GameStop war im Zentrum dieser Bewegung: GameStop verkauft Videospiele über Geschäfte in Einkaufszentren, doch Spiele werden seit Jahren nur noch direkt aus dem Internet heruntergeladen. GameStop ist mit seinem heutigen Geschäftsmodell dem Untergang geweiht und die Aktie war beliebt bei Leerverkäufern, die auf fallende Kurse setzten.
Die Massenbewegung erwischte die Leerverkäufer auf dem falschen Fuß, steigende Kurse führten zur Notwendigkeit, die Leerpositionen einzudecken, was zusätzliche Käufe nach sich zog und somit die Rallye weiter anheizte. Die Aktie von GameStop stieg von 4 USD auf zwischenzeitlich 120 USD.
Abbildung 1: GameStop stieg 2021 von 4 auf 120 US$, um anschließend wieder abzufallen
Sie werden sich erinnern, auch andere Aktien wie die des Kinobetreibers AMC bspw. gerieten in das Kielwasser dieser Massenbewegung. 2021 waren Kinos aufgrund von Corona weltweit geschlossen, AMC war dem Untergang geweiht ..., bis ein um ein Vielfaches nach oben katapultierter Aktienkurs dem Management die Möglichkeit einer attraktiven Kapitalerhöhung eröffnete. AMC sammelte viel frisches Kapital ein und konnte damit die Corona-Pandemie überstehen.
Anführer der damaligen Massenbewegung war The Roaring Kitty, "das brüllende Kätzchen". Nach der Meme-Stock-Rallye, die über die sozialen Medien befeuert wurde, verstummte Keith Gill, der hinter The Roaring Kitty steckt.
Am Montag setzte er plötzlich einen Tweet über X ab. Sein X-Konto war drei Jahre nicht genutzt worden. Nun veröffentlichte er plötzlich das Bild eines sich aufrichtenden Menschen in einem Kipp-Stuhl:
Abbildung 2: Roaring Kitty richtet sich auf
Ob Sie's glauben oder nicht, die Aktie von GameStop sprang am Montag um 90% an. Bis Dienstag früh vervierfachte sich der Aktienkurs. The Roaring Kitty twitterte alle paar Minuten ein neues Kurzvideo mit "epischen" Inhalten.
Auch die Aktie von AMC vervierfachte sich. Im Rahmen einer bestehenden HV-Ermächtigung gab AMC neue Aktien im Wert von 350 Mio. USD aus und verkaufte sie über den Markt. Das überschuldete Unternehmen kann damit ein Zehntel seiner ausstehenden Kredite zurückzahlen.
Nun, es endet, wie es auch vor drei Jahren geendet hat - nur schneller: Die Aktien befinden sich auf dem Rückzug in Richtung ursprünglicher Kursniveaus.
Ist das nicht eine sichere Möglichkeit, jetzt durch Leerverkäufe Geld zu verdienen? Nein, denn die Kursbewegungen sind unberechenbar. Ein passender Tweet von der brüllenden Katze und die Kurse springen wieder an. Wer dann Leerpositionen hat, muss Sicherheiten nachschießen und je nach Höhe des Kurssprungs kann das den einen oder anderen schnell überfordern, so dass liquidiert, die Leerposition also zu höheren Kursen zurückgekauft werden muss.
Zinsdiskussion und Politikverdrossenheit verschleiern gute Unternehmensentwicklung
Die Inflation in Europa ging auf 2,2% zurück, in den USA verharrt sie bei 3,4%. Das Ziel von "nahe bei, aber nicht über 2%" ist in Europa in greifbarer Nähe, daher rechnen nun viele Marktbeobachter mit einer ersten Zinssenkung auf der nächsten Sitzung am 6. Juni. In den USA ist man noch nicht soweit, dort rechnet man aktuell bis Ende des Jahres mit einer, maximal zwei Zinssenkungen.
Politisch geht's rund: Der russische Präsident Putin besucht den chinesischen Premierminister Xi und es kommen Berichte auf, dass dort über die Möglichkeit von Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg diskutiert wurde. Bezüglich des Nahost-Konflikts werden die Schlagzeilen über das Vorgehen Israels im Gaza-Streifen weniger, stattdessen erhitzen Pro-Palästina-Demos die Gemüter.
Wirtschaftlich ist der Schulterschluss zwischen den US-Amerikanern und Deutschland nicht so fest. Die Sanktionen gegen Russland wurden noch mitgemacht. Doch bei China gehen die beiden Länder getrennte Wege. In den USA wurden chinesische Autos nun mit einem Importzoll von 100% belegt. Auch Frankreich schwebt etwas ähnliches für den Import chinesischer Autos nach Europa vor, doch Deutschland bremst. Während Renault kaum nach China liefert, befindet sich für Mercedes, BMW und VW der Hauptabsatzmarkt im Reich der Mitte.
In den USA dürften Ford und General Motors durch den neuen Importzoll einen Nachfrageschub erfahren, denn für Chinesen ist es nun quasi nicht mehr wirtschaftlich, den US-Markt zu beliefern.
Neben Autos, Autoteilen, Kupferdrähten, Stahlrohren und elektronischen Komponenten wurden auch zusätzliche Zölle auf Kleidung und Möbel erhoben. Viele von Ihnen werden sicherlich schon die Angebote der chinesischen Einzelhändler Temu oder Shein gesehen haben. Dort gibt es qualitativ minderwertige Produkte zu sensationell günstigen Preisen. Dem möchte man in den USA einen Riegel vorschieben. Die EU ist nun unter Zugzwang.
Grundsätzlich bin ich stets ein Verfechter offener Märkte, denn der Freihandel bringt für beide Partner stets Verbesserungen mit sich..., wenn es sich um Freihandel handelt. Doch China spielt nicht fair. Während chinesische Autos aktuell in Europa mit 10% Importzoll belegt werden, erhebt China 25% auf europäische Autos. Ähnlich asymmetrisch sieht es bei vielen anderen Produktkategorien aus. Seit Jahrzehnten wird China aufgefordert, diese Asymmetrien abzuschaffen, doch trotz vieler Zusagen und sporadischer Minimalanpassungen ist nicht viel geschehen.
Insofern können wir uns darauf einstellen, dass Produkte in der EU künftig teurer werden, dafür jedoch die eigene Wirtschaft wieder etwas besser laufen könnte, sofern entsprechende Zölle auch in Europa verabschiedet werden.
In den USA kletterte der Dow Jones diese Woche erstmals über die Marke von 40.000 Punkten. Der DAX erreichte Mitte der Woche ebenfalls ein Allzeithoch über 18.900 Punkten, inzwischen wird bereits die 20.000er-Marke diskutiert. Die Rallye findet breit über viele Sektoren statt, nicht mehr nur die Mega-Techs ziehen die Aktienindizes nach oben, sondern die gesamte Breite der Wirtschaft:
Im DAX führen die Commerzbank (+10%), Vonovia (+8%) und Merck (+8%) die Wochengewinner an, Schlusslichter sind Siemens (-8%) und Brenntag (-10%) nach schlechten Zahlen. Im Dow Jones sind 3M (+7%), Intel (+7%) und Walmart (+6%) an der Spitze sowie Walt Disney, Chevron und Amazon mit je -2% am unteren Ende. Aktien werden nicht mehr nach politischen oder volkswirtschaftlichen Kriterien beurteilt, sondern nach unternehmensinternen Entwicklungen. Ich halte das für sehr gesund.
Schauen wir mal auf die Wochenveränderung der wichtigsten Indizes:
Wochenperformance der wichtigsten Indizes
INDIZES | 17.5., 19:26 Uhr | Woche Δ | Σ '24 Δ |
DAX | 18.704 | -0,4% | 11,7% |
S&P 500 | 5.298 | 1,6% | 11,3% |
Nikkei | 38.787 | 1,5% | 15,9% |
Shanghai A | 3.678 | 0,3% | 17,9% |
Euro/US-Dollar | 1,09 | 0,9% | -1,6% |
Euro/Yen | 169,23 | 0,8% | 8,6% |
10-Jahres-US-Anleihe | 4,42% | -0,08 | 0,56 |
Umlaufrendite Dt | 2,54% | 0,02 | 0,51 |
Feinunze Gold | $2.412 | 1,8% | 16,9% |
Fass Brent Öl | $83,64 | 0,9% | 8,3% |
Kupfer | $10.424 | 5,2% | 21,3% |
Baltic Dry Shipping | $1.817 | -16,1% | -18,1% |
Bitcoin | $66.893 | 10,9% | 58,8% |
Die US-Importzölle haben dem US-Aktienmarkt gut getan, der Dow Jones konnte mit +1,5% deutlich zulegen, während der DAX nach dem Spurt der Vorwoche mit -0,4% eine Verschnaufpause einlegte.
Der Kupferpreis befindet sich in einem Short Squeeze, also etwas ähnlichem wie das, was die Wallstreet Bets mit den GameStop-Leerverkäufern machen: Spekulanten waren Leerpositionen auf Kupfer eingegangen, da der Zinsanhebungszyklus nach Meinung vieler Marktbeobachtung in eine Rezession münden müsse. Doch die bleibt nun aus und der Kupferpreis, auch genannt Dr. Copper, weil er ein gutes Bild der Verfassung der Konjunktur abgibt, steigt wider Erwarten weiter an. Inzwischen beschleunigt sich der Anstieg auf ein Preisniveau, das nicht wirtschaftlich, sondern aufgrund der Fehlspekulation der Shortseller begründet werden muss.
Abbildung 3: Kupferpreisentwicklung beschleunigt sich wegen Fehlspekulation
Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.
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