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Wochenrückblick 21. August - 25. August 2017

Elektromobilität kennt Herausforderungen aber keine K.O.-Kriterien ...von Stephan Heibel
Im Urlaub hat man Zeit, etwas losgelöst von den Tagesproblemen über Themen nachzudenken. Unter anderem beschäftigt mich das Thema der Elektromobilität stark, da ich darin eine ernste Bedrohung für den Wohlstand unseres Landes sehe. Die Prognosen gehen vom Untergang, ja sogar dem generellen Verbot von Verbrennungsmotoren in deutschen Städten bis hin zum Diesel als überlegene, vollständig saubere Antriebstechnologie und es fällt schwer, sich ein realistisches Bild über die Zukunft zu machen.

Ich habe es versucht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Elektromobilität tatsächlich eine existenzielle Gefahr für die deutsche Wirtschaft darstellt. Nicht jedoch, weil der Verbrennungsmotor am Tag X verschwindet, sondern weil der Elektromotor den Verbrennungsmotor in eine spezialisierte Nische zwängen wird.

Es gibt unzählige Argumente, ja vermeintliche Beweise, warum Elektroautos niemals unsere Diesel- und Benzinautos vollständig ersetzen werden. Doch es geht gar nicht darum, Diesel und Benzin überflüssig zu machen. es reicht schon, wenn Elektroautos einen nennenswerten Anteil am Automobilmarkt erzielen. Bei derzeit zwischen 1-2% müssen sich unsere Autobauer keine Sorgen machen, die Gewinne sprudeln nach wie vor üppig.

Doch wenn Elektroautos einen Marktanteil von 20% erzielen, dann wird das Spuren in den Bilanzen hinterlassen. In China wird der Anteil der neu zugelassenen Autos in den kommenden fünf Jahren per Gesetz - so funktioniert das im Kommunismus - schrittweise auf 12% gesteigert.

Damit werden nicht von heute auf morgen die 600.000 Jobs, die in Deutschland an Entwicklung und Bau von Verbrennungsmotoren hängen, überflüssig. Aber die 600.000 Arbeiter müssen von einem Marktanteil von nur noch 80% statt zuvor 98% bezahlt werden.

Als Börsianer wissen Sie, was mit Aktien passiert, deren Unternehmen nicht mehr wachsende Absatz- und Umsatzzahlen vermelden können: Sie stürzen ab. Wer wird in Daimler investieren, wenn Tesla gleichzeitig jährliche Wachstumsraten im zweistelligen Bereich vermeldet. Daimler wird noch auf Jahre mit Reparaturaufträgen beschäftigt sein, während Teslas Elektroautos per automatischem Softwareupdate immer auf dem aktuellen Stand sind und kaum Verschleißteile haben. Die Tesla-Belegschaft wird deutlich kleiner sein, von den fehlenden Pensionsansprüchen bei Tesla, die über die vergangenen Jahrzehnte bei Daimler aufgelaufen sind, ganz zu schweigen.

Doch dann kommen Physiker und Ingenieure mit Gegenargumenten: Elektroautos werden niemals Reichweiten erzielen, wie sie bei Verbrennungsmotoren möglich sind. Na und? Kann ich da nur sagen. Vor wenigen Jahrzehnten waren unsere Verbrennungsmotoren auch nur mit Reichweiten von wenigen hundert Kilometern ausgestattet. Und wenn Sie sich an die Warteschlangen an den Autobahntankstellen erinnern, können Sie auch das zeitliche Argument langsam ad acta legen. Innerhalb einer halben Stunde können Sie heute schon ein Elektroauto für mehrere hundert Kilometer nachladen.

Aber wie häufig wird diese große Reichweite benötigt? Für die meisten Fahrten im Alltag reichen die wenigen hundert Kilometer heute schon. Und wer weite Strecken fährt, der kann ja weiterhin Verbrennungsmotoren nutzen. Ich fürchte nur, dass es weit weniger als 80% sein werden, die handfeste Gründe für das Festhalten am Verbrennungsmotor haben. Entsprechend könnte sich der Anteil von den oben angenommenen 20% Elektroautos in den kommenden Jahren immer weiter erhöhen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Veränderungen nicht über Nacht eintreten, aber die Akzeptanz in der Bevölkerung und vorauslaufend vermutlich auch in den Massenmedien irgendwann doch binnen kürzester Zeit umschlägt.

Die Welt wird von Städtern regiert. Die Innenstädte haben Probleme mit der Luftverschmutzung durch Autoabgase, also wird eine Lösung gesucht. Zudem stört auch der Autolärm. Ich gehe davon aus, dass unsere Innenstädte, sei es durch Fahrverbote, letztlich sicherlich aber durch den Willen der Stadtbevölkerung, irgendwann überwiegend mit Elektroautos befahren werden. Natürlich gibt es dafür heute noch keine Ladekapazitäten, doch das ist kein Hindernis, sondern eher eine Herausforderung.

In Deutschland hinken wir bereits bei der Digitalisierung hinterher. In meinem "städtischen Neubaugebiet für den gehobenen Anspruch", in dem wir vor sieben Jahren unser Haus kauften, war bis vor zwei Wochen keine 50 MBit/s-Internetleitung für mich verfügbar. Ich habe mich bei O2 als auch der Dt. Telekom wieder mal bis in die Vorstandsetagen durchgearbeitet, um dieses Manko anzuprangern (Kabeldeutschland hat gar keine Kabel verlegt). Erst vor zwei Wochen wurde mit mitgeteilt, dass nunmehr entsprechende Kapazitäten verfügbar sind. Das Land, das also im Jahr 2017 gerade einmal zeitgemäße Internetleitungen in Ballungsgebieten verlegt, wird bei der nächsten Revolution, dem Elektroauto in Städten, keine Führungsposition einnehmen. Analog zur Internetrevolution rechne ich also erst 2035 mit einem flächendeckenden Netz von Ladestationen in deutschen Innenstädten. Daraus jedoch abzuleiten, dass Elektromobilität keine Zukunft hat, ist kurzsichtig.

Die Welt wird von Städtern regiert und Städter wollen saubere Innenstädte. Das Argument, dass bei der Batterieproduktion Umweltschäden unbekannten Ausmaßes an anderer Stelle entstehen, ist ebenfalls kein K.O.-Kriterium, sondern bestenfalls eine weitere Herausforderung. Im ersten Schritt werden die Städte mit Elektroautos bevölkert und im zweiten Schritt wird man sich um die entstandenen Umweltprobleme kümmern.

Davon abgesehen könnten Elektroautos unser irrwitzig ausgebautes regeneratives Stromnetz viel besser nutzen. Der regenerative Strom in Deutschland, der aktuell überwiegend an windigen und sonnigen Tagen produziert wird, könnte umgehend in das Nachladen der Elektroautos gespeist werden (auch tagsüber verbringen unsere Autos die meiste Zeit mit Herumstehen). Die Überkapazitäten an regenerativen Energien könnten so sinnvoll eingesetzt werden.

Wie ich's auch drehe und wende, ein wirkliches K.O.-Kriterium für die Elektromobilität finde ich nicht. Und wenn ich mir vor Augen halte, dass Unternehmen häufig bereits dann untergehen, wenn das Wachstum in ihrer Industrie ins Stocken kommt, dann mache ich mir ernsthafte Sorgen um die deutsche Automobilindustrie. Aktien unserer Autobauer werde ich auf absehbare Zeit nicht empfehlen.

Schauen wir uns nun einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes während der Zeit meines Urlaubs, also im Vergleich zu vor zwei Wochen an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 27.08.2017 Änderung Vorwoche
Dow Jones 21.814 -0,1%
DAX 12.168 1,3%
Nikkei 19.453 -1,4%
Euro/US-Dollar 1,19 1,3%
Euro/Yen 130,50 1,8%
10-Jahres-US-Anleihe 2,17% -0,04
Umlaufrendite Dtl. 0,16% -0,04
Feinunze Gold 1.291$ 0,4%
Fass Brent Öl 52,24$ 0,3%
Kupfer 6.713$ 4,6%
Baltic Dry Shipping 1.209 10,7%
     

Um 1,3% hat sich der DAX in den vergangenen zwei Wochen erholt während der Dow Jones unverändert blieb. Damit wurde der zuvor heftige Ausverkauf im DAX nur zum Teil wieder wett gemacht. Und das trotz des weiterhin festen Euros, gegenüber dem US-Dollar hat der Euro um 1,3% zugelegt.

Am vergangenen Freitag haben sich die beiden mächtigsten Notenbanker der Welt, Fed-Chefin Janet Yellen und EZB-Chef Mario Draghi, in Jackson Hole, USA, das Mikrofon in die Hand gegeben. Das jährliche Treffen wird dazu genutzt, volkswirtschaftliche Betrachtungen der weltweiten und nationalen Ökonomien auszubreiten und die wissenschaftlichen Grundlagen für anstehende Strategien in der Geldpolitik vorzubereiten.

Hinsichtlich der aktuellen Zinsentscheidungen haben Yellen und Draghi herzlich wenig verlauten lassen. Draghi hielt an seiner Aussage fest, dass zunächst die Rückführung der Anleihekaufprogramme anstehe und noch nicht terminiert sei und daher sei es noch viel zu früh, über Zinsschritte auch nur nachzudenken. Ich gehe davon aus, dass schon bald andere für ihn darüber laut nachdenken werden.

Meiner Ansicht nach hat die EZB durch ihre lockere Geldpolitik die EU bislang vorm Scheitern bewahrt. Doch ist es die Aufgabe, das politische Projekt EU zu retten? In meinen Augen wäre es die Aufgabe der Politik gewesen und gerade auf diesem Gebiet fehlen in der EU Entscheidungen. Wie wird das Volk mitgenommen, wenn die Einheit der EU weiter vorangetrieben wird? Zu dieser Frage höre ich seit Jahren keine Antwort. Und ich erwarte die Antwort nicht von der EZB, die bislang verhindert hat, dass die Politik eine Antwort finden muss.

Yellen auf der anderen Seite übt sich weiterhin in Schönmalerei, ohne Taten folgen zu lassen. Sie stellt die US-Wirtschaft als gesund dar, obwohl die jüngsten konjunkturellen Erfolge teuer durch eine Beschleunigung der Kreditaufnahme erkauft wurden. Gleichzeitig hält sie den Zins niedrig, weil Sie vermutlich weiß, dass die Konjunktur in den USA noch immer auf sehr wackeligen Füßen steht.

Vergleichen wir Europa und die USA, so ist doch festzustellen, dass die viel gescholtene Betonung der Austerität dazu geführt hat, dass selbst Spanien und Italien ganz gute Wachstumsraten aufweisen, ohne die Verschuldung - ähnlich den USA - weiter in den Himmel zu schrauben. Der gesunde Aufschwung in Europa gegenüber dem kreditfinanzierten Aufschwung in den USA führt zur Aufwertung des Euros. Weder Mario Draghi, der für sein Heimatland Italien einen niedrigen Euro als Exportunterstützung wünscht, noch Janet Yellen, die ihr Land nicht in Panik versetzen möchte, können die relative Überlegenheit Europas aussprechen, denn sie würden ihre Ziele konterkarieren.

Und weil das so ist, weil in Europa weiter Liquiditätsflutung stattfindet, um die Exporte billig zu halten und weil in den USA die Zinsen langsamer steigen als gewünscht, fließt das Kapital wieder in den Anleihemarkt, die Rendite ist dadurch jeweils um 0,04%punkte gefallen.

An den Rohstoffmärkten tut sich was: Das Gold verharrt stabil knapp unter 1.300 USD/Oz, ein Sprung darüber steht in meinen Augen bald an. Der Bitcoin hat aktuell die Aufgabe des Goldes übernommen und befindet sich inzwischen in spekulativen Höhen, die kaum noch nachvollziehbar sind. Stürzt der Bitcoin ab, dann dürfte das Gold als Zufluchtsort wieder an Attraktivität gewinnen.

Der Ölpreis pendelt um 50 USD/Fass und bleibt damit im für die Ölbranche neutralem Bereich. Der Kupferpreis ist leicht angezogen (+4,6%), was für ein Anziehen der Weltkonjunktur spricht. So ist auch der Baltic Dry Verschiffungsindex um 10,7% angesprungen, China importiert wieder mehr als vor wenigen Monaten prognostiziert.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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