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Wochenrückblick 22. Februar - 26. Februar 2016

Hickhack am Ölmarkt ...von Stephan Heibel
Heute hü, morgen hott. Diese Schwankungen sind nichts für schwache Nerven, und obwohl der DAX schon wieder 9% über seinem Mitte Februar erreichten Tief steht, steigt der Stresslevel in meinem Leserfeedback.

Kein Wunder, denn auf der Weltbühne wird derzeit ein Schauspiel gegeben, das selbst den letzten Börsenkenner zur Verzweiflung treibt. Erst sind es Gerüchte, dass Russland mit Saudi Arabien über eine Drosselung der täglichen Ölfördermengen spricht, dann kommt die Meldung, dass die beiden sich auf ein Einfrieren auf dem Niveau von Januar geeinigt haben.

Dann sickert durch, dass die beiden eigentlich darauf aus sind, den Iran und den Irak in ein Abkommen zu ziehen, denn dort fürchtet man in den kommenden Monaten den größten Zuwachs an täglicher Fördermenge. Der Iran bezeichnete dann diese Woche das Einfrieren der Ölfördermenge als lächerlich.

So langsam kommen die Meldungen aus den USA, dass es der dortigen Ölbranche inzwischen extrem schlecht geht. 10% der bei Ölfirmen arbeitenden Mitarbeiter wurden in den vergangenen Monaten freigesetzt. Die Finanzierungen vieler Ölfirmen sind bei einem Ölpreis unter 45 USD/Fass - oder sind es 30 USD/Fass? - dieser Wert wird kontinuierlich nach unten korrigiert - nicht mehr tragfähig.

J.P. Morgan ist das erste US-Finanzinstitut, das sein Engagement in Finanzierungen von Ölkonzernen transparent macht. Ein Ölpreis bei 25 USD/Fass würde zu zusätzlichen Risiko-Rücklagen von 1,5 Mrd. USD führen. Derzeit würden bereits 61% der Ölfinanzierungen als Junk (Ramsch) eingestuft und mit 1,3 Mrd. USD Rücklagen abgesichert.

Die USA fördern heute 30% mehr Öl am Tag als zu ihren besten Zeiten in den 1970ern. Saudi Arabien möchte verhindern, dass Fracking immer günstiger und dadurch den eigenen Ölvorkommen wettbewerbsfähig wird. Daher versuchen die Saudis durch einen niedrigen Ölpreis amerikanische Fracking-Unternehmen aus dem Markt zu drängen.

Saudi Arabien sieht also gleich zwei Gefahren: Den Wiedereintritt des Irans in die Exportmärkte sowie die Frackingindustrie der USA. Beide Entwicklungen drohen, den Ölpreis langfristig auf ein niedrigeres Niveau zu führen. Nachhaltig. Der Iran kommt heute schon an billiges Öl heran, muss jedoch hohe Investitionen stemmen, um die veralteten Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen. Und der Fortschritt im Fracking wird um so schneller vonstatten gehen, je mehr Geld (Gewinne der Ölkonzerne) zur Weiterentwicklung zur Verfügung steht.

Beide Entwicklungen kann der Iran mit einem niedrigen Ölpreis aufhalten, oder zumindest verlangsamen. Schon heute reichen die Gewinne Saudi Arabiens nicht mehr aus, ihren üppigen Staatshaushalt zu finanzieren. So soll nun Aramco, der staatliche saudische Ölkonzern, an die Börse gebracht werden. Die Einnahmen aus dem Börsengang würden kurzfristig erst einmal wieder Liquidität in die Kasse spülen. Ich schließe aus dem angekündigten Börsengang Aramcos, dass sich die Saudis auf einen länger anhaltend niedrigen Ölpreis einstellen. Es ist noch nicht der Fall, dass die Reserven aufgebraucht sind, und durch den Börsengang schafft man sich weitere Reserven, kann also diesen Preiskrieg länger durchhalten.

Wer nun also wissen möchte, wie sich die Aktienmärkte in der kommenden Zeit entwickeln, der muss entweder eine Meinung zum Ölpreis und somit auch zu Saudi Arabien haben, oder aber warten, bis der Ölpreis irgendwann nicht mehr für die Aktienmärkte relevant ist. Denn grundsätzlich kurbelt ein niedriger Ölpreis die Wirtschaft an, insbesondere unsere Exportwirtschaft. Doch seit einigen Wochen fallen die Aktienkurse parallel zum Ölpreis.

Erste Anzeichen für eine Abkopplung des Aktienmarktes vom Ölpreis habe ich schon ausgemacht, wie ich Ihnen in Kapitel 04 aufzeigen werde.

Derweil berichten Unternehmen überwiegend positive Quartalszahlen, sind aber hinsichtlich ihrer Prognosen mehr als vorsichtig. Xing erfreute seine Aktionäre am Montag mit einer Dividendenerhöhung. Ströer verdoppelte seinen Gewinn. Auch Covestro, die gerade erst von Bayer an die Börse gebrachte Tochter, meldet einen Gewinnsprung. Airbus meldet Rekordaufträge und will kräftig investieren, um künftig mehr Flieger bauen zu können. ProSiebenSat.1, Henkel, Dt. Telekom und heute Nordex sowie BASF erfreuen Anlegerherzen und sorgen allesamt für ordentliche Kurssprünge in Folge guter Zahlen.

Doch der Ifo-Index sackt ab. Die Diskrepanz zwischen aktueller Geschäftslage und der Zukunftserwartung steigt. Die folgende Graphik zeigt diesen Umstand sehr schön:


Abbildung 1: Ifo Geschäftsklimaindex Februar 2016


Während also die Lage aktuell sogar besser eingeschätzt wird als in den vergangenen Monaten (während die Börse eingebrochen war), ist die Erwartung für die künftige Geschäftsentwicklung deutlich eingebrochen. Eindeutig eine Folge der schwachen Finanzmärkte. Ich hatte Ihnen vor einigen Wochen bereits in Aussicht gestellt, dass eine zu lange Baisse an der Börse irgendwann zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden kann. Aus Vorsicht investieren Unternehmen weniger und vermindern damit die Nachfrage, irgendwann lässt das Wirtschaftswachstum dann tatsächlich nach.

Besonders gut ist dieses Verhalten auch bei BASF zu sehen: Der freie Cashflow das Konzerns ist gestiegen obwohl Umsatz und Gewinn rückläufig sind. Der Grund: Es wird weniger investiert. Also hält man Aktionäre mit Bargeld bei Laune, die Dividende wurde erhöht.

Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 25.02.2016 Änderung Vorwoche
Dow Jones 16.697 1,6%
DAX 9.331 -1,4%
Nikkei 16.140 -0,3%
Euro/US-Dollar 1,11 -0,4%
Euro/Yen 124,55 -1,2%
10-Jahres-US-Anleihe 1,70% -0,09
Umlaufrendite Dtl. 0,05% -0,08
Feinunze Gold 1.239$ 1,5%
Fass Brent Öl 35,52$ 0,7%
Kupfer 4.610$ 0,4%
Baltic Dry Shipping 325 3,8%

Der DAX hat sich deutlich schlechter entwickelt als Nikkei und Dow Jones. Nach der Veröffentlichung des oben erwähnten Ifo-Indexes brach der DAX ein. Der Fels in der Brandung, die deutsche Wirtschaft, hat Kratzer bekommen.

Am Donnerstag war der Shanghai-Index um 6,5% eingebrochen. Grundsätzlich werte ich das Ereignis als positiv, da endlich nicht mehr sämtliche Weltbörsen mit in den Abwärtssog gezogen wurden. Trotz China-Crash konnten DAX, Nikkei und Dow Jones gestern deutlich zulegen.

Anleihen erhalten weiterhin großen Zulauf, trotz des niedrigen Zinsniveaus. Gleichzeitig sind in den USA die Zinsaufschläge für Ramsch-Anleihen auf historische Hochs gestiegen, was ein weiteres Anzeichen für den Stress der Ölbranche ist. Sicherheit ist gesucht.

Das zeigt sich auch im Goldpreis, der sich erstaunlich solide auf dem nunmehr deutlich höheren Niveau halten kann, als er in dieses Jahr gegangen war (+15%). Und auch der Ölpreis hält sich deutlich über den 30 USD/Fass, obwohl das Hickhack der beiden vergangenen Wochen ziemlich an den Nerven der Anleger gezerrt haben dürfte.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer sendet der Baltic Dry Verschiffungsindex, der nun bereits in der zweiten Woche leicht ansteigen kann - zugegeben, auf extrem niedrigem Niveau.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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