ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 16. April - 20. April 2018

Turbulenzen unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung ...von Stephan Heibel
Immer wenn ich mir diese Woche ein Thema vorgenommen habe, entdeckte ich eine ganze Kaskade von sich gegenseitig aufschaukelnden Ereignissen. Irgendwie schaffen es die meisten Ereignisse nicht mehr auf die Titelseite.

Vielleicht ist der Raketenbeschuss Syriens durch die USA, England und Frankreich das Ereignis gewesen, mit dem das Interesse der Öffentlichkeit überstrapaziert wurde. Denn im Vorfeld des Beschusses twitterte US-Präsident Donald Trump die wildesten Drohungen. Doch schon kurz nach dem Beschuss wurde offensichtlich, dass Trump sich nicht in den Syrienkrieg hineinziehen lassen möchte, sondern lediglich ein symbolisches Zeichen setzen wollte.

Böse Zungen wollen sogar herausgefunden haben, dass Trump durch den Beschuss eine neuartige US-Rakete präsentiert hat, deren Flugbahn und Wirkung von den Japanern aus dem Weltraum heraus genau verfolgt wurde, um Informationen für eine Kaufentscheidung zu sammeln. Ein Raketenbeschuss als Marketingaktion?

Immerhin gab es keine menschlichen Opfer durch den Beschuss. Derweil streiten Trump und Assad weiterhin mit Trump, ob chemische Waffen eingesetzt wurden, oder nicht. Wie immer nach einem solchen Vorwurf gibt es nun Berichte, in denen die vermeintlichen Opfer mopsfidel herumspringen und erklären, wie die Aufnahmen entstanden sein sollen. Die Beweise bleiben die USA schuldig, doch es ist fraglich, ob so etwas überhaupt aus der Ferne zweifelsfrei bewiesen werden kann. Ganz ähnlich sieht es mit dem Fall Skripal aus. Ob wir jemals die Wahrheit erfahren werden?

Da wir die Wahrheit in absehbarer Zeit nicht zweifelsfrei erfahren werden, zieht an den Finanzmärkten Opportunismus ein: wie wirken sich die Aktionen der Politik auf die Finanzmärkte aus? Der Raketenbeschuss Syriens und die ausbleibenden Folgeaktionen haben letztlich zur Einschätzung verholfen, dass Trump sich tatsächlich aus Syrien heraushalten möchte.

Also wendet man sich den Zahlen zu, und davon gab es diese Woche eine ganze Menge. In den USA zieht die Konjunktur an, doch findige Volkswirte rechnen vor, dass das Wachstum hinter der Neuverschuldung der US-Regierung unter Trump zurückbleibt. Sprich: Trump nimmt mehr Schulden auf, als durch das dadurch zu erwartende Konjunkturwachstum zurückbezahlt werden kann. Der IWF hat inzwischen gewarnt, dass die USA als einziges Industrieland der Welt weiterhin mit exzessiven Schulden plane.

Und so wächst die Inflationsangst in den USA, immer mehr Analysten erwarten für das laufende Jahr inzwischen vier statt bislang nur drei Zinsschritte durch die US-Notenbank. Die Wahrscheinlichkeit von vier Zinserhöhungen ist Analysten zufolge im vergangenen Monat von 29 auf nunmehr 36% gestiegen.

Und nachdem die Rendite der 10 Jahre laufenden US-Staatsanleihe zum Wochenbeginn rückläufig war und den Bankensektor belastete, stieg sie nun zum Ende der Woche hin plötzlich kräftig an. Mit aktuell 2,91% kommen die magischen 3% wieder in Sichtweite. Wir erinnern uns, Anfang Februar hatte das Zinsniveau schon einmal einen Anlauf auf die 3% genommen. Ich habe darin einen, wenn nicht den wichtigsten Auslöser des Ausverkaufs vom Februar gesehen.

Die USA machen ernst: Die Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, haben den Rubel sowie auch die russische Börse um 10% einbrechen lassen. Nun erwägt Russland Gegenmaßnahmen, derzeit befindet sich ein Uran-Exportverbot auf dem Weg zur Umsetzung. Unsere Uran-Aktie profitiert davon, aber ich kann nicht überblicken, wie wahrscheinlich eine Umsetzung tatsächlich ist. Vorsicht ist also geboten.

HANDELSSTREIT USA-CHINA IST SUBTIL GEWORDEN

Der Handelsstreit mit China ist zwar ebenfalls aus den Schlagzeilen verschwunden, doch es gibt einen regen Schlagabtausch zwischen Peking und Washington.

ZTE ist einer der größten chinesischer Telekom-Ausrüster, das unter anderem auch eigene Smartphones herstellt und verkauft. 25-30% der verwendeten Komponenten kommen aus den USA, insbesondere Qualcomm als Lizenzgeber für unter anderem die 5G-Mobilfunktechnologie ist ein wichtiger Vertragspartner von ZTE.

Seit 2012 bietet ZTE eigene Smartphones an. Noch im gleichen Jahr berichtete Reuters, ZTE liefere die Geräte inklusive der darin verwendeten US-Technologie in den Iran, obwohl dies gegen das Iran-Embargo (Atomstreit) verstoße. In den Folgejahren wurde ein komplexes Verschleierungsnetzwerk offengelegt und 2016 wurde ZTE von den uSA mit Sanktionen belegt. Letztes Jahr hat sich ZTE dann schuldig bekannt und eine Strafzahlung von 890 Mio. USD akzeptiert. Zudem wurden 4 Führungskräfte entlassen, weiteren 35 sollten die Boni gestrichen werden.

Nun haben die USA festgestellt, dass die Boni nicht gestrichen wurden und nach Lesart des US-Handelsministeriums wurden damit Manager belohnt, die das Embargo umgangen haben. ZTE hat also erneut eine Vereinbarung gebrochen und hat auch diese Vergehen aufgrund einer erdrückenden Beweislage inzwischen zugegeben.

Nun haben die USA ZTE vom Handel mit US-Unternehmen für sieben Jahre ausgeschlossen. Ein Schritt, der keine Branche bestraft, sondern lediglich einen Einzelfall herauspickt. Daher schafft es diese Sanktion nicht in die Schlagzeilen. Dabei handelt es sich um eine einmalige, drakonische Strafe, die ihresgleichen sucht. Damit ist dieser Schritt vielmehr als Signal oder Warnung zu sehen.

Und es ist nicht die erste Warnung der USA in diesem Markt: Huawei kennen Sie bestimmt inzwischen. Dieser chinesische Telekom-Ausrüster wollte seine Geräte endlich auch auf den Us-Markt bringen und verhandelt seit langem mit AT&T, dem größten US-Mobilfunkanbieter. Anfang des Jahres hat AT&T einseitig die Gespräche abgebrochen und abgelehnt, seinen Kunden Huawei-Geräte anzubieten.

Warum er das getan hat? Ich weiß es nicht, aber ich kann spekulieren :-). AT&T möchte für rund 85 Mrd. USD Time Warner kaufen. Kartellrechtlich gab es keine Bedenken mehr, aber das US-Justizministerium hat sich lange quer gestellt. Trump hat keine Gelegenheit ausgelassen, über die fake news von CNN, eine Tochter von Time Warner, zu wettern. Und wenn Trump jemanden auf dem Kieker hat, dann weiß man, dass ein Deal gemacht werden muss. Na, warum dann nicht einfach mal einen unliebsamen Wettbewerber aus China aussperren. Seither machen die Übernahmegespräche tatsächlich wieder Fortschritte.

Ach wie schön waren die Zeiten, als eine Aktienanalyse noch etwas mit Zahlen zu tun hatte.

Zurück zu ZTE: Als Retourkutsche auf die drakonische Strafe für ZTE hat nun China verkündet, die Übernahme von NXP durch Qualcomm (Volumen: 36 Mrd. USD, also auch keine Kleinigkeit) aus kartellrechtlichen Gründen weiter zu prüfen. Bereits 2016 hat Qualcomm die beabsichtigte Übernahme verkündet, seither stockt der Prozess insbesondere an den chinesischen Behörden.

Die Antwort aus Washington ließ nicht lange auf sich warten: Die Sanktionen gegen ZTE würden auf die chinesische Telco-Branche ausgeweitet, hieß es diese Woche.

Schauen wir uns mal die Reaktion in der Tech-Branche an:

Acacia liefert Bauteile an ZTE, die Chinesen sind für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich. Die Aktie fiel über Nacht um 30%. Oclaro (OCLR, ca. 20% Umsatz mit ZTE) fiel um 17%. Inphi gab 11% ab, Fabrinet -10%, Lumentum -7%, ... ein Blutbad.

Die Sorgen weiteten sich schnell aus, so dass die gesamte Chip-Industrie unter die Räder geriet. Da half es nicht, dass Taiwan Semi diese Woche schwache Zahlen vermeldete, was von Analysten auf einen schwachen Absatz des iPhone 8 und 8+ zurückgeführt wurde. Nun gerieten alle Aktien unter Druck: Intel, Broadcomm, Texas Instruments, aber auch Analog Devices, Corvo, Skyworks Solutions, Sirrus Logic wurden von den Sorgen ergriffen. Und als dann die ganze Chip-Branche unter Druck geriet, wurden auch diejenigen erfasst, deren China-Geschäft kaum tangiert ist: Nvidia, Micron.

Kurze Zeit später dämmerte es den Anlegern, dass natürlich auch die Anlagenbauer Applied Materiels, ASML Holdings, KLA Tencor und LAM Research weniger Maschinen verkaufen werden, wenn sich China und die USA streiten. LAM Research und Skyworks Solutions haben diese Woche gute Q-Zahlen veröffentlicht, aber den Ausblick aufgrund des schwelenden Konflikts sehr verhalten formuliert. Das half auch nicht.

Fortsetzung folgt... denn wir befinden uns mitten in der Phase der Auseinandersetzung, in der beide Streithähne ihre Muskeln zeigen, ohne den Konflikt offen anzusprechen. Es war gut, dass wir frühzeitig nach dem Aufkeimen dieses Handelsstreits unsere Positionen verkleinert haben, die irgendwie davon betroffen werden können.

Denn China hat seine ultimative Antwort bislang noch nicht gegeben: Boykott. Ich erinnere mich an den Hähnchenskandal von Kentucky Fried Chicken in China, der zu einem Boykott führte und Yum Brands, die Mutter von KFC (als auch Pizza Hut) über mehrere Jahre schädigte. China ist keine Demokratie. Wenn der chinesische Präsident Xi sagt: kauft kein iPhone mehr, dann wird in China kein iPhone mehr gekauft - egal, ob das von Zöllen oder Sanktionen begleitet wird.

Wie lange diese Auseinandersetzung noch dauern könnte, werde ich in Kapitel 04 untersuchen. Schauen wir nun erst einmal auf die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 19.04.2018 Änderung Vorwoche
Dow Jones 24.665 0,7%
DAX 12.567 1,2%
Nikkei 22.191 2,5%
Euro/US-Dollar 1,23 0,2%
Euro/Yen 132,84 0,5%
10-Jahres-US-Anleihe 2,91% 0,08
Umlaufrendite Dtl. 0,38% 0,05
Feinunze Gold 1.343$ 0,4%
Fass Brent Öl 73,75$ 2,9%
Kupfer 6.934$ 2,6%
Baltic Dry Shipping 1.201 20,9%

Im Wochenvergleich sieht's recht gut aus für die Aktienmärkte, denn einmal abgesehen von China konnten sämtliche Aktienmärkte ein wenig zulegen. Dazu passt meine obige Auflistung der Krisenherde auf den ersten Blick so gar nicht. Doch wie gesagt: Diese Krisen sind derzeit in den Hintergrund getreten und ich gehe davon aus, dass sie in den kommenden Wochen nochmals in die Schlagzeilen vorrücken werden.

Der Goldpreis hält sich stabil auf Ausbruchsniveau. Es mehren sich die Analysten, die den Goldpreis vor einer neuen Rallye sehen. Wir haben rechtzeitig unsere Goldposition erhöht und haben ja noch eine Silber/Gold-Spekulation im Portfolio.

Der Ölpreis steigt weiter an, weil die geopolitischen Spannungen in Ölregionen einfach nicht nachlassen. Ich hätte zwar gedacht, dass der symbolische Beschuss Syriens denn auch keinen so großen Einfluss auf den Ölpreis haben wird, doch dort scheint man anders zu denken. Weiterhin denke ich, dass wir beim Ölpreis eher am oberen Ende der Handelsspanne dieses Jahres sind.

Der hohe Ölpreis wirkt sich zugleich auf die Inflationserwartung aus und ist damit ein wichtiger Faktor für die oben erwähnte gestiegene Wahrscheinlichkeit von vier Zinsanhebungen in den USA für das laufende Jahr 2018. Wenn Benzin- und Heizkosten steigen, wirkt sich das schnell auf steigende Inflationsraten aus.

Die Commitment of Trades der großen Spekulanten befinden sich auf extrem hohen Niveau: Mehr Trader denn je spekulieren derzeit auf einen steigenden Ölpreis. Damit gibt es nicht mehr viele, die den Ölpreis weiter in die Höhe treiben können.

Nach dem Neujahrsfest in China steigen nun auch wieder die Transportaktivitäten, der Baltic Dry Verschiffungsindex ist diese Woche um 21% angesprungen.

Na und der Bitcoin ist auch noch da. Nach seinem Tief unter 7.000 USD hat er sich nun wieder über 8.000 USD berappelt. das wird noch spannend.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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