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Wochenrückblick 19. Februar - 23. Februar 2024

Industrielle Revolution 2.0 ...von Stephan Heibel
SemiDie KI-Revolution, die durch Nvidia losgetreten wurde, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Diese Woche hat das Unternehmen mit seinen Q-Zahlen einmal mehr sämtliche Analystenschätzungen übertroffen und zudem Entwicklungen beschrieben die zeigen, dass ein Ende des explosiven Wachstums noch lange nicht in Sicht ist.

Wir haben Nvidia in unserem Heibel-Ticker Portfolio, daher möchte ich an dieser Stelle nicht erneut auf die Zahlen und Prognosen von Nvidia eingehen. Einen anderen Aspekt möchte ich Ihnen vorstellen, damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wie weitreichend diese Revolution ist. Immer häufiger lese ich Vergleiche zur Industriellen Revolution von vor 200 Jahren.

Gründer und CEO Jensen Huang ließ seine Finanzchefin Colette Kress die Zahlen vortragen. Kress gab einen guten Überblick über die jüngsten Entwicklungen und nannte unzählige Partner aus den verschiedensten Branchen. Ich werde hinter dem jeweiligen Unternehmensnamen stets die Tagesperformance vom gestrigen Donnerstag schreiben. Daran können Sie sehen, dass allein die Nennung im Nvidia-Analystencall bei Anlegern schon für Euphorie sorgt.
 

Nvidias Partnerunternehmen



Allen voran natürlich Microsoft (+2,4%), das Unternehmen, das in OpenAI investiert hat und deren KI-Lösung ChatGPT unter dem Namen Copilot für Microsoft 365 sowie auch für GitHub nutzt.

Meta (+3,9%) nutzt die KI zur Verbesserung der Empfehlungen auf Facebook und Instagram, sowie für die Optimierung der Auslieferung der Werbung von Werbepartnern.

ServiceNow (+2,8%) ist erster Ansprechpartner für Unternehmen, die keine eigene IT aufbauen möchten, um die KI für das eigene Geschäft zu nutzen.

Adobe (0%) nutzt die KI für das automatische Generieren von Bildern unter dem Dienst Firefly. Getty Images (+0,7%) trainiert die KI mit seinen 477 Mio. Bildern und bietet seinen Kunden ebenfalls eine automatische Bildgenerierung mit Hilfe von KI an.

SAP (+3,3%) hat vor einigen Tagen verkündet, voll auf KI zu setzen. Nun nennt Kress SAP als führende KI-Firma im Bereich der Unternehmenssoftware. In diesem Zusammenhang wird auch Snowflake (+4,4%) genannt.

Auch xAI, das KI-Unternehmen von Elon Musk, wird genannt. Das Unternehmen ist jedoch nicht börsennotiert. Kress erspart sich die Auflistung der 80 Autohersteller, die auf der DRIVE-Plattform von Nvidia das autonome Fahren entwickeln.

American Express (+1,5%) konnte laut Kress die Treffsicherheit der Betrugserkennung um 6% verbessern.

Cloud-Betreiber wie Amazon (+3,6%, AWS), Microsoft (+2,4%, Azure), Alphabet (+1%, Google Cloud) und Oracle (+2,6%) bieten künftig ihren Kunden die Nvidia DGX Cloud an, über die Unternehmen eine eigene KI trainieren können. Die Jahreslizenz liegt bei 45.000 USD.

Sie sehen, alle im Analystencall genannten Unternehmen konnten sich gestern über steigende Aktienkurse freuen. Wir befinden uns in der Phase, in der die frühen KI-Pioniere an der Börse hochgejubelt werden. Ich erwarte, dass zu einem späteren Zeitpunkt diejenigen Unternehmen, die nicht auf den KI-Zug aufspringen, abgestraft werden.
 

Nvidias geniale Erfindungen



Doch was genau macht die KI-Entwicklung so besonders? Warum bezeichne auch ich sie als Industrielle Revolution 2.0? Immerhin gibt es KI bereits seit über fünfzig Jahren. Mein früherer Entwickler forschte in den 70er Jahren an der Uni Hamburg an neuronalen Netzen, der Basis für KI. Warum kommt die KI gerade jetzt zum Durchbruch?

Nun, Nvidia hat einen Weg gefunden, Moore's Law wiederzubeleben. Ich habe viele Experten nach einer anschaulichen Beschreibung gefragt, doch niemand konnte mir eine verständliche Erklärung liefern. Ich habe mir daher nun selber eine ausgedacht:

Über Jahrzehnte wurden jedes Jahr Prozessoren entwickelt, die doppelt so schnell und halb so teuer waren wie ihre Vorgänger. Eine komplexe Aufgabe kann heute rasend schnell gelöst werden. Die Prozessoren, auch CPUs genannt, können sogar unzählige komplexe Aufgaben parallel bearbeiten. Doch diese Geschwindigkeit reichte in den vergangenen Jahren nicht mehr aus, um die gigantischen Mengen an Daten systematisch zu katalogisieren und Erkenntnisse daraus zu ziehen.

Sie kennen sicherlich die Zahl Pi. Wir nutzen Pi, um einen Kreisumfang oder Inhalt zu berechnen. Die Zahl liegt etwa bei 3,1415265359... Bislang hat man die Zahl auf rund 100 Billionen Nachkommastellen berechnet.

Zur Berechnung wird ein interaktiver Prozess genutzt: Man berechnet eine Nachkommastelle, fügt sie dem Zwischenergebnis hinzu und berechnet anschließend mit Hilfe der gerade gefundenen Nachkommastelle die nächste Nachkommastelle, fügt diese erneut hinzu und führt den Rechenschritt erneut durch. So nähert man sich der wirklichen Zahl Pi mit jedem Rechenschritt immer weiter an. Eine superschnelle CPU ist sehr schnell sehr weit bei diesem Prozess, doch auch die schnellste CPU kann mit jedem Rechenschritt nur eine weitere Nachkommastelle zufügen. Es dauert also auch bei der superschnellen CPU ein wenig, bis sie bei den 100 Billionen Stellen ankommt.

Gleichzeitig langweilt sich die CPU, weil sie eigentlich Millionen mal parallel solche Aufgaben ausführen könnte. Also man könnte die CPU eine Million Mal beauftragen, die Zahl Pi zu berechnen und man würde eine Million Mal mit gleicher Geschwindigkeit das gleiche Ergebnis erhalten.

Nvidia hat es nun geschafft, iterative Prozesse parallel laufen zu lassen. Ich stelle mir das so vor, das die Aufgabe, Pi zu berechnen, in eine Millionen Aufgaben aufgesplittet wird. Die eine Million Aufgaben werden der Nvidia GPU zugespielt, diese führt eine Million Mal genau einen Rechenschritt durch und fügt anschließend die eine Million Ergebnisse in der richtigen Reihenfolge zur Zahl Pi zusammen. Die Crux dabei ist, dass Prozesse, die eigentlich aufeinander aufbauen, parallel ablaufen können.

Dies führt gerade bei der KI zu Quantensprüngen. Denn KI, soviel wissen sogar die Älteren unter Ihnen, die in den 70er Jahren von neuronalen Netzen gehört haben, wird um so genauer, je häufiger der Lernprozess durchlaufen wird. Man hat festgestellt, dass es irgendwo einen Punkt gibt, bei Millionen, Milliarden oder weiß ich wo, ab dem die Ergebnisse dann plötzlich signifikant besser werden. Und diesen Punkt zu überspringen, ist Nvidia gelungen.

Die KI-GPUs heißen derzeit H100 und wiegen rund 30 Kg. Nvidia legte Wert auf Geschwindigkeit und Energieeffizienz, nicht jedoch auf Größe. Vielleicht passt der Vergleich mit den 70ern weiterhin, als wirklich gute Rechner nur in Form von Mainframes verfügbar waren, riesige Zentralrechner. Fünfzig Jahre lang galt Moore's Law, heute sind die CPUs unserer Handys leistungsfähiger als damalige Mainframes.

IBM wurde durch die WinTel-Allianz abgelöst, Windows und Intel machten leistungsfähige Prozessoren für Privatanwender nutzbar.

Eine ähnliche Entwicklung erwarte ich nun für die GPU-Entwicklung. Intel heißt nun Nvidia und erste Analysten prognostizieren, dass Nvidia mit aktuell fast schon 2 Billionen USD Marktkapitalisierung zum größten Unternehmen der Welt heranwachsen wird. Apple und Microsoft stehen derzeit bei je 3 Billionen USD, wachsen aber lange nicht so schnell wie Nvidia.

Nicht nur die GPU wurde von Nvidia revolutioniert, sondern auch das Netzwerkprotokoll Ethernet. Nvidia hat das Infiniband entwickelt, das speziell auf die KI-Berechnungen optimiert wurde. Damit können in Rechenzentren mehrere H100 GPUs parallel geschaltet werden und somit noch komplexere KI-Aufgaben erledigen.

Und es gibt rund einhundert KI-Modelle. LLM (Large Language Modell), mit dem ChatGPT arbeitet, ist nur eines davon. Für die Medizin, für die Vorschlagsoptimierung bei Amazon, für verschiedenste Anwendungen gibt es jeweils eigene Modelle, die ebenfalls weiter optimiert werden. Auch hier sitzt Nvidia im Zentrum der Entwicklung und hat eine eigene Entwicklungssprache dafür auf den Markt gebracht: CUDA.
 

Nvidia Vorsprung vor der Konkurrenz



Seit 50 Jahren wird also in Sachen KI bereits geforscht, doch der Durchbruch blieb lange Zeit aus. Nvidia hat der KI zum Durchbruch verholfen, indem mehrere Erfindungen parallel entwickelt wurden: Die Graphikkarte GPU für die parallele Verarbeitung interaktiver Rechenprozesse, das Netzwerkprotokoll Infiniband für die Aufsplitterung paralleler Rechenprozesse auf verschiedene GPUs sowie CUDA, die Entwicklungssprache zur Optimierung der KI-Modelle. In allen drei Bereichen ist Nvidia nun führend, da es keine nennenswerte Konkurrenz gab. Solange der Durchbruch noch ausstand, forschten nur Wenige in diesem Bereich.

AMD hat bereits GPUs, die ebenfalls parallel rechnen können. Doch deren Geschwindigkeit und Wärmeerzeugung (Stichwort Energieeffizienz) kommen nicht an die von Nvidia heran. Sicherlich werden nun viele Unternehmen wie Apple oder Alphabet ihre eigenen GPUs entwickeln. Doch da sich die Ergebnisqualität mit zunehmender Trainingstiefe (Nvidia nennt das "Inferenz") dramatisch verbessert, können es sich weder Apple noch Alphabet leisten, auf die Nvidia Chips zu verzichten.

"The winner takes it all" könnte daher auch dieses Mal für eine sehr lange Zeit gelten, in der Nvidia der Konkurrenz stets eine Nasenlänge voraus sein wird und es sich kein Unternehmen leisten kann, im Vergleich zu Nvidia minderwertige KI-Infrastruktur zu nutzen.
 

KI in allen Lebenslagen



Im Analystencall wurde auch nochmals die gigantische Nachfrage nach dem KI-Chip H100 betont. Wir befinden uns erst ganz am Anfang, wenn wir das eine KI-Modell von ChatGPT für unsere Aufgaben nutzen. Schon diese Anwendung ist die erfolgreichste Software aller Zeiten. Doch Unternehmen wollen ihre eigene KI. Unternehmen haben interne Daten, die sie nicht mit anderen teilen wollen. Also werden alle Unternehmen eigene KI-Modelle trainieren wollen. Die Infrastruktur dafür baut Nvidia mit Hilfe der Cloud-Anbieter auf, siehe oben: AWS, Azure, Google Cloud, Oracle und SAP. Allein hier ist das absehbare Wachstum gigantisch. Doch große Unternehmen werden ihre eigene Cloud-Infrastruktur im eigenen Haus aufbauen wollen, ganz zu schweigen von Staaten bis hin zu Geheimdiensten.

Jedes Unternehmen, jeder Staat, jedes Unternehmen für die unterschiedlichen Länder, werden individuelle KIs erstellen, um die KI auf die lokalen Besonderheiten zu trainieren.

Wer also glaubt, der KI-Zug sei abgefahren, der irrt. Und wer glaubt, KI habe in Form von ChatGPT ihre maximale Nutzung erfahren, der irrt ebenfalls. Wir befinden und noch ganz am Anfang.

Nun werden mir sicherlich viele von Ihnen schreiben, die KI macht uns arbeitslos: Ich gehe vom Gegenteil aus. Fünf Jahre lang habe ich SAP-Projekte durchgeführt und in keinem einzigen Projekt wurden Mitarbeiter entlassen. Stattdessen wurde kräftig Personal aufgebaut, um die komplexe SAP-Software zu konfigurieren. Erst viele Jahre später, wenn ich dann nochmal einen Betrieb besucht habe, der seit mindestens fünf Jahren mit SAP arbeitete, konnte ich feststellen, dass der eine oder andere Angestellte, der sich mit der neuen Software nicht arrangieren konnte, nicht mehr da war.

Vielleicht hilft auch nochmals der Vergleich mit der Industriellen Revolution: Zunächst mussten Maschinen von Menschen gebaut werden, bevor einfache Tätigkeiten von Maschinen besser erledigt werden konnten als vom Menschen. Unbestritten ist jedoch, dass die Industrielle Revolution der Menschheit einen großen Wohlstandsgewinn bescherte.
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 23.1., 17:02 Uhr Woche Δ Σ '24 Δ
DAX 17.419  1,8% 4,0%
S&P 500 5.092  1,4% 7,0%
Nikkei 39.099  1,6% 16,8%
Shanghai A  3.490  3,7% 11,9%
Euro/US-Dollar 1,08 0,5% -2,0%
Euro/Yen 150,34 0,1% -3,5%
10-Jahres-US-Anleihe 4,25% -0,05 0,39
Umlaufrendite Dt 2,51% 0,09 0,48
Feinunze Gold $2.039  1,3% -1,2%
Fass Brent Öl $81,80  -1,8% 6,0%
Kupfer $8.585  3,3% -0,1%
Baltic Dry Shipping $1.752  10,8% -21,0%
Bitcoin $51.064  -1,7% 21,2%


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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