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Wochenrückblick 24. April - 28. April 2023

Konjunkturdaten und Quartalszahlen führen zu Achterbahnfahrt ...von Stephan Heibel
Immer wieder ist der DAX im Verlauf dieser Woche in Richtung neuer Jahreshochs über 15.900 Punkten gelaufen, um dann binnen weniger Minuten auf 15.700 zurückzufallen. Der Rückfall erfolgte vorzugsweise vormittags, wenn die US-Börsen noch geschlossen waren, und waren eine Reaktion auf vermeintlich schlechte Konjunkturdaten. 

So fiel zum Wochenbeginn der Ifo Geschäftsklimaindex ein wenig schwächer aus als erwartet, verzeichnete unterm Strich dennoch eine leichte Verbesserung zum Vormonat. Anleger werteten dies als schwach genug, um weitere Zinserhöhungen bald enden zu lassen, und nicht zu schwach, was die Rezessionsangst schüren würde. Die Reaktion an den Aktienmärkten war ein Lauf des DAX in Richtung 15.900 Punkte. 

Am Dienstag zeigten sich die Zahlen zum US-Immobilienmarkt überraschend stark, so dass nun plötzlich weitere Zinsanhebungen unvermeidlich schienen. Dies strahle aus bis zum DAX, der deutlich Federn ließ. 

Der Kurseinbruch wurde am Mittwoch in Richtung 15.700 Punkte fortgesetzt, als das GfK-Konsumklima schwächer ausfiel als erwartet und einen deutlichen Rückgang zum Vormonat auswies. Konsumentenzurückhaltung könnte die deutsche Wirtschaft in eine Rezession führen, so die Befürchtung. 

Am Donnerstag wurden Konjunkturdaten aus den USA vermeldet: Das BIP der USA ist im Q1 um nur um 1,1% angewachsen. Erwartet wurden 2,0%, allerdings gab es nicht wenige, die einen negativen Wert befürchteten, der die Tür für eine technische Rezession im ersten Halbjahr geöffnet hätte. Somit folgte dem Schock nach der niedrigen Wachstumsrate die Erleichterung derer, die Schlimmeres befürchtet hatten. Vielleicht, so die neue Hoffnung, kommt die USA tatsächlich um eine Rezession herum und meistert die vielen Zinsanhebungen mit einer moderaten Konjunkturabschwächung. 

Die Folge war der größte Tagesgewinn im S&P 500 sowie im Dow Jones seit Januar. Auch der DAX stürmte nachbörslich erneut über 15.900 Punkte und startete heute früh bei 15.919 Punkten. 

Um 10 Uhr wurden dann die BIP-Daten für Deutschland veröffentlicht, die ebenfalls deutlich schlechter ausfielen als erwartet. Doch auch hier konnte mit +0,2% statt der erwarteten +0,8% ein Abrutschen in negative Werte vermieden werden. Die Reaktion am Aktienmarkt ähnelt der US-Reaktion: Zunächst brach der DAX heftig ein und besuchte erneut die 15.700 Punkte, um anschließend wieder kräftig anzusteigen. 

Ich habe den Eindruck, dass schlechte Konjunkturdaten derzeit eher positiv vom Markt aufgenommen werden, da sie auf ein baldiges Ende der Zinsanhebungen deuten. 

Wenn wir aus diesen Kursschwankungen etwas herauslesen wollen, dann das: Derzeit haben Anleger keinen Schimmer, wie sie Konjunkturdaten interpretieren sollen. Eine Richtungsentscheidung steht an und dürfte erst dann erkennbar sein, wenn der DAX entweder unter 15.600 Punkte, oder über 16.000 Punkte steigt. Bis dahin pendeln wir im Niemandsland. 
 

China als Chance und Bedrohung für Viessmann & BASF



Im Rahmen der Hauptversammlung hat BASF gestern eine detaillierte Einschätzung zur globalen Konjunktur gegeben. Der Chemiekonzern liefert in so ziemlich alle Regionen der Welt und beliefert so ziemlich alle Industrien der Welt. Kaum ein Unternehmen kann einen besseren Einblick in die globale Konjunktur geben. 

Nach dem schwachen Jahresauftakt hält CEO Martin Brudermüller an den Jahreszielen fest, obwohl er Besserung erst im zweiten Halbjahr erwartet. Einzig China und die Automobilindustrie laufen nach seiner Aussage rund, Sorge bereite ihm die Bauindustrie sowie die Nachfrage im Konsumgüterbereich, da hohe Energiekosten und gestiegene Preise (Inflation) zu einer Kaufzurückhaltung führen. 

BASF verzeichnete im ersten Quartal 2023 einen Umsatzrückgang von 13,4% auf 20 Mrd. Euro, hauptsächlich aufgrund deutlich niedrigerer Mengen. Der Gewinn (EBIT vor Sondereinflüssen) lag bei 1,9 Mrd. Euro, ein Rückgang von 31,5% gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Corona-Pandemie belastete weiterhin die Verfügbarkeit von Chemikalien und Materialien, insbesondere in der Automobil- und Luftfahrtindustrie. 

Das Agrargeschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln konnte um 6% wachsen. Auf der anderen Seite verzeichnete insbesondere das Geschäft mit Basischemikalien aufgrund der hohen Energiepreise einen Gewinnrückgang um über 60%. 

Doch das heiße Thema der Hauptversammlung war die 10 Mrd. Euro-Investition von BASF in den Aufbau eines Verbundstandorts im Süden Chinas. Die scharfe Kritik der Aktionäre über die strategische Entscheidung, auf den Systemrivalen China zu setzen, erwiderte Brudermüller mit der Notwendigkeit, dort Geld zu verdienen, um sich den Standort Ludwigshafen in Deutschland leisten zu können. Hierzulande habe man dieses Jahr aufgrund der hohen Energiekosten Verluste in Höhe von 130 Mio. Euro eingefahren. 

Die Energiekrise hat bereits die Abschaltung der Produktion von Ammoniak in Deutschland zur Folge gehabt. Als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands kann BASF die Schuld daran weder Angela Merkel noch Olaf Scholz in die Schuhe schieben, sondern muss die gesellschaftliche Entscheidung akzeptieren. Der Bau des neuen Verbundstandortes in China ist nicht die Antwort auf die Energiekrise der vergangenen Monate, sondern auf die Politik der vergangenen Jahre. 

So ist auch der Verkauf Viessmanns an die Amerikaner natürlich eine Reaktion auf das Verbot von Gas- und Ölheizungen in Deutschland. Oft genug sind deutsche Mittelständler mit innovativen Produkten, wie beispielsweise Wärmepumpen, zu Weltmarktführern aufgestiegen. Doch über Jahre fehlten die Rahmenbedingungen, um der Technologie in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Insbesondere der hohe Strompreis in Deutschland, der auch von Wärmepumpenbetreibern bezahlt werden muss, um die Anlage zu betreiben, hat diese Technologie im Vergleich zu herkömmlichen Heizungssystemen unattraktiv gemacht. Aber auch das fehlende Knowhow im Handwerk war eine Bremse: Ihr Autor hat seit 13 Jahren eine Wärmepumpe und stand in dieser Zeit mehrmals vor Problemen, fachkundige Handwerker aufzutreiben. 

Ein frühzeitiges klares Bekenntnis sowie eine Stromkostenbevorzugung hätte der Technologie geholfen, doch das hatte die Politik nicht erkannt. Nun möchte man mit der Brechstange nachholen, was über Jahre versäumt wurde und Viessmann als einer der wenigen Technologieführer in diesem Bereich brechen die Umsätze für die alte Technologie schneller weg, als man die neue ausbauen kann. Um die finanzielle Durststrecke zu überbrücken, hat sich Viessmann nun einen kapitalstarken Partner aus der USA geholt, bzw. sich ihm an die Brust geworfen. Schade. 
 

Quartalszahlen zeigen gemischtes Bild



Unzählige Unternehmen haben diese Woche Q-zahlen veröffentlicht. Ich erspare uns die Auflistung der einzelnen Ergebnisse, das können Sie in den Massenmedien nachlesen. Kommen wir gleich zu den Erkenntnissen, die wir daraus ziehen können. 

Die Deutsche Bank war im Rahmen der Bankkrise im März unter Beschuss geraten. Innerhalb von zwei Wochen war der Kurs um 25% eingebrochen. Gerüchte über Probleme beim deutschen Branchenprimus machten die Runde, nachdem die Credit Suisse von der UBS übernommen wurde. Doch es handelte sich tatsächlich nur um haltlose Gerüchte, die von Short-Spekulanten platziert worden waren. In Q1 verlor die Deutsche Bank 4% ihrer Einlagen, aber nur 1% sei in Folge der Gerüchte abgezogen worden. Die Auswirkungen der Gerüchte seien also gering, so die Deutsche Bank. 

Dennoch haben wir hier einen Kandidaten, der Einlagen in Milliardenhöhe (2,4 Mrd. EUR) verloren hat, während der Broker FlatexDeGiro Einlagen in Milliardenhöhe (3,3 Mrd. EUR) gewinnen konnte. 

Ungeachtet dieser Vorgänge könne die Deutsche Bank den höchsten Quartalsgewinn seit 10 Jahren ausweisen (+12%). CEO Christian Swing hat ein Aktienrückkaufprogramm in Aussicht gestellt. Die Aktie der Deutschen Bank konnte in Folge der Meldungen um 4% ansteigen. 

Alphabet veröffentlichte durchwachsene Zahlen, das Unternehmen befindet sich unter Zugzwang durch Microsoft, die ChatGPT bei der Suchmaschine Bing einbinden. Gleichzeitig werden die hohen Investitionen von Alphabet kritisiert. Das Unternehmen muss also eine künstliche Intelligenz vorantreiben, ohne die Kosten zu sehr zu strapazieren. Immerhin wächst das Cloudgeschäft noch mit 52%, so dass es sich um ein Jammern auf hohem (Bewertungs-)Niveau handelt. 

Auch Amazon veröffentlichte durchwachsene Zahlen, allerdings wuchs hier das Cloudgeschäft AWS nur noch mit 16%. Anders als bei Alphabet habe ich bei Amazons CEO Andy Jassy den Eindruck gewonnen, dass er das Thema Effizienzsteigerung inzwischen ernst nimmt. Die Kosten, die in der Coronazeit explodiert sind, müssen runter. Er betonte, dass unvermindert in den Ausbau der Logistik investiert werde, denn man wolle Lieferungen am Tag der Bestellung weiter vorantreiben. Doch die vielen Investitionen in Zukunftstechnologien werden geprüft, Kosten werden kritisch beurteilt und schon im laufenden Quartal war die Kostenquote deutlich zurückgegangen. 

Ich bin daher recht optimistisch für Amazon gestimmt. Das Unternehmen hat stets jeden Penny in Investitionen gesteckt. Lediglich in Phasen der Konjunkturschwäche wurden die Programme zurückgefahren und das Unternehmen zeigte dann stets für kurze Zeit, wie viel man verdienen kann. Das führte dann häufig zu einem Aktienkurssprung in den folgenden Monaten. 

Jemand, der das Thema Effizienz zum Schlagwort des Jahres 2023 gemacht hat, ist Mark Zuckerberg, Gründer und CEO von Meta / Facebook. In mehreren Runden wurden bereits tausende Stellen gestrichen. Trotz der starken Kostendisziplin steigen die täglichen Nutzer (DAU) weiter an. Zudem hat Zuckerberg einen Weg gefunden, um weiterhin personalisierte Werbung auszuliefern, obwohl Apple das Tracking auf den iOS-Geräten vor zwei Jahren erschwert bzw. fast unmöglich gemacht hat. 

Investitionen in das Metaversum bleiben hoch, wenngleich die Höhe in Abhängigkeit vom Geschäftsverlauf angepasst wird. Im Metaversum arbeitet Zuckerberg mit künstlicher Intelligenz, mit der dort interagiert werden kann. 

Absoluter Gewinner dieser Berichtssaison ist jedoch Microsoft, die dank des Erfolgs von ChatGPT einen Umsatz- und Gewinnsprung verzeichneten. Offensichtlich kaufen die Kunden nun auch das Office-Paket schneller, da sie dort das Einbinden der KI erleben möchten. 

Soweit ein kurzer Überblick über die ereignisreichste Berichtswoche dieses Quartals. Ein starker Fokus auf Kosteneinsparungen hat dazu geführt, dass die Ergebnisse trotz Konjunkturschwäche nicht so schlecht ausfielen wie befürchtet. Für Q2 zeigen sich Unternehmen sehr vorsichtig, allerdings kommt langsam Optimismus für die zweite Jahreshälfte auf. Schauen wir mal, wie sich diese ereignisreiche Woche in den wichtigsten Indizes niedergeschlagen hat: 
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 28.4., 19:15 Uhr Woche Δ Σ '23 Δ
DAX 15.922  0,5% 14,4%
S&P 500 4.160  0,9% 8,3%
Nikkei 28.856  1,0% 10,6%
Shanghai A  3.484  0,7% 7,6%
Euro/US-Dollar 1,10 0,8% 3,1%
Euro/Yen 150,04 2,0% 6,9%
10-Jahres-US-Anleihe 3,44% -0,12 -0,44
Umlaufrendite Dt 2,45% -0,03 -0,01
Feinunze Gold $1.991  0,8% 9,2%
Fass Brent Öl $79,47  -2,8% -5,0%
Kupfer $8.566  -2,9% 1,6%
Baltic Dry Shipping $1.581  10,4% 4,4%
Bitcoin $29.313  4,2% 76,7%


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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