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Wochenrückblick 23. Oktober - 27. Oktober 2023

Suche nach Zinsgipfel weicht Diskussion über Dauer des Zinsplateaus ...von Stephan Heibel

abwaertskursAuch wenn wir hauptsächlich in Aktienunternehmen investieren, so ist doch der Anleihemarkt derzeit die wichtigste Determinante für unsere Investments. Solange die Zinsen nicht auf einem vernünftigen Niveau angelangt sind, bleiben Aktien Sklaven der Anleihen. Wenn die Zinsmärkte zur Ruhe kommen, werden wir eine fulminante Rallye in genau den Aktien erleben, die derzeit viel zu günstig bewertet sind. Doch ein wenig Geduld ist noch erforderlich. 

In Europa lag die Inflation im September bei 4,3%. Die EZB hat den Leitzins nach ihrer gestrigen Sitzung bei 4,5% belassen. Nach 10 Leitzinserhöhungen in Folge macht Christine Lagarde also erstmals eine Pause. Um die Inflation zu bremsen, muss der kurzfristige Zins, maßgeblich bestimmt durch den Leitzins, höher sein als die Inflation. Das war nun erstmals wieder der Fall, daher konnte Lagarde auf eine weitere Zinsanhebung verzichten. 

bundesanleihenDoch die Anleihemärkte, man schaut insbesondere auf die Bundesanleihen, haben sich noch nicht an die neue Zinslandschaft angepasst. Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren tragen derzeit eine Rendite von nur 3,12%. Wenn Sie also Geld in eine 30 Jahre laufende Bundesanleihe legen, dann wissen Sie heute schon, dass Sie damit derzeit nicht einmal die Inflation ausgleichen. Anleger sind zu diesem Verlustgeschäft bereit, weil sie davon ausgehen, dass die Inflation in einigen Jahren deutlich tiefer sein wird, so dass sich das Ganze über die gesamte Laufzeit wieder ausgleicht. 

Auch kurze Laufzeiten haben sich noch nicht an die veränderte Zinslandschaft angepasst: Wenn Sie Ihr Geld in eine Bundesanleihe mit einem Jahr Laufzeit anlegen, erzielen Sie aktuell eine Rendite von 3,66%. Auch das ist noch deutlich weniger, als Ihr Geld durch die Inflation aktuell verliert. 

Also egal, ob Sie Ihr Geld kurz oder lang anlegen wollen, riskieren Sie, weniger Rendite zu erzielen, als Ihr Geld durch die Inflation an Wert verliert. 

Was muss passieren, damit die Relation wieder passt? Nun, entweder die Inflation fällt unter das Zinsniveau, oder aber die Zinsen steigen. Sagen wir mal, die beiden bewegen sich aufeinander zu. Die Inflation ist derzeit stark rückläufig. Immerhin betrug die Inflation im Oktober 22 noch 10,6%. Und vor der Rendite für Bundesanleihen stand damals bei den meisten Laufzeiten noch ein Minus. 

ezbNun hat die EZB eine Zinsanhebungspause eingelegt. Wenn das bedeutet, dass die Inflation in absehbarer Zeit in Richtung 2% fällt, dann müssten eigentlich alle Anleger heute noch die Bundesanleihe mit einem Jahr Laufzeit kaufen, denn die 3,66% werden sich dann als sehr attraktiv erweisen. Die EZB könnte schon bald mit Zinssenkungen beginnen und somit die Wirtschaft vor einer Rezession bewahren. 

Doch Anleger kaufen nicht. Das kann in meinen Augen nur eines bedeuten: Sie glauben nicht, dass die EZB den Kampf gegen die Inflation bereits gewonnen hat. 

Wenn die EZB aber Probleme bei der Inflationsbekämpfung hat und wir gegebenenfalls mit höheren Zinsen für einen längeren Zeitraum rechnen müssen, oder gar noch weitere Zinsanhebungen sehen werden, dann würde doch kein Anleger sein Geld für 30 Jahre zu einer Rendite anlegen, die nicht einmal die Inflation ausgleicht, oder? 

Irgendwas passt da nicht! 

Und so kann man vom Anleihemarkt noch nicht ablesen, wie das Spiel mit der Inflation ausgehen wird. Doch wenn nicht einmal die Anleihemärkte eine klare Meinung zur Inflationsbekämpfung haben, wie soll man dann Aktien bewerten? Also halten sich auch Aktienanleger derzeit lieber zurück. 

Anleger schauen gespannt auf das Inflationsgeschehen: Der Verbraucherpreisindex wird interpretiert, die Arbeitsmarktdaten werden analysiert und die Rohstoffmärkte, insbesondere der Ölmarkt, werden argwöhnisch beäugt. Jede Information, die darauf hindeutet, dass die Inflation nun doch noch nicht automatisch und schnell in Richtung 2% fällt, verstärkt das Zögern der Anleger. Dadurch steigt die Rendite, was wiederum Investitionen für die Wirtschaft teurer und somit eine Rezession wahrscheinlicher macht. 

Wartete man bis vor kurzem noch auf den "Zinsgipfel", so spricht man nun über ein "Zinsplateau" und schätzt die Dauer ab, die der Leitzins auf dem aktuellen Niveau verharren wird, bevor die erste Zinssenkung kommt. Nur vereinzelt gibt es derzeit Unbehagen darüber, dass aus dem Zinsplateau vielleicht auch eine Hochebene werden könnte, die nochmals zu weiteren Zinsanhebungen führen könnte. 

Daher sehen wir derzeit kaum Reaktionen auf Unternehmenszahlen, obwohl die Q3-Berichtssaison voll im Gange ist. Gestern haben Intel und Amazon überraschend gute Zahlen geliefert. Deren Aktien steigen heute ordentlich an (aktuell je +9%), doch ein Effekt auf die jeweilige Branche ist kaum zu erkennen. 

Und je höher das Zinsniveau steigt, desto stärker werden die zukünftigen Gewinne von Wachstumsunternehmen abdiskontiert. Daher sahen wir in den vergangenen zwei Wochen heftige Verluste, insbesondere bei den Technologieaktien: Delivery Hero -13%, SUSE -10%, Süss Micro -25%, Xing -24%, Secunet -15%. Im Durchschnitt haben Aktien des Technologiesektors in den vergangenen zwei Wochen 8% verloren. 

Am besten liefen Aktien des Gesundheitssektors und der Finanzbranche mit einem Verlust von jeweils nur 1%. Morphosys konnte um 23% zulegen, Eckert & Ziegler um 12% und Flatex (Heibel-Ticker Portfoliowert) sprang um 16% an. 

Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes in den vergangenen zwei Wochen entwickelt haben: 
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 27.10., 19:49 Uhr Woche Δ Σ '23 Δ
DAX 14.687  -3,3% 5,5%
S&P 500 4.141  -4,4% 7,8%
Nikkei 30.992  -4,1% 18,8%
Shanghai A  3.164  -2,3% -2,3%
Euro/US-Dollar 1,06 0,9% -1,1%
Euro/Yen 158,46 0,9% 12,9%
10-Jahres-US-Anleihe 4,87% 0,23 0,99
Umlaufrendite Dt 2,87% 0,13 0,41
Feinunze Gold $1.981  3,1% 8,7%
Fass Brent Öl $87,65  -2,2% 4,8%
Kupfer $8.038  0,7% -4,6%
Baltic Dry Shipping $1.662  -14,1% 9,7%
Bitcoin $33.998  27,2% 105,0%



bitcoinDer Goldpreisanstieg um 3% ist ein Zeichen für das wachsende Unbehagen hinsichtlich der staatlich kontrollierten Währungen. Wie ein Ausrufezeichen springt vor diesem Hintergrund der Preissprung im Bitcoin um 28% ins Auge. 

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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