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Wochenrückblick 16. Juli - 20. Juli 2018

Angst vor Frieden ...von Stephan Heibel
Das schönste Geburtstagsgeschenk für mich war der Hinweis eines Leser auf einen Artikel der Times aus London: "Angst kommt auf über die Aussicht eines Trump Friedensabkommens mit Putin".

Angst-vor-Frieden
Abbildung 1: London Times Angst vor Frieden


Also wenn die Boulevardpresse nun schon so weit ist, Trump vorzuwerfen, für Frieden zu sorgen, dann haben die endlosen Vorwürfe inzwischen ein unterirdisches Niveau erreicht. In meinem Wertesystem rangiert Frieden als etwas Positives und nicht als etwas, wovor ich Angst haben müsste.

Nicht viel besser sind viele der anderen Vorwürfe gegenüber Trump, der nichts weiter getan hat, als endlich mal mit dem zweitmächtigsten Mann der Welt zu sprechen. Mag sein, dass Putin beim Thema Krim nicht sauber ist. Es gibt aber genügend Themen, bei denen die USA und Russland konstruktiv zusammenarbeiten können. Das beginnt bei den Sanktionen (insbesondere schlecht für Europa) und hört nicht auf beim Thema Syrien.

Die Isolation, in die Obama und Merkel Präsident Putin getrieben haben, war meines Erachtens nicht unbedingt vorteilhaft. Grundsätzlich ist es niemals vorteilhaft, den Gesprächsfaden abreißen zu lassen. Trump hat nun sein Wahlversprechen wahr gemacht und den Gesprächsfaden wieder aufgenommen, ohne dass etwas Meßbares aus dem ersten Treffen herausgekommen ist.

Und wenn der Boulevardpresse nur noch die Angst vor einem Frieden als Aufreißer einfällt, dann scheint Trump ja auf einem guten Weg zu sein. Vielen Dank.

Larry Kudlow, der Wirtschaftsberater Trumps, war diese Woche in einem ausführlichen Interview mit Jim Cramer, meiner wichtigsten US-Quelle für Finanzinformationen, zu sehen. Darin räumt Kudlow auf mit der Erwartung, die Chinesen hätten bereits im Handelsstreit nachgegeben oder wären auch nur ansatzweise bereit dazu.

Er sagte, in China gebe es viele, wie auch in der ganzen westlichen Welt inklusive Europa, die sich dessen bewußt sind, dass China Handelsvorteile genieße, die eigentlich nur Entwicklungs- oder Schwellenländern zustünden. China sei aber inzwischen in der industrialisierten Welt angekommen und müsse diese Vorteile abgeben, auch dessen seien sich viele bewußt. Europa habe bspw. das Angebot Chinas, gemeinsam gegen die USA vorzugehen, ausgeschlagen und damit immerhin das Trump-Ziel (nicht den Weg dorthin) bestätigt.

Die Welthandelsorganisation, die solche Missstände aufdecken müsste, sei nicht mehr funktionstüchtig, so Kudlow. Daher die kritischen Bemerkungen Trumps gegenüber der WTO. Der durchschnittliche Importzoll der USA beträgt 2%, der von China liegt derzeit bei 14%. Das sei, so Kudlow, nicht fair.

Donald Trump werde keinen Deut nachgeben bei seinen Forderungen, die Importzölle anzugleichen. Am liebsten würde er Zölle gänzlich abschaffen, entsprechende Vorschläge habe er bereits den Chinesen unterbreitet, entsprechende Vorschläge habe Trump auch Europa zur Kenntnis gebracht.

Neben den Zöllen müssten auch Handelsbeschränkungen abgebaut werden (Quoten). Zudem müsse der Diebstahl des geistigen Eigentums wirksam verhindert werden. Und zu guter Letzt seien auch die Investitionsbeschränkungen inakzeptabel: Noch immer darf kein ausländisches Unternehmen mehr als 49% an einem Unternehmen oder einer eigenen Tochter mit Sitz in China besitzen.

Ja, Tesla-CEO Elon Musk plant bereits eine Fabrik in China, die zu 100% in der Hand von Tesla bleibt. Doch "plant" heißt nicht, dass es schon umgesetzt ist. Kudlow berichtet von vielen Gesprächen, in denen Zusagen gemacht wurden, deren Umsetzung jedoch nicht einmal eingeleitet wurde. Sprich: Bislang hat China nur vollmundige Versprechungen gemacht, ohne die Absicht, diese auch umzusetzen.

Das passt in das Bild eines unserer Heibel-Ticker Kunden, der mich genau vor dieser Eigenart der Chinesen gewarnt hat. Er hilft deutschen Unternehmen, in China Fuß zu fassen und berichtete mir, dass es ein bekanntes Problem sei, dass Zusagen nicht eingehalten werden.

Kudlow nannte auch den Grund dafür: Während also viele der Gesprächspartner einsichtig seien, wird letztlich nichts umgesetzt. Präsident Xi sei dafür verantwortlich, er denke nicht im Traum daran, auf die USA zuzugehen. Präsident Trump, der bspw. beim Thema Nordkorea sehr gut und vertrauensvoll mit Xi zusammen gearbeitet habe, sei kolossal erbost darüber, dass beim Handelsstreit seitens China bislang noch nicht das geringste Zählbare umgesetzt worden sei.

Für uns bedeutet das, dass wir Aktien von Unternehmen mit nennenswertem China-Geschäft weiterhin meiden müssen.

Brian Moynihan, CEO der Bank of America, hat seine Erwartung auf ein BIP-Wachstum der USA bekannt gegeben: Er rechne mit einer Ziffer nördlich der 4%. Das passt zu den Quartalszahlen des US-Bahnbetreibers CSX, der als Logistikkonzern durchaus gute prognostische Fähigkeiten für die Konjunkturentwicklung hat. Das Ergebnis war besser als erwartet, das Unternehmen hat die Geschäftsentwicklung nach Branchen untergliedert:

Im Bereich Cargo wurde das folgende Wachstum verzeichnet: Chemie +7%, Autos +7%, Agrarprodukte und Nahrungsmittel +2%, Mineralstoffe +7%, Holz +11%, Metall und Ausrüstung +11%, Kohle +7% and kombinierter Verkehr +9%.

Wir erinnern uns: Das Wahlversprechen Trumps, für Wachstumsraten über 3% zu sorgen, wurde als Phantasterei abgetan und lächerlich gemacht. Heute wird spekuliert, ob 4% erreicht werden.

Aber auch in Deutschland haben die beiden wichtigen Branchen Finanzen und Logistik gute Meldungen vorgebracht: die Deutsche Bank hat überraschend gute Zahlen veröffentlicht und sprang um 7% an. VTG, der Hamburger Vermieter von Transportwaggons, erhielt ein Übernahmeangebot von Morgan Stanley, das um 15% über dem aktuellen Aktienkurs lag. VTG hat schon reagiert und gesagt, das Übernahmeangebot sei dennoch zu niedrig, da vor dem Hintergrund der anziehenden Konjunktur schon bald auch ohne eine Übernahme ein deutlich höheres Kursniveau zu erwarten sei.

Nächste Woche wird Jean-Claude Juncker in die USA reisen. Laut Kudlow werde er ein überraschendes und gutes Angebot der EU unterbreiten. Wir dürfen gespannt sein.

Ich sehe mein Bild von der geopolitischen Situation durch die Aussagen von Kudlow bestätigt: Der "Gegner" heißt China, auch wenn Trump zwischenzeitlich mal die EU als "Feind" beschimpft. Und um China aufzubrechen, helfen inzwischen die EU sowie auch Russland mit. Und selbst in China gibt es eine breite Einsicht für die Notwendigkeit der Anpassung der Handelsbeschränkungen, allerdings weigert sich der auf Lebenszeit gewählte Präsident Xi noch standhaft dagegen, diese Pfründe abzugeben.

In meinen Augen ist Trump also nach wie vor für den Freihandel und somit alles andere als ein Protektionist. Und Trump ist in meinen Augen auch ein Friedensbringer, also alles andere als ein Kriegstreiber. Das wissen wir spätestens seit dem Artikel in der Londoner Times.

Wer sich ein wenig mit Zahlen beschäftigt, der hat das schon längst durchschaut. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes in dieser Woche geschlagen haben:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

 
INDIZES 20.7.18 Woche Δ Σ '18 Δ
Dow Jones 25.058  0,5% 0,9%
DAX 12.561  0,5% -2,8%
Nikkei 22.698  2,3% -0,3%
Shanghai A  2.963  -0,3% -14,4%
Euro/US-Dollar 1,17 0,4% -2,3%
Euro/Yen 130,59 -0,6% -3,3%
10-Jahres-US-Anleihe 2,90% 0,03 0,47
Umlaufrendite Dt 0,17% 0,00 -0,11
Feinunze Gold $1.232  -1,2% -5,5%
Fass Brent Öl $73,14  -1,1% 9,9%
Kupfer 6.072  -1,6% -15,1%
Baltic Dry Shipping 1.689  3,5% 23,6%
Bitcoin 7.303  17,3% -47,5%



Trotz des drohenden Friedens ging es bergauf an den internationalen Aktienmärkten, lediglich China wurde außen vorgelassen.

Interessant ist die Entwicklung am Anleihemarkt. Die Umlaufrendite ist inzwischen mit 0,17% wieder nahe an die Null gesunken. Auch in den USA ist die Rendite der 10 Jahre laufenden Staatsanleihe weiterhin knapp unter der 3% Hürde verblieben. Das Besondere an der jüngsten Entwicklung: Die Schwankungsbreite ist extrem gering.

Die Volatilität am Anleihemarkt ist so niedrig wie zuletzt im Jahr 1998! Gleichzeitig ist die Shortquote so hoch wie nie zuvor. Anleger sind sich also "sicher", dass das Zinsniveau steigen muss. In der Regel passiert dann genau das Gegenteil, das wissen wir nun ja schon.

Die gigantische Shortposition resultiert meines Erachtens auch deswegen, weil viele Anleger erwarten, China werde seine US-Anleihen verkaufen. China ist der größte Gläubiger der USA und würde, so die allgemeine Erwartung, die USA in die Knie zwingen, wenn man diese US-Staatsanleihen auf den Markt wirft.

Der Kurs der Anleihen würde in den Keller rauschen und das Zinsniveau in den Orbit schießen, so die Erwartung.

Ich sehe das anders und habe das hier im Heibel-Ticker auch schon so formuliert: Wenn China all seine US-Staatsanleihen verkauft, wird die US-Notenbank alles aufkaufen. Danach ist die US-Notenbank der größte Gläubiger der USA, so wie es schon lange in Japan der Fall ist. Das wäre verheerend, denn ... also weil ... hmm, mal überlegen ... warum eigentlich?

Der US-Dollar würde ein wenig sinken. Vom aktuellen Niveau aus ist das nicht weiter tragisch. Das würde den Export ankurbeln. Importieren wollen die USA in einem solchen Szenario ja ohnehin nichts mehr - zumindest nicht aus China.

Ich halte es daher für unwahrscheinlich, dass China seine US-Anleihen auf den Markt wirft. Vielmehr ist es in meinen Augen nur noch eine Frage der Zeit, bis Präsident Xi messbare Zugeständnisse macht. Und das wird dann diese Shortposition unter Druck bringen, ich erwarte dann eine Hausse am US-Anleihenmarkt und nochmals deutlich niedrigere Zinsen.

Irgendwie irre, oder?

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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