein Sondereffekt. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber mir ist es egal, aus welchem Grund ich wieder mehr Geld an der Tankstelle lasse.

Für das laufende Jahr hat die EZB ihre Wachstumsprognose reduziert.

Mit diesen Handgriffen hat EZB-Chef Mario Draghi die für den Sommer 2019 in Aussicht gestellte erste Zinserhöhung schon wieder in Frage gestellt, denn bis dahin werde die Inflation wieder zurückgehen und auch die Konjunktur entwickele sich schwächer als bislang erwartet.

Fazit: Das Zinsniveau in Europa bleibt bis auf weiteres niedrig.

Einen Tag zuvor hat US-Notenbankchef Jay Powell den Zinsentscheid der Fed bekanntgegeben: Der US-Leitzins wurde um 0,25% auf 1,75-2,00% erhöht. Zudem sei die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordtief und das Wirtschaftswachstum gewinne an Dynamik, daher werde man voraussichtlich im laufenden Jahr noch zwei weitere Zinsanhebungen vornehmen.

Damit schlägt die Fed den entgegengesetzten Weg zur EZB ein. Während die EZB eine Normalisierung des Zinsniveaus hinaus zögert, beschleunigt die Fed ihren Zinserhöhungspfad. Bislang war man nämlich überwiegend von nur drei Zinsschritten im laufenden Jahr ausgegangen. Auch für das Jahr 2019 legte Powell die Messlatte ein wenig höher, auch dort werde es gegebenenfalls vier Zinsschritte geben, erwartet wurden bislang auch nur drei.

So erhöht sich das Zinsniveau in den USA während sich das Zinsniveau in der EU, insbesondere in Deutschland, reduziert hat. Vorgestern hat der Bund eine 10 Jahre laufende Bundesanleihe ausgegeben. Die Verzinsung beträgt 0,48%, noch vor einem Monat stand der Zins bei 0,62%.

Der US-Dollar wird attraktiver und Kapital strömt in die USA. Die Konjunktursorgen Mario Draghis zogen für den Euro das Gegenteil nach sich, Kapital wurde aus Europa abgezogen. So fiel der Wechselkurs binnen eines Tages von 1,183 auf 1,155 USD/EUR, der größte Tagesverlust seit seit dem Brexit (-2,4%).

Niedrige Zinsen sind gut für die Finanzierung von Investitionen und ein niedriger Wechselkurs ist gut für die deutsche Exportwirtschaft. Kein Wunder also, dass der DAX einen Freudensprung von 12.880 auf 13.164 Punkte machte, +2,2%.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

 
INDIZES 14.6.18 Woche Δ Σ '18 Δ
Dow Jones 25.201  -0,1% 1,5%
DAX 13.107  2,3% 1,5%
Nikkei 22.739  -0,4% -0,1%
Shanghai A  3.188  -2,1% -7,9%
Euro/US-Dollar 1,16 -1,5% -3,0%
Euro/Yen 128,51 -0,9% -4,8%
10-Jahres-US-Anleihe 2,95% 0,02 0,53
Umlaufrendite Dt 0,32% 0,00 0,04
Feinunze Gold $1.304  0,5% 0,1%
Fass Brent Öl $76,05  -1,2% 14,2%
Kupfer 7.201  0,8% 0,6%
Baltic Dry Shipping 1.433  2,7% 4,9%
Bitcoin 6.617  -13,7% -52,4%



Im Wochenvergleich ist der Euro um 1,5% gefallen und der DAX im Umkehrschluss um 2,3% angesprungen. Der positive Ausgang des Treffens zwischen Trump und Kim Jong-un hat sich nicht auf die Aktienmärkte übertragen, stattdessen fürchtet man den beschleunigten Zinsanhebungspfad der US-Notenbank. Alle anderen Aktienmärkte außerhalb Europas haben die Woche Verluste erlitten.

Das Zinsniveau in den USA steigt langsam weiter an, während die Entscheidung von Draghi die Umlaufrendite nochmals hat sinken lassen.

Der Ölpreis ist weiterhin leicht rückläufig.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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