ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 13. Oktober - 17. Oktober 2014

Panik wird von Gegenbewegung gefolgt ...von Stephan Heibel
Na, das hat doch schon ein wenig wie Panik ausgesehen diese Woche. Insbesondere Mittwoch bis Donnerstag Vormittag war deutlich zu spüren, dass eine ganze Reihe von Anlegern kapitulierten und ihre Aktienpakete unlimitiert auf den Markt warfen. War's das also?

Ich fürchte nein. Wir haben so lange keine Korrektur mehr gehabt, dass es diesmal ein wenig länger dauern wird, bis wir alle schwachen Hände aus den Aktien vertrieben und somit die Basis für Kursanstiege gelegt haben. Für diejenigen unter Ihnen, die den Heibel-Ticker schon länger lesen, wird es nichts Neues sein: Ich habe eine Checkliste erstellt. Die genannten Punkte müssen alle abgearbeitet sein, bevor die Korrektur enden kann und der DAX wieder nachhaltig gen Norden strebt.

1. EBOLA MUSS UNTER KONTROLLE SEIN

Die Ebola-Fälle in Deutschland sind in meinen Augen professionell behandelt worden, es gibt hier keine Berichte über unzulängliche Sicherheitsvorkehrungen oder zeitweilige Ansteckungsgefahren.

In den USA sieht das anders aus. Der erste Ebola-Kranke in Dallas hat wohl bereits zwei Krankenschwestern angesteckt. Eine Krankenschwesterorganisation beklagt unzureichende Ausrüstungen für den Umgang mit Ebola-Patienten. Schlimmer noch, einer der Krankenschwestern wurde explizit erlaubt, in ein Flugzeug zu steigen, obwohl sie bereits Fieber hatte.

Das sind die Ereignisse, die Panik bei der Bevölkerung hervorrufen. Die Gefahr ist bekannt und die Bevölkerung verlässt sich auf eine konsequente Umsetzung aller erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, um eine unkontrollierte Verbreitung des tödlichen Virus auszuschließen. Doch seitens der Krankenhäuser wurde bemängelt, dass es keine einheitlichen Verfahrensvorschriften gebe.

Obama hat nun Besserung gelobt und ernannte heute einen Sonderbeauftragten für das Ebola-Virus, der entsprechende Vorschriften erlassen und deren Umsetzung überwachen wird. Wird das reichen?

Man muss wohl 21 Tage warten, um auszuschließen, dass kein weiterer US-Amerikaner von den bisherigen Ebola-Opfern infiziert wurde. So lange kann es nämlich maximal bis zum Ausbruch dauern. Egal was nun beschlossen wird, an den Börsen wird man noch mindestens zwei Wochen Vorsicht walten lassen, bevor man bezüglich der Ebola-Gefahr vorsichtige Entwarnung für die USA geben wird.

2. ALLE AKTIEN MÜSSEN KORRIGIEREN

Haben sich in den vergangenen Wochen noch einige Aktien überraschend gut gehalten, so müssen auch diese unter die Räder geraten, bevor wir die Korrektur als vollständig betrachten können. Sämtliche Aktien müssen von der Panik erfasst werden.

Es liegt in der Natur der heutigen Finanzmärkte, dass ein Großteil des Handels über ETFs und Index-Zertifikate erfolgt. Diese beklagen in Zeiten schwacher Börsenperformance Liquiditätsabflüsse - die Kunden ziehen Ihr Geld ab. Um Ihre Kunden auszahlen zu können, müssen die Fondsmanager Aktien verkaufen, ohne die Struktur ihres Produktes zu verändern. Es werden also sowohl die schlechten als auch die guten Aktien verkauft werden. Erst wenn dieser Prozess beendet ist und alle Anleger mit schwachen Nerven Ihr Geld abgezogen haben, ist die Korrektur beendet.

Mit dem Ausverkauf von Netflix am gestrigen Donnerstag ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan worden. Auch GoPro und facebook haben schon deutlich Federn gelassen. Und auch der Biotech-Sektor wurde in den vergangenen Tagen deutlich ausverkauft.

3. ÖLPREIS BEENDET SEINEN PREISSTURZ

In den vergangenen vier Monaten ist der Ölpreis um 28% eingebrochen. Der Preisverfall hat sich in den vergangenen Wochen und Tagen immer weiter beschleunigt. Gestern Mittag unserer Zeit, oder auch gestern früh in US-Zeit, gab es einen vielleicht finalen Absturz unter 83 USD/Fass und anschließend schoss der Ölpreis nach oben. Aktuell steht er schon wieder bei 86,5 USD/Fass.

So sieht ein Boden aus, könnte also sein, dass wir im Ölpreis bereits das Ende der Korrektur sehen.

4. TECH-AKTIEN FINDEN EINEN BODEN

Intel wurde nach durchwachsenen Quartalszahlen ausverkauft. Die Aktie brach ein und befindet sich noch immer im Sinkflug. Für Microsoft gilt das selbe. Gestern Abend hat Sandisk Zahlen veröffentlicht, auch Sandisk notiert heute dick im Minus. Apple hat das neue iPad 2 vorgestellt, Anleger verkaufen auch diese Aktie.

Während zuletzt Apple immer mehr Anlegerkapital aus dem Tech-Bereich auf sich gezogen hat, muss nunmehr der breite Technologiesektor inklusive Yahoo!, Symantec, EMC, Oracle und SAP wieder ansteigen. Das ist derzeit noch nicht der Fall.

5. ENDE DER SANKTIONSSPIRALE GEGENÜBER RUSSLAND

Die Sanktionen gegen Russland sind durchaus geeignet, mittel- und langfristig die geschäftlichen Beziehungen zwischen Europa und Russland zu beeinträchtigen. Das hat nicht nur negative Auswirkungen auf die europäische Konjunktur, wie wir in diesen Tagen sehen, sondern auch auf den Friedensprozess. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Weltengemeinschaft die größten Erfolge in Sachen Friedensbemühungen erzielt, wenn der Verhandlungspartner wirtschaftlich eng angebunden wurde. Warum zerschneiden wir dieses mühsam geflochtene Band mit Russland?

Sanktionen führen zu verhärteten Verhandlungspositionen und dadurch schnell zu weiteren Sanktionen. Dieser negative Teufelskreis muss durchbrochen werden.

6. POSITIVE ÜBERRASCHUNGEN BEI QUARTALSZAHLEN & PROGNOSEN

Bislang haben die ersten Quartalszahlen überwiegend gute Zahlen hervorgebracht, jedoch verhaltene Prognosen nach sich gezogen. Wie von mir angekündigt berufen sich CEOs der internationalen Unternehmen gerne auf die geopolitischen Spannungen, wenn sie ihre Jahresprognose reduzieren oder vielleicht gerade einmal auf dem aktuellen Niveau belassen. Das vermittelt Anlegern den Eindruck, dass wir das Beste bereits gesehen haben.

Zur Beendigung der Korrektur brauchen wir also ein paar CEOs, die überraschend gute Quartalszahlen abliefern und sodann noch die Prognose anheben.

7. CHARTTECHNIK MUSS REPARIERT WERDEN

Sie wissen, dass ich nicht besonders viel auf die Charttechnik achte. Doch derzeit bietet die Charttechnik so ziemlich gar keinen Trost mehr, etwaige Kursziele liegen deutlich unter dem aktuellen Kursniveau - sowohl bei den Indizes, als auch bei vielen Einzeltiteln.

Die Charttechnik ist jedoch heute für viele Anleger ein wesentlicher Einflussfaktor für die Anlageentscheidung. Die unzähligen Schulter-Kopf-Schulterformationen müssen sich auflösen, bevor wir eine nachhaltige Rallye erleben können.

8. KONJUNKTURPROGRAMM CHINA

China manövriert hart am Wind, würde der Segler sagen: Die Geldmenge wird eher knapp gehalten, um spekulative Auswüchse der vergangenen Jahre zurechtzustutzen. Gleichzeitig werden einzelne Branchen, insbesondere Branchen der Binnenkonjunktur, gezielt unterstützt. Ein Schwellenland wie China braucht jedoch deutlich höhere Wachstumszahlen, um der aufstrebenden jungen Bevölkerung Chancen zu eröffnen.

Bislang gelingt das Abenteuer, doch in den vergangenen drei Wochen habe ich nur negative Überraschungen aus China gelesen, was Konjunkturdaten angeht. Der bisherige Kurs muss vor dem Hintergrund der nunmehr drohenden weltweiten Konjunkturschwäche korrigiert werden, ein Konjunkturstimulus muss her.

9. KONJUNKTURPROGRAMM DEUTSCHLAND

Ich habe es bereits am vergangenen Freitag geschrieben: Die Geldflutung durch die EZB hatte das Ziel, politischen Strukturreformen in einzelnen Euroländer Zeit zu verschaffen. Dies ist leider nicht in ausreichendem Maße geschehen und nun droht eine Rezession während die Staatskassen noch immer maximal belastet sind ... außer in Deutschland. Somit sind die Rufe lauter geworden, Deutschland solle mit Hilfe von Konjunkturprogrammen der Rezession entgegentreten.

Sie wissen, ich vertrete da eher eine konsequente, harte Linie. Doch wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wie es derzeit der Fall ist, darf man nicht auf Ideologien pochen, die für die nunmehr veränderte Situation nicht mehr angemessen erscheinen. Es ärgert mich, dass es soweit kommen musste, und ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder an Einzelentscheidungen fest gemacht, warum diese falsch waren. Doch nun müssen wir der neuen Realität ins Auge schauen und ich fürchte, dass ein Konjunkturprogramm in Deutschland unvermeidbar ist, wenn wir eine Rezession vermeiden wollen.

10. EZB MUSS STAATSANLEIHEN KAUFEN

Die EZB-Bilanz umfasst ein Volumen von 2.038 Mrd. Euro. In Folge der Griechenlandkrise blies EZB-Chef Supermario Draghi die Bilanz mit Hilfe von zwei gigantischen LTRO-Tranchen auf 3.050 Mrd. Euro auf, eine Liquiditätsflutung, die uns den Boom der vergangenen Jahre bescherte.

Kürzlich hat Supermario geäußert, die EZB-Bilanz zur Bekämpfung der drohenden Rezession erneut auf das Niveau von damals, also über 3.000 Mrd. Euro, aufzublasen. Es folgte die Ausgabe der TLTROs, die jedoch statt der erwarteten 500 Mrd. Euro lediglich 82 Mrd. Euro Volumen umfassten. Ich kommentierte diesen Fehlschlag mit der keynesianischen Liquiditätsfalle. Die EZB pumpt quasi kostenloses Geld ins System, aber keiner will es annehmen.

Banken, Finanzinstitute (Versicherungen, Fonds, ...) und Unternehmen wollen nicht noch mehr Geld. Es bleibt der EZB in meinen Augen nur noch der letzte Schritt doch, trotz aller rechtlicher Bedenken, Staatsanleihen zu kaufen.

Supermario selbst hat sich nun unter Zugzwang gesetzt: Mit der Aussage, die EZB-Bilanz wieder auf über 3 Billionen Euro auszuweiten, hat er den Marktteilnehmern eine Kenngröße signalisiert, die er für erforderlich hält, um eine Rezession zu verhindern. Bevor ihm nun diese Ausweitung nicht gelingt, werden sich Marktteilnehmer mit Investitionen zurückhalten.


Sie vermissen ISIS in der Liste der geopolitischen Einflussfaktoren? Ich bin in den vergangenen Tagen mehrfach auf die Auswirkungen des dortigen Konflikts angesprochen worden. Ich kann aber keine wirtschaftlichen Folgen ausmachen, wenn wir einmal von dem stimulierenden Einfluss der erneuten Waffenlieferungen in dieses Gebiet absehen. Ja, es ist ein weiterer Konflikt direkt vor der Haustür Europas und ich beobachte die dortigen Entwicklungen voller Sorge. Doch wirtschaftliche Auswirkungen sehe ich dort derzeit nicht.

Ich werde diese Checkliste in den kommenden Tagen und Wochen bei jeder Rallye aus der Tasche ziehen und überprüfen. Erst wenn alle Punkte abgearbeitet sind, werde ich davon ausgehen, dass die Aktienbörsen wieder nachhaltig steigen können.

Schauen wir uns einmal die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 16.10.2014 Änderung Vorwoche
Dow Jones 16.117 -3,3%
DAX 8.583 -4,7%
Nikkei 14.533 -5,0%
Euro/US-Dollar 1,28 1,1%
Euro/Yen 136,58 0,0%
10-Jahres-US-Anleihe 2,15% -0,18%
Umlaufrendite Dtl. 0,67% -0,06%
Feinunze Gold 1.237$ 1,3%
Fass Brent Öl 86,96$ -3,2%
Kupfer 6.581$ -0,8%
Baltic Dry Shipping 930 -4,5%

Mit -4,7% hat der DAX nun die vierte Ausverkaufswoche hinter sich. Im Vergleich zum Jahresbeginn liegt der DAX nunmehr mit 10,1% hinten. Wer also einfach in DAX-ETFs investierte, wird Schlafprobleme haben.

Mit unserem Portfolio sind wir nun auch ins Minus gerutscht, seit Jahresbeginn haben wir 3% verloren. Das liegt zum einen daran, dass wir vor drei Wochen konsequent unsere Barreserve erhöht haben, und zum anderen daran, dass wir immer wieder Gewinne mitgenommen haben. Da ist es dann zu verkraften, wenn man bei der einen oder anderen Position den optimalen Verkaufszeitpunkt verpasst hat.

Es findet in diesen Tagen ein regelrechter Run auf die Staatsanleihen statt. Die Umlaufrendite ist auf das Allzeittief von 0,67% gesunken, in den USA beträgt die Rendite der 10 Jahre laufenden US-Staatspapiere nur noch 2,15%. Dort gab es am Mittwoch eine bemerkenswerte Entwicklung: Die Rendite eröffnete den Handel unter 2%, erstmals im laufenden Jahr. Das Allzeittief wurde in den USA bei 1,46% Mitte 2012 erzielt. Damals drohten Haushaltsbudgetkürzungen, Steuererhöhungen, die die Konjunktur abwürgen, und der Kollaps des Euros. Ich glaube nicht, dass wir das Niveau nochmals sehen, daher ist das Unterschreiten der 2% in meinen Augen bereits ein Zeichen für die an den Aktienmärkten herrschende Panik in den USA.

Gestern hat ein US-Notenbankmitglied in Aussicht gestellt, die angekündigte Zinsanhebung länger auf sich warten zu lassen, sollte es erforderlich sein. Niemand rechnet derzeit mit einem erneuten Liquiditätsprogramm der Fed, einem QE4, doch der Begriff wird schon langsam wieder verwendet.

Das ist auch der Grund für die Rallye an den Aktienmärkten, die gestern Mittag losgetreten wurde: Der Ölpreis hat sich stabilisiert und die Fed zeigt moderate Züge.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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