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Wochenrückblick 12. August - 16. August 2013

Ausufernde Erwartungen ...von Stephan Heibel
In der abgelaufenen Woche ist bereits das ein­getreten, was ich am vergangenen Freitag in Aussicht gestellt hatte: Die Erwartungen für Unternehmen in den USA sind ausgeufert. Die jüngsten Zahlen konnten Anleger nicht mehr positiv überraschen, im Gegenteil. Die Folge war eine schwache Börsenwoche in den USA (Dow Jones -2,5%). In Deutschland hingegen bleibt die Stimmung gut (DAX +0,7%), Europa hat ihre längste Rezession überwunden und beginnt nun langsam zu wachsen.

Cisco hat gestern Zahlen vorgelegt, die im Rahmen der Erwartungen ausfielen. Dennoch ist die Aktie um 7% ausverkauft worden. CEO John Chambers, der stets wie kein anderer einen ausführlichen Überblick über seine Bran­che sowie über seine Einschätzung der Welt­konjunktur gibt, kündigte den Abbau von 4.000 Arbeitsplätzen an, 10% der Belegschaft.

Dabei kann sich Cisco nicht beschweren: Das Umsatzwachstum von 6% auf 12,4 Mrd. USD lag am oberen Ende der eigenen Prognose. Das Gewinnwachstum von 11% auf 0,52 USD je Aktie übertraf die Erwartungen um einen Cent. Insbesondere das Geschäft in den USA verlief gut mit 32% Umsatzwachstum im Bereich der Mobilfunkprodukte und 40%Wachstum bei Rechenzentren. Mobilfunk und Big Data sind also auch bei Cisco zwei starke Zugpferde.

Auf der anderen Seite war das Geschäft in China schwach. Dort hat Cisco aber zusätzlich zur schwachen chinesischen Konjunktur auch hausgemachte, eigene Probleme.

Das Europageschäft hat sich mit einem Umsatzwachstum von 6% stabilisiert, Cham­bers sprach von einer ermutigenden Entwick­lung. Das ist um so bemerkenswerter, da Chambers in den vergangenen Quartalen Europa stets als besonders schwach in den Vordergrund gestellt hatte. Also auch Cisco merkt, dass Europas Konjunktur einen Boden gebildet hat.

4.000 Stellen werden gestrichen. Eigentlich, so Chambers, würde man so etwas über zwei Jahre verteilt über die normale Fluktuation bewerkstelligen. Doch der Markt der Netz­werktechnologie sei so schnelllebig gewor­den, dass Cisco sich frühzeitig zu diesem radi­kalen Schritt gezwungen sieht, um wettbe­werbsfähig zu bleiben.

Cisco wächst seit jeher durch Akquisitionen, also Übernahmen. Kleine Unternehmen mit innovativen Produkten werden gekauft und bei Cisco integriert. Kein anderes Unternehmen hat die Integration von übernommenen Unter­nehmen so professionalisiert wie Cisco.

So gibt es ständig neue Strukturen und für die Mitarbeiter ständig neue Möglichkeiten. Natür­lich fallen bei einem übernommenen Unter­nehmen, das in die Cisco-Strukturen integriert wird, letztlich einige Stellen weg. Die Ankündi­gung, dass 4.000 Stellen abgebaut werden, ist inhaltlich also nicht überraschend. Überra­schend ist einzig und allein die Geschwindig­keit, mit der Cisco das umsetzen möchte. Bin­nen zwei Quartalen sollen die Mitarbeiter nach Hause geschickt werden.

Ich denke, Anleger haben diese Entscheidung falsch aufgefasst. Chambers hat das Umsatz-und Ergebnisziel für das laufende Jahr bestä­tigt. Cisco wächst schneller als seine Wettbe­werber und gewinnt Marktanteile. Mit einem KGV von 12 und einer Dividendenrendite von 2,6% ist Cisco nun ähnlich bewertet wie Micro­soft, Dell oder Intel (Intel hat immerhin 4% Divi­dendenrendite). Doch Cisco wächst schnel­ler als die Kollegen der sterbenden PC-Bran­che, und Cisco ist Marktführer in einigen Wachstumsbereichen wie beispielsweise Mobilfunk und Big Data. Ich gehe davon aus, dass Cisco in wenigen Wochen wieder auf das ursprüngliche Kursniveau von vor diesen Quar­talszahlen zurückklettert.

Schauen wir uns mal die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 15.08.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 15.112 -2,5 %
DAX 8.376 0,7 %
Nikkei 13.729 0,8 %
Euro/US-Dollar 1,33 -0,3 %
Euro/Yen 130,30 0,7 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,76 % 0,17 %
Umlaufrendite Dtl. 1,46 % 0,08 %
Feinunze Gold 1.366 $ 4,3 %
Fass Brent Öl 111,09 $ 3,9 %
Kupfer 7.354 $ 2,7 %
Baltic Dry Shipping 1.091 7,8 %

"Tapering" heißt das neue Angstwort in den USA - übersetzt: "Reduktion". Die Reduktion der Liquiditätsschwemme wurde von Fed Chef Ben Bernanke angekündigt, aber noch nicht mit einem Zeitplan versehen. Da Bernanke im nächsten Frühjahr abtreten wird, drängen sich jede Menge Nachfolgekandidaten mit mehr oder weniger qualifizierten Aussagen in den Vordergrund. Wenn einer dabei ist, der eher für ein früheres "Tapering" votiert, dann geht die US-Börse umgehend auf Tauchstation. So kommt das Wochenminus von 2,5% im Dow Jones zustande.

Ganz anders sieht es in Japan aus. Dort wur­den unter dem neuen Premierminister Abe neue Liquiditätsmaßnahmen im Akkord ver­kündet. "Abenomics" nennt man die Konjunk­turpolitik des lockeren Geldes inzwischen schon. Und nach einer Rallye von über 50% im Nikkei seit dem Jahreswechsel sind die bishe­rigen Abenomics-Liquiditätsspritzen einge­preist. Man lechzt nach mehr! Doch die Bank of Japan kommt diesem Wunsch nicht nach, das derzeitige Niveau der Liquiditätsschwemme wird gehalten. Auch die angekündigten Kon­junkturprogramme bleiben vorerst im ange­kündigten Umfang bestehen, Abe denkt der­zeit nicht an eine Ausweitung.

Doch die Erwartungen der Anleger sind ver­gleichbar mit dem Sabber eines pawlowschen Hundes: Mehr und immer mehr! Irgendwann muss also die Erwartung gestutzt werden. Und dann korrigiert der Nikkei natürlich entspre­chend. So geschehen im Mai, als der Nikkei von 15.000 auf 12.500 Punkte zurückfiel. Und seit Juli pendelt er um die 14.000 Punkte.

Am vergangenen Wochenende wurde das Wirt­schaftswachstum des abgelaufenen Quartals in Japan bekanntgegeben. Mit 2,6% wuchs Japan doppelt so schnell wie durchschnittlich in den vergangenen 10 Jahren, es ist das dritte Wachstumsquartal in Folge. Doch das reichte den Anlegern nicht, die Erwartungen waren noch höher.

Das Wachstum wird durch den privaten Kon­sum (+3,1%) sowie den Export (+12,5%) getra­gen. Die Deflationsrate geht zurück, doch Aus­landsinvestitionen verbleiben auf niedrigem Niveau. Hier spekulieren Marktbeobachter über die Einführung eines besonderen Anreizes durch Abe, indem er die Unternehmenssteuer von 38% auf 35% senkt.

Ein Damoklesschwert kreist über Japan: Die Märchensteuer soll von derzeit 5% auf 8% im April 2014 und 10% im Oktober 2015 anstei­gen. Nach der letzten Mehrwertsteuererhöhung in Japan 1997 folgte eine Rezession, die staat­lichen Einnahmen brachen ein, und die Ver­schuldung sprang an. Abe braucht mehr Ein­nahmen für seine Abenomics, daher die Steu­ererhöhung. Anleger fürchten nun, dass die Konjunktur diese Steuererhöhung nicht ver­kraften werde.

Vor dem Hintergrund dieser Ungewissheit sind die 0,8% Kursgewinn des Nikkeis in dieser Woche positiv. Die Ängste sind offensichtlich eingepreist. Ich denke, die Abenomics werden der japanischen Wirtschaft weiter auf die Beine helfen. Bevor negative Effekte einer Steuerer­höhung sichtbar werden, dürfte die Konjunktur Japans noch kräftig zulegen und der Nikkei ebenso. Ich werde in den kommenden Wochen eine geeignete japanische Aktie aus dem Nik­kei für unser Portfolio heraussuchen.

Der Goldpreis ist diese Woche angesprungen (+4,3%). Ist die Korrekturphase nun endlich vorbei oder müssen wir uns auf einen weiteren Tiefschlag vorbereiten?

Grundsätzlich kann ich mir einen weiteren Goldpreisanstieg derzeit gut vorstellen. Gold hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wesentlichen Bestandteil in vielen diversifi­zierten Portfolios entwickelt. Da nun die Akti­enbörsen kräftig angestiegen sind und der Goldpreis fiel, ist der Anteil des Goldes in vie­len Portfolios derzeit niedriger als vor einem Jahr. Und weil professionelle Anleger mit festen Depotanteilen arbeiten, könnte ich mir gut vorstellen, dass die hohen Aktienkurse der­zeit genutzt werden, um Teilgewinne einzu­stecken und den Goldanteil hochzufahren.

Grundsätzlich riecht es nach den schwachen Tagen an den US-Börsen inzwischen auch hierzulande nach einer Korrektur.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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