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Wochenrückblick 19. August - 23. August 2013

Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed kann Verunsicherung nicht beenden ...von Stephan Heibel
Eigentlich ist nicht viel passiert - wenn man ein­mal von diversen zwischenzeitlichen Verunsi­cherungen absieht. Zum einen die Veröf­fentlichung des Fed-Sitzungsprotokolls am Mittwoch, das erst auf den zweiten Blick kei­nerlei neue Erkenntnisse lieferte, und zum anderen der dreistündige Ausfall der Nasdaq am gestrigen Donnerstag, der nach offizieller Stellungnahme der Nasdaq nicht schlimm war. 

Die Veröffentlichung des Protokolls der US-Notenbank Fed wurde dieses Mal sehr genau analysiert. Inzwischen ist es üblich, dass Han­delsprogramme um die automatische Aus­wertung des Protokolls herum aufgesetzt wer­den, um in den ersten Sekunden nach der Ver­öffentlichung anhand einiger Kennzahlen umgehend entsprechende, im Voraus über­legte Positionen einzugehen. Es wurden die Aussagen gefunden, die von der Fed vor vier Wochen getätigt wurden. Nämlich, dass man noch in diesem Jahr mit dem Tapering, der Reduktion der Anleihekäufe beginnen wolle, sofern es die Konjunkturentwicklung zulässt.

Seit der Notenbanksitzung vor vier Wochen haben wir seitens der USA jedoch nur schwa­che Konjunkturdaten gesehen. Nicht eine Ziffer war eine positive Überraschung, im Gegenteil. Insbesondere der US-Konsument hat sich seit­her sehr zurückhaltend gezeigt, diverse Ein­zelhändler haben schwache Umsätze ver­meldet. Aber auch auf dem Arbeitsmarkt gab es Enttäuschungen, und die in den vergange­nen Wochen stark angezogenen Zinsen haben bereits erste Bremsspuren in dem gerade genesenen Immobilienmarkt hinterlassen. Von einer weiteren Verbesserung der US-Konjunk­tur in den vergangenen vier Wochen kann also keine Rede sein. Entsprechend wird die Fed aus heutiger Sicht das Tapering eher spä­ter als früher beginnen.

Das steht jedoch im nun veröffentlichten Sit­zungsprotokoll nicht drin. Da steht drin, was man vor vier Wochen besprochen hat. Und damals sprach man von einem Tapering ggfls. bereits ab September. Die automatischen Tex­tinterpretationen, die dann automatisch in die automatischen Handelssysteme übergeben wurden, haben diese Entwicklung jedoch nicht berücksichtigt, und so war die erste, automa­tische Reaktion auf die Veröffentlichung des Protokolls zunächst einmal ein Verkaufsrausch. Binnen weniger Minuten gab der Dow Jones ein halbes Prozent ab.

Zwanzig Minuten später hatten die ersten Men­schen das Protokoll gelesen, und es wurde klar, dass die Fed mit dem beabsichtigten Tapering vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung der Konjunktur eben eher später als früher anfangen wird, und so stieg der Dow Jones sodann um 1% an.

Die US-Notenbank ist derzeit kopflos. Fed-Chef Ben Bernanke ist amtsmüde, er wollte ja eigentlich bereits nach der ersten Amtszeit 2006 - 2010 aufhören, wurde jedoch von Obama persönlich zu einer zweiten Amtszeit überredet. Nun hat er sein Ausscheiden für Ende Januar 2014 angekündigt, zum 1. Februar 2014 wird nun ein neuer Fed-Chef gesucht.

Das wichtigste Instrument der Fed ist die Marktkommunikation. In der Regel kann man sich auf Aussagen des Fed-Chefs verlassen. Und mit diesem Instrument hat Ben Bernanke in den vergangenen Jahren einen starken Ein­fluss auf die Märkte ausgeübt, über die tat­sächlichen geldpolitischen Maßnahmen hin­aus. Doch dieses Instrument gerät derzeit ins Abseits. Niemand hört mehr einem Mann zu, der ohnehin schon seine Sachen packt. Und stattdessen melden sich viele andere zu Wort, deren Gewicht bei wirklichen Entscheidungen innerhalb der Fed Anleger nicht so richtig ein­schätzen können.

"Verunsicherung" ist wohl der Begriff, der die Situation am besten beschreibt. Und Verunsi­cherung ist immer schlecht für die Märkte. Die Zinsen steigen höher als sie müssten, die Ren­dite der 10-Jahre laufenden US-Staatsanleihe ist inzwischen auf 2,9% gesprungen. Ich hatte darauf hingewiesen, dass die Zinsen langsam sehr hoch ansteigen werden, doch ein zu schnelles Ansteigen wird viele Unternehmen auf dem falschen Fuß erwischen, fällige Refi­nanzierungen werden plötzlich viel teurer als geplant und könnten somit einen negativen Effekt auf die Konjunktur haben.

Diese Befürchtung hat in den vergangenen Wochen Dow Jones und Nasdaq unter Druck gesetzt, während DAX und Nikkei sich verhält­nismäßig stabil zeigten. Auch China sendet wieder vermehrt positive Signale. In den USA jedoch herrscht Verunsicherung.

Nasdaq-Ausfall traurige Gewohnheit

Gestern Mittag (US-Zeit) fiel plötzlich die Nas­daq aus. Es gab keine Kurse mehr. Transak­tionen wurden nicht mehr abgewickelt. Infor­mationen über einen möglichen Grund gab es nicht. Anleger tappten im Dunkeln, für drei Stunden wusste niemand, was los war. Seitens der Nasdaq war keine Stellungnahme zu bekommen.

Erst am Abend meldet sich CEO Greifeld zu Wort: Alles nicht so schlimm, die Handels­partner der Nasdaq hatten schon nach einer halben Stunde wieder verlässliche Kurse und konnten somit die Preise ihrer Finanzprodukte (ETFs!) berechnen. Man habe alle Handels­partner zeitnah informiert und über die vielfach bestehenden hausinternen Handelsplattformen konnte der Handel mit den ETFs weitergehen.

Ich habe zwei Dinge daraus gelernt: Wir, die Privatanleger, sind nicht Kunde der Börse, son­dern die Banken. Diejenigen, die sich aben­teuerliche Finanzkonstruktionen ausdenken und an den Privatanleger verscherbeln, sind die Kunden der Börsen. Wenn es also ernste Probleme gibt, dann kümmert sich kein Schw... um uns, wir tappen im Dunkeln. Schlimmer noch: Die Handelspartner werden mit Informa­tionen versorgt und können ihre Produkte wei­ter an den Mann bringen. Die Käufer dieser Produkte handeln völlig im Dunkeln, weil sie ja keine Kurse bekommen.

Ach, und auch eine zweite wichtige Kunden­gruppe der Nasdaq wurde mit Kursen verse­hen: Die High-Frequency-Trader. Die Hochfre­quenztrader, die in Bruchteilen von Sekunden große Aktienpakete hin- und herschieben, ohne sich um das zugrunde liegende Unter­nehmen zu scheren. Sie sind heute verant­wortlich für bis zu 60% des Handelsvolumens an der Nasdaq. Na klar, da kann man schon mal einen Anruf tätigen und Informationen über das aktuelle Problem weitergeben.

Medien, die Öffentlichkeit, der Privatanleger suchte vergeblich nach Informationen. Da war­nen die Behörden vor Schaltergeschäften (OT­C), vor Telefonverkäufern und vor "dark rooms"und drängen Privatanleger, die regulier­ten Börsen wie die Nasdaq zu nutzen. Dort wird in den USA nicht selten die Altersvorsorge angelegt. Und wenn die Börse ausfällt, gibt es niemanden bei der Nasdaq, der sich um die Privatanleger kümmert. Und auch die Behörde, die zuvor die Nutzung der regulierten Han­delsplätze propagierte, fühlt sich nicht zustän­dig.

Kann mal passieren, würde ich sagen, eigent­lich läuft der Handel ja meistens zuverlässig. Doch in der jüngsten Vergangenheit häufen sich die Probleme, die jeweils ziemlich arrogant von den Verantwortlichen kleingeredet werden. Mir fällt da der Flash Crash vom Mai 2011 ein, als aufgrund einer falsch eingegebenen Ver­kaufsorder binnen weniger Sekunden eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wurde, die knapp 100 Mrd. USD an Anlegerkapital ver­nichtete - wenn man in die Panik hineinver­kaufte. Am Abend standen die Kurse fast wie­der auf dem ursprünglichen Niveau. Oder ziemlich genau vor einem Jahr, als der größte IPO der Geschichte, Facebook, dazu führte, dass viele Zeichner erst am Folgetag erfuhren, wie viele Aktien sie erhalten hatten und ver­kaufen durften. Da stand die Aktie aber schon dick im Minus.

Das sind Dinge, deren Ursache dem Privat­anleger, der von den Behörden an die Nas­daq verwiesen wurde, nicht mehr vorenthalten werden dürfen. Und da die Nasdaq selbst keine brauchbaren Informationen ausgibt, muss in meinen Augen eine Behörde aktiv wer­den. Die SEC Börsenaufsicht ist die richtige Behörde dafür, doch die fühlt sich nicht zustän­dig.

Fazit für uns Privatanleger: Leider ändert sich nichts daran, dass es keinen besseren Han­delsplatz gibt, als die regulierten Börsenplätze. Es bleibt nur die Möglichkeit, mit Artikeln wie diesem den Druck auf die Börsenbetreiber zu erhöhen.

Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 22.08.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 14.964 -1,0 %
DAX 8.398 0,3 %
Nikkei 13.661 -0,5 %
Euro/US-Dollar 1,33 0,0 %
Euro/Yen 132,01 1,3 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,90 % 0,15 %
Umlaufrendite Dtl. 1,54 % 0,08 %
Feinunze Gold 1.376 $ 0,7 %
Fass Brent Öl 110,02 $ -1,0 %
Kupfer 7.352 $ 0,0 %
Baltic Dry Shipping 1.158 6,1 %

Unter'm Strich gab's nicht viel Bewegung in den Indizes. Dennoch steigt die Nervosität der Anleger.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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