ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 24. Februar - 28. Februar 2014

Sturm im Wasserglas ...von Stephan Heibel
Ich möchte Ihnen heute aufzeigen, wie ein sich selbst bedingender Erfolg zu Marktverzerrun­gen führen kann. Die Rallye befindet sich in einem späten Stadium, und mich erreichen immer mehr besorgte Leseranfragen: Die einen sorgen sich um einen drohenden baldigen Absturz an der Börse, die anderen sorgen sich um die entgangenen Gewinne aus zu früh ver­kauften oder gar nicht gekauften High-Flyern.

Ich sage es vorweg: Nein, Sie erhalten von mir heute keine alarmierende Warnung vor einem drohenden Kollaps der Börsen. Ich habe im Januar 2000 die völlig überzogen teure Über­nahme von AOL durch Time Warner als Alarm­signal gewertet, doch in den folgenden drei Monaten hat sich der Nasdaq nochmals mehr als verdoppelt bevor es dann drei Jahre lang bergab ging. Von den 500 jungen Internetfir­men, die zur Jahrtausendwende an die Börse gingen, sind in den Folgejahren 300 Pleite gegangen.

Tesla: The sky is the limit

Kommen wir also als erstes zu Tesla: Gründer und CEO Elon Musk wird bereits als neuer Steve Jobs gehandelt, und ich habe die größte Sympathie für ihn. Tesla ist profitabel, und bereits auf Basis der für 2015 erwarteten Zah­len ergibt sich ein KGV von nur noch 55. Doch nun kommt ein Analyst daher und errechnet ein Kursziel von 320 USD, basierend auf dem potentiellen Umsatz und Gewinn, den eine noch zu bauende Batteriefabrik Tesla bringen könnte.

Hier nimmt ein Analyst eine Idee, eine Vision als Grundlage für Berechnungen. Das ist Hum­bug! Keine noch so gute Idee ist ein Erfolg, bevor sie umgesetzt ist.

Elon Musk bringt jedoch einige herausragende Referenzen mit: Er hat PayPal mit gegründet, und PayPal gilt heute als erfolgreichstes Onli­ne-Zahlungsmittel. Er hat damit alte Strukturen der Finanzbranche "zerstört" - "disruptive busi­ness models" nennen die Amerikaner Ideen, die solche zerstörerischen Folgen haben. Und disruptive ist auch Tesla, mit dem Elektroauto zerstört Tesla die Strukturen der Automobilindustrie.

Musk hat noch ein weiteres Geschäft: SolarCi­ty, eine Solarfirma. Die Aktie dieses Unterneh­mens ist im vergangenen Jahr von 13 auf nun­mehr 62 Euro geschossen. SolarCity bringt die Solartechnologie auf die Garagendächer.

Nun fehlt in der Vision Elon Musks noch der Energiespeicher, die Batterie. Große Batterien werden schon in den Tesla-Wagen verwendet. Er möchte gerne ein Stromnetz aufbauen, in dem die durch Solarzellen produzierte Energie in Autobatterien gespeichert werden kann, um nachts abgerufen zu werden, beispielsweise für Beleuchtung und Heizung. Tagsüber kann man mit dem Auto dann fahren, aber meist steht es ja ohnehin auf dem Firmenparkplatz, wo dann auch wieder ein Ladevorgang tags­über durch Solarenergie erfolgen kann.

Leider würde allein Tesla schon in wenigen Jahren sämtliche weltweit produzierten Laptop-Batterien aufkaufen, wenn der Erfolg des Elek­trowagens anhält. Statt die etablierten Batte­riehersteller zu einer Ausweitung der Pro­duktion zu überzeugen hat Elon Musk nun beschlossen, selber die weltweit größte Batte­riefabrik zu bauen, Giga-Factory wird sie schon genannt. 5 Mrd. USD möchte er inve­stieren, 1,5 Mrd. USD hat er sich soeben durch eine Wandelanleihe beschafft.

Die Idee ist nicht neu, diverse Solarworld-Vor­tragsfolien von CEO Frank Asbeck zeigen bereits seit Jahren diese Vision auf. Doch Elon Musk traut man nun zu, diese Vision auch Wirklichkeit werden zu lassen.

Ich wünsche ihm viel Erfolg dafür, und ich wün­sche mir, dass seine Vision Wirklichkeit wird. Ich hätte es auch Frank Asbeck gegönnt. Oder besser noch, es ist mir eigentlich egal, wer die­ser Idee zum Durchbruch verhilft, Hauptsache es gelingt. Doch der Weg dorthin ist weit, und ich verstehe eines nicht: Wie können Analysten davon ausgehen, dass weder Solarfirmen, noch Batteriehersteller, noch Automobilher­steller dem Treiben von Elon Musk untätig zuschauen?

Zudem wird die Giga-Factory als neues Geschäft mit eigenem Umsatz und Gewinn bewertet. Dabei ist diese Giga-Factory eine Notwendigkeit für den angestrebten Wachs­tumspfad Teslas. Die Batterien werden keinen Gewinn abwerfen, sie werden lediglich die Kosten für ein Tesla-Modell niedrig halten.

Nein, Tesla ist nicht zu vergleichen mit den Internetbuden, die keinen Umsatz und ent­sprechend auch keine Gewinne hatten aber dennoch schon Milliarden-Bewertungen aufs Parkett brachten. Tesla hat reale Umsätze und Gewinne, die Tesla-Autos sind real. Das Unter­nehmen ist in meinen Augen tatsächlich "dis­ruptive", es wird in der Automobilindustrie kein Stein auf dem anderen bleiben. Aber die Bewertung von Tesla gerät in meinen Augen nun langsam aus den Fugen.

Tesla hat drei Arten von Aktionären: begei­sterte Elektroautofahrer, institutionelle Momen­tum-Manager und leerverkaufende Hedge­fonds, die auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Sie vermissen "Investoren"? Die gibt es seit etwa 100 Punkten nicht mehr.

Begeisterte Elektroautofahrer: Ich habe Ihnen im vergangenen Sommer von meiner Probe­fahrt berichtet und viele von Ihnen werden sich an meine Begeisterung für das AUTO erinnern. Schon damals fand ich die Aktie zu teuer, das war bei 140 Euro. Inzwischen steht sie bei 180 Euro und ist damit in meinen Augen noch teu­rer. Viele Tesla-Fahrer jedoch schauen jeden Tag begeistert auf den Kursanstieg der Aktie und sehen darin die Bestätigung für die Über­legenheit des eigenen Autos. Dabei wird völ­lig vergessen, dass es Bewertungsmaßstäbe für solche Unternehmen gibt. Nein, solange die Aktie steigt und das Auto begeistert ist die Welt schön, und man denkt nicht über einen Verkauf nach.

Institutionelle Momentum-Manager: Es gibt unzählige Fonds und Anlageinstrumente. Dar­unter befinden sich auch einige, die explizit in Unternehmen mit hohen Wachstumsraten inve­stieren. Wenn ein institutioneller Momentum-Manager ein solches Unternehmen gefunden hat, dann freut er sich monatlich über die großen Kursgewinne, die ihm dieses Unter­nehmen bringt. Er macht Werbung mit diesen Kursgewinnen und wird umgehend neue Kun­den von seinem Anlageprodukt begeistern. Mehr Geld kommt in seine Firma, und er macht genau das, womit er so erfolgreich war: Er kauft mehr Tesla.

Wenn sich dann mehrere solcher Momentum-Manager eingefunden haben, dann treiben diese Käufe allein schon die Aktie weiter nach oben. Und jeden Monat können wieder Rekord-Gewinne im eigenen Anlageprodukt ausge­wiesen werden, die Kunden werden immer mutiger und stecken immer mehr Geld in diese Strategie, und das Geld wird erneut in das gesteckt, was für den Erfolg verantwortlich ist: Tesla. Sie verstehen, worauf ich hinaus will...

Solche Momentum-Manager schauen auf Wachstumsraten, nicht auf Bewertungskenn­ziffern. Entsprechend wird dieses System so lange funktionieren, wie die Wachstumsraten hoch bleiben. Und das ist bei Tesla noch immer der Fall.

Leerverkaufende Hedgefonds auf dem falschen Fuß: Hedgefonds haben es zur Auf­gabe, in steigenden Märkten auch Anla­gemöglichkeiten zu finden, die im Falle eines Aktienmarkteinbruchs besonders heftig leiden werden, um damit die Verluste in anderen Anlagebereichen auszugleichen. Wenn also ein Hedgefonds Tesla mit einem KGV 14e von 250 sieht und ein Kurs/Umsatz-Verhältnis von 15, dann ist er sich sicher, dass damit beim näch­sten Crash dicke Gewinne eingefahren werden können, wenn man auf fallende Kurse setzt. Doch wann kommt der nächste Crash?

Je länger der Crash auf sich warten lässt, desto teurer werden die Leerpositionen. Anders als bei normalen Aktienpositionen müs­sen Sie nämlich bei Leerpositionen, mit denen Sie auf fallende Kurse spekulieren, Sicherhei­ten bei Ihrer Bank hinterlegen. Und je höher die Aktie steigt, desto höher werden die erforder­lichen Sicherheiten. Das Verlustrisiko ist dadurch bei Leerverkäufen theoretisch unend­lich, unzählige Hedgefonds sind daran schon Pleite gegangen.

Wenn die Aktie also so stark steigt, dass die erforderlichen Sicherheiten die Möglichkeiten des Hedgefonds zu überschreiten drohen, wird die Position aufgelöst. Und im Falle einer Leer­position heißt auslösen eben kaufen. Und diese zusätzliche Kaufnachfrage treibt den Kurs weiter in die Höhe.

Lösen Sie sich also bitte von der Vorstellung, dass Investoren das Bewertungsniveau von Tesla bestimmen, und werfen Sie mir bitte nicht vor, dass ich Sie nicht in Tesla gejagt habe.

Strukturen des Telco-Marktes werden zerstört

Facebook ist eine weitere Aktie, die derzeit hochgejubelt wird. Genau wie bei Tesla kann ich auch bei Facebook die Begeisterung nach­vollziehen. Gründer und CEO Mark Zucker­berg hat ebenfalls mit seinen jungen 29 Jahren bereits mehrfach bewiesen, dass er beste­hende Strukturen zerstören kann.

Zunächst hat er MySpace.com vom Markt gefegt, indem er viel mehr Interaktion auf den jeweiligen persönlichen Seiten ermöglichte. Nach der Übernahme von Instagram hat er der Welt gezeigt, dass man auch einen Photo­dienst in soziale Netze integrieren kann, der Pfad für das Geldverdienen durch Instagram ist festgelegt, auch dort wird gezielte Werbung Einzug erhalten.

Sodann hat Zuckerberg selbst mich überrascht, indem er blitzschnell ein scheinbar unlösbares Problem löste: Wie kann man Werbung auf mobilen Endgeräten wie Smartphones unter­bringen. Noch vor anderthalb Jahren hielt ich das für fast unmöglich, heute ist es eine Selbstverständlichkeit.

Und nun hat Zuckerberg den Textnachrich­tendienst WhatsApp gekauft. Will er dort eben­falls Werbung einführen? Nein. Auf der Mobil­funkmesse in Barcelona wurde nun bekannt­gegeben, dass WhatsApp um eine Audio-Funktion erweitert werden soll. Und plötzlich fällt es der Analystenwelt wie Schuppen von den Augen: Ziel ist die Zerstörung der etablier­ten Strukturen im Mobilfunkmarkt.

Schauen Sie sich den Klotz am Bein der Tele­kom an, der Festnetztelefonie heißt. Und nun stellen Sie sich vor, dass dieser Klotz in fünf Jahren nur noch Telefonie heißt. Telefonieren können wir schon lange über das Internet, lediglich das Mobilfunknetz ist noch nicht schnell genug dafür. Audio-Daten beanspru­chen eben mehr Bandbreite, benötigen schnel­lere Datenleitungen als das Surfen im Internet oder das Senden von Textnachrichten.

LTE (4G) ist in Deutschland auf dem Vormar­sch, und die Deutsche Telekom zeigt jedem Interessenten die kalte Schulter, der über die­ses schnelle Datennetz auch Telefonate schicken möchte. Noch. Bei näherem Hin­schauen ist die Entwicklung recht einfach absehbar: Telekomunternehmen werden im Mobilfunkgeschäft den gleichen Niedergang erleben, den sie im Festnetzgeschäft erlebten. Kunden werden es künftig schätzen, nicht mehr unter einer Telefonnummer erreichbar zu sein, sondern über beispielsweise eine E-Mail Adresse immer genau dort angerufen zu wer­den, wo sie sich gerade befinden. Mit Telefon­gebühren die keinen Unterschied machen, ob man mit dem Nachbarn telefoniert oder der Tante in Australien.

Für diese Welt rüstet sich aber nicht nur Face­book, vielmehr ist Facebook tatsächlich ein Nachzügler. Google hat bereits Google Talk, Apple hat Facetime und Microsoft hat Skype. Alle sind technologisch in der Lage, Gespräche auch über das Mobilfunknetz abzuwickeln, doch die Mobilfunkantennen gehören den Mobilfunkunternehmen, und die lassen sich (noch) nicht die Butter vom Brot nehmen.

Die Kunden werden irgendwann entspre­chende Forderungen durchsetzen, und Face­book, Google, Microsoft und Apple stehen bereit. Telefongebühren werden purzeln, und ein guter Teil des Umsatzes der Mobilfunkun­ternehmen wird bei Diensten wie Skype, WhatsApp, Facetime und Google Talk landen. Können wir das heute schon in Zahlen fassen?Nein, genauso wenig wie bei Tesla lassen sich solche Entwicklungen heute schon berechnen.

Aber genauso wie bei Tesla steht Facebook ein Visionär vor, dem Anleger zutrauen, bei dieser Entwicklung ganz vorne mit dabei zu sein.

Facebook notiert aktuell auf einem KGV 14e von 90 und einem KUV von 22. Soll ich Ihnen mal verraten, was für Aktionäre Facebook hat?Nun, begeisterte Social Networker, institutio­nelle Momentum-Manager und leerverkau­fende Hedgefonds, die auf dem falschen Fuß erwischt werden. Den Rest der Story kennen Sie schon.

Momentum-High-Flyer leben gefährlich

Im vergangenen Jahr haben sich einige Gewin­ner an der Börse herauskristallisiert. Doch seit Jahresbeginn scheint es mir, als fließe alles Anlegerkapital ausschließlich in diese Gewin­ner, unabhängig von deren aktuellem Bewer­tungsniveau. Die Aktien schießen parabolisch gen Himmel, und genau da wird es gefährlich.

Nochmals: Verstehen Sie mich nicht falsch: Jedes dieser Unternehmen hat ein gutes Geschäftsmodell, einen herausragenden CEO, und jedes dieser Unternehmen bricht beste­hende Strukturen im Markt auf. Diese Aktien sind mit Recht in die Höhe geschossen, doch inzwischen haben vielfach begeisterte Kunden, Momentum-Manager und Leerverkäufer auf dem falschen Fuß die Kontrolle übernommen.

Stratasys beispielsweise, das führende Unter­nehmen in der Zukunftsbranche des 3D-Druckens. Das KGV 14e steht bei 60, das KUV bei 7. Geht ja noch, werden Sie sagen, aber Stratasys ist kein junges Unternehmen son­dern ein alter Industriekonzern.

Workday, das aufstrebende Cloudunterneh­men, das Personalmanagement anbietet. Gewinne gibt es noch nicht, das KUV steht bei 42. Bei aller Cloud-Euphorie, da komme ich nicht mehr mit.

Netflix wird geliebt für die einfache Bedienung und die Möglichkeit, seine Lieblingsserien genau dann zu schauen, wenn man es möchte. Kabelprovider zittern vor Angst, bald durch das Internet abgelöst zu werden. Die Kunden von Netflix lieben den Dienst und jubeln die Aktie in die Höhe. Das KGV 14e steht bei 240, das KUV bei 7.

Luxusartikelanbieter Michael Kors aus Hong­kong hat mit seinen Handtaschen den Geschmack der Gesellschaft getroffen, Kunden zahlen jeden Preis - für Handtaschen als auch für die Aktie. Das KGV von 34 geht noch, aller­dings stimmt das KUV von 7 für einen Einzel­händler sehr nachdenklich.

Ebenso Sport-Funktionskleidunganbieter Under Armour, der auf einem KGV von 77 und einem KUV von 6 notiert. Auch hier haben die exorbitanten Wachstumsraten des Vorjahren für eine Übertreibung gesorgt.

Biotech-Unternehmen Regeneron hat eine Augenbehandlung auf den Markt gebracht, die für Patienten wesentlich leichter anwendbar ist: Nur noch halb so viele Spritzen direkt ins Auge. Die Aktie steht auf einem KGV von 89 und einem KUV von 15. Da wird die Eroberung der Welt ebenfalls schon als gegeben vorausgesetzt.

Chipotle Mexican Grill habe ich selbst in New York lieben gelernt. Gesunde Tacos! Die Kun­den zahlen auch hier jeden Preis für die Tacos als auch für die Aktie. Ein KGV von 53 und KUV von 6 sprechen auch hier Bände. So schnell kann eine gesunde Fast-Food-Kette gar nicht expandieren, um diese Bewertung irgendwann einmal einzuholen.

Yelp haben wir ja schon mehrfach im Portfolio gehabt und konnten ein wenig von dem Hype profitieren. Doch auch dort ist das Bewer­tungsniveau mit einem KGV von 260 und einem KUV von 28 ein wenig zu hoch für mei­nen Geschmack.

Es gibt also jede Menge High-Flyer, die nur deswegen weiter steigen, weil sie eben stei­gen. Weil Momentum-Manager nach Perfor­mance lechzen und einen teuflischen Kreislauf losgetreten haben. Wie weit das noch gehen kann, werde ich im Kapitel 04 näher untersuchen.

Schauen wir zunächst einmal auf die Wochen­entwicklung der wichtigsten Indizes:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 27.02.2014 Änderung Vorwoche
Dow Jones 16.273 0,9 %
DAX 9.588 -0,3 %
Nikkei 14.841 -0,2 %
Euro/US-Dollar 1,37 0,0 %
Euro/Yen 139,49 -0,7 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,64 % -0,11 %
Umlaufrendite Dtl. 1,33 % -0,01 %
Feinunze Gold 1.330 $ 0,8 %
Fass Brent Öl 108,64 $ -1,3 %
Kupfer 7.083 $ -1,4 %
Baltic Dry Shipping 1.250 7,4 %

Genau wie in den beiden Vorwochen laufen die Aktienindizes weitgehend seitwärts während Einzeltitel teilweise heftige Ausschläge vollzie­hen. Wie angekündigt wird es immer wichtiger, die richtigen Aktien im Portfolio zu haben. Rich­tig heißt in diesem Umfeld auch, dass man die eine oder andere der oben genannten Momen­tum-Aktien hält, denn genau das sind die Akti­en, die derzeit am stärksten steigen. Das heißt allerdings auch, dass wir nunmehr besonders aufmerksam sein müssen, um eine eventuelle Kehrtwende der Börsen frühzeitig zu erkennen. Bislang werden jedoch jegliche Korrekturen sofort gekauft und binnen 24 Stunden notieren die Indizes wieder auf dem ursprünglichen Niveau.

Der Goldpreis klettert kontinuierlich weiter nach oben. Keine spektakuläre Rallye, aber in den ersten beiden Monaten des Jahres hat das Gold bereits um 11% zugelegt - während die Aktienindizes um den Nullpunkt pendeln.

Schauen Sie sich mal das Zinsniveau an: Seit der Ankündigung Bernankes, die Liquiditäts­flutung (QE3) zu drosseln (tapering), war das Zinsniveau angesprungen. Im Mai vergange­nen Jahres betrug die Rendite der 10-Jahre laufenden US-Anleihen noch 1,61%, zum Jah­reswechsel stand die Rendite bei 3,04%. Damit haben sich die Kosten für Kredite fast verdoppelt! Auch die in Deutschland aus­schlaggebende Umlaufrendite hat sich in die­sem Zeitraum von 0,98% auf bis zu 1,67% entwickelt.

Inzwischen ist das Zinsniveau wieder zurück­gekommen, die Umlaufrendite auf 1,33% und die US-Rendite auf 2,64%. Das ist gut für die Wirtschaft, schlecht für die Banken.

Unternehmen kommen mit jedem Zinsniveau zurecht. Wenn die Zinsen höher stehen, wer­den halt weniger Investitionen eingegangen. Nur die aussichtsreichsten Investitionen ver­sprechen einen Rückfluss, der die hohen Kre­ditzinsen übersteigt. Doch hohe Zinsen sind gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass es der Wirt­schaft gut geht. Insofern ist das absolute Zins­niveau nicht erfolgskritisch für die Konjunktur. Wichtig ist nur das relative Verhältnis zur Inflation.

Doch ein Problem kann es geben: Wenn das Zinsniveau zu schnell steigt, dann können sich Unternehmen nicht auf das neue Zinsniveau einstellen. Eingegangene Investitionen, die häufig mit variablem (also vom Zinsniveau abhängigen) Zins vereinbart wurden, werden plötzlich zu teuer. Ja, anders als bei Ihrer pri­vaten Hausfinanzierung legen Unternehmen bei Investitionen den Kreditzins selten für lange Laufzeiten fest. Entsprechend abhängig sind sie von der Zinsentwicklung.

Steigt der Zins über mehrere Jahre langsam und kontinuierlich an, dann können sich Unter­nehmen auf diese Entwicklung einstellen. Springt der Zins jedoch überraschend in die Höhe, wie im vergangenen Jahr, dann werden die Kreditkosten einigen Unternehmen über den Kopf wachsen, es wird Pleiten geben oder zumindest Stornierungen von Investitionen, und das beeinträchtigt dann nicht nur das Unternehmen selbst sondern auch die Kon­junktur negativ.

Ein langsam steigendes Zinsniveau ist also wünschenswert, und vor diesem Hintergrund ist die Konsolidierung des Zinssprungs aus dem vergangenen Jahr nun sehr zu begrüßen. Es ist ein wesentlicher Faktor der Rallye, die wir derzeit sehen. Entsprechend aufmerksam müssen wir auch das Zinsniveau beobachten: Steigt es wieder kräftig an, dann sollten wir unser Aktienengagement reduzieren.

Für Banken hingegen gilt das nicht. Banken verdienen den Großteil ihres Gewinns aus der Zinsdifferenz. Kredite werden zum langfristigen Zins ausgegeben, und die Bank refinanziert sich am kurzfristigen Markt. Ein Unterneh­menskredit wird also derzeit zu (je nach Unternehmen) beispielsweise 4% auf fünf Jahre ausgegeben, die Bank holt sich das Geld jedoch von der EZB zu 0,25% zurück. Die Zins­differenz ist der Gewinn der Bank.

Je höher also die langfristigen Zinsen steigen, während der Leitzins nahe der Nulllinie bleibt, desto größer ist der Gewinn im Bankensektor.

Für eine breite Rallye, eine Aktienmarktrallye also, die möglichst viele Branchen mitnimmt, brauchen wir unbedingt auch steigende Ban­kaktien. Das war in den ersten beiden Mona­ten des Jahres 2014 kaum der Fall - lediglich einige Sondereffekte führten bei Einzeltiteln zu steigenden Kursen - und daher steht die Rallye derzeit meiner Definition zufolge auf wackeli­gen Beinen. Entweder die Banken ziehen bald an, oder es wird haarig.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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