ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 24. Juni - 28. Juni 2013

Bernanke & Draghi suchen Yin & Yang ...von Stephan Heibel
Vergangene Woche hat US-Notenbankchef Ben Bernanke den Anfang vom Ende der Liqui­ditätsflutung in Aussicht gestellt. Er hat dies so vorsichtig formuliert wie möglich, dennoch haben die Finanzmärkte heftig darauf reagiert. 

Die Rückführung der Liquiditätsflutung sei abhängig von der weiteren Konjunkturent­wicklung, hat er gesagt. Das sollte allen Anle­gern klar machen, dass er nur dann Liquidität aus dem Markt nehmen wird, wenn die Kon­junktur damit nicht beeinträchtigt wird. Den­noch haben Anleger ad hoc Anleihen auf den Markt geworfen. Die Rendite für die 10-Jahre laufende US-Staatsanleihe sprang von 2,1%auf 2,6%. Am 22. Mai, als Bernanke erstmals das Wort "Tapering", derzeit in den USA das Synonym für die Rückführung der Liquiditäts­flutung, in den Mund nahm, stand die Rendite noch unter 2%.

Anleger kaufen Anleihen, um ihr Vermögen zu "erhalten" und um einen erträglichen Zinsfluss zu bekommen. Die Zinsen waren in den ver­gangenen Jahren kläglich. Doch die Gefahren an den Aktienmärkten waren groß, sodass viele sicherheitsorientierte Anleger mit den niedrigen Zinsen zufrieden waren.

Die Erwartung steigender Zinsen führt dazu, dass eine Anleihe, die heute beispielsweise mit 2% verzinst wird, in einem Umfeld von 4% Zin­sen nur mit einem heftigen Abschlag verkauft werden kann, um den niedrigen Zins zu kom­pensieren. Wer kauft schon eine 2%-Anleihe, wenn es 4%-Anleihen gibt? Da muss man im Preis kräftig entgegenkommen, wenn man das Ding loswerden will. Diese Erwartung nimmt der Preiseinbruch am Anleihemarkt nunmehr vorweg.

Für Banken wiederum ist ein moderat steigen­der Zins vorteilhaft. Sie können die Kreditzin­sen für drei oder fünf Jahre laufende Finanzie­rungen erhöhen, während sie gleichzeitig nach wie vor das für den Kredit erforderliche Geld täglich neu zu 0,1% bei der Notenbank leihen. Der Zinsgewinn steigt also.

Doch der Zins darf aus Sicht der Notenbank nicht zu schnell ansteigen. Viele Unternehmen und in den USA auch viele Häuslebauer finan­zieren sich mit variablen Zinsen, die sich am Tageszins orientieren. Moderat steigende Finanzierungskosten können in der Regel durch die parallel anziehende Konjunktur wett­gemacht werden. Die Geschäfte laufen bes­ser, das Einkommen steigt.

Steigt der Zins jedoch zu schnell, dann geraten viele Finanzierungen aus dem Ruder. Es kommt wieder zu einer Pleitewelle, die übri­gens nicht nur die finanzierenden Unterneh­men schädigt und auch nicht nur die Häusle­bauer, sondern auch die Banken, die dann steigende Ausfälle beklagen. Das ganze System kommt ins Wanken.

Es ist also klar: Die Jahrzehnte der fallenden Zinsen neigen sich dem Ende. Doch schnell ansteigende Zinsen wären Gift für die Trend­wende und könnten sie schlimmstenfalls sogar in Frage stellen. Bernanke muss also bei die­ser Trendwende sehr vorsichtig vorgehen. Mit seinen Worten muss er die Finanzmärkte und die Wirtschaft auf steigende Zinsen vorberei­ten, doch er muss ihnen gleichzeitig auch zei­gen, dass es noch genügend Zeit gibt um sich darauf vorzubereiten. Bernanke muss das rich­tige Gleichgewicht in seinen Worten finden, er braucht ein ausgewogenes Yin & Yang.

EZB-Chef Supermario Draghi geht das Pro­blem von einer ganz anderen Seite an: Ein Konjunkturaufschwung ist in Europa noch nicht in Sicht, bestenfalls sprechen wir von einer Stabilisierung der Konjunktur, also ein Ende des Konjunktureinbruchs. Insbesondere die Club-Med Länder haben nun Angst vor einem baldigen Ende der Liquiditätsflutung durch die EZB. Draghi ruft in diese Verunsicherung hin­ein, dass er gegebenenfalls bereit sei, den Leit­zins weiter zu senken und auch weitere "un­konventionelle" Schritte zu gehen.

Insbesondere vor dem Hintergrund der nach wie vor recht robusten deutschen Wirtschaft ist diese Aussage natürlich kritisch. Draghi muss ganz Europa mit einer Geldpolitik beglücken, die kaum auf regionale Unterschiede eingehen darf. So muss er nunmehr den Club-Med Län­dern Zuversicht vermitteln, Versprechungen, damit die dortigen Unternehmen Mut fassen, investieren und dadurch tatsächlich für eine Bodenbildung, vielleicht sogar bald einen Auf­schwung sorgen, während er gleichzeitig den Deutschen die Angst vor einer inflationären Geldpolitik nehmen muss. Wollen wir also hof­fen, dass seine "leeren Versprechungen" bereits die gewünschte Wirkung erzielen.

Auch Draghi ist also auf der Suche nach dem Gleichgewicht, dem Yin & Yang.

Kommen wir also zum Yin & Yang: Auch in China sucht man nach dem richtigen Weg für ein anhaltendes, stabiles Wirtschaftswachstum ohne die Spitzen der vergangenen Jahrzehnte. Sie erinnern sich: China ist in guten Zeiten mit Wachstumsraten von 13% oder 14% Lokomo­tive der Weltwirtschaft gewesen, in schlechten Zeiten hingegen zog China in der jüngsten Zeit immer stärker die Weltwirtschaft mit in den Abgrund.

Die neue Regierung möchte diese starken Schwankungen beenden und das Wachstum auf stabile 7-7,5% begrenzen. Seien Sie nicht überrascht, für ein Schwellenland wie China mit einer jungen, aufstrebenden Bevölkerung sind diese Wachstumsraten tatsächlich mode­rat. Sie sind nicht zu vergleichen mit unseren 1,5% Wachstum auf hohem Niveau mit altern­der Bevölkerung.

Dazu müssen die Exzesse der Vergangenheit bereinigt werden. Vergangene Woche bei­spielsweise hat man eine harte Linie gegen­über Banken gefahren, die Liquiditätsengpässe hatten. Viele Banken seien zu hoch gehebelt und müssen ihr Geschäft in den Augen der neuen Regierung zurückfahren. Mit Worten kommt man solchen Glücksrittern nicht bei, also müssen Schockwellen durch das Finanz­system geschickt werden, um die Banken zur Vernunft zu bringen. Eine solche Schockwelle haben wir am Wochenende erlebt, als wider Erwarten KEINE Liquiditätshilfen durch die Regierung für die klammen Banken bewilligt wurden.

Die Erinnerung an Lehman Brothers 2008 kam hoch, denn wenn eine Bank tatsächlich Pleite ginge, könnten die Schockwellen gigantisch sein, so die Befürchtung.

Zu Unrecht, wie ich meine, denn im Kommu­nismus hat die Regierung einen besseren Ein­blick in das Geschäft ihrer Genossen als im Kapitalismus der USA. Zudem ist die Finanz­welt heute wesentlich stabiler und könnte sol­che Schocks besser auffangen.

Zudem kam es nicht zu einem solchen Schock, denn als die Panik durch das chinesische Finanzsystem geisterte, griff die Regierung am vergangenen Dienstag dann doch in die Schatztruhe und schüttete wieder die gewünschte Liquidität über die Märkte.

Die Botschaft ist angekommen: Der Hebel der Kreditgeschäfte chinesischer Banken muss zurückgeführt werden. Die Weltmärkte sind informiert und werden sich auf weitere Turbu­lenzen aus China einstellen.

Schauen wir einmal, wie die wichtigsten Indi­zes auf diese Turbulenzen reagiert haben:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 27.05.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 15.024 1,8 %
DAX 7.991 0,8 %
Nikkei 13.667 3,3 %
Euro/US-Dollar 1,30 -1,1 %
Euro/Yen 129,01 0,2 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,48 % 0,06 %
Umlaufrendite Dtl. 1,40 % 0,05 %
Feinunze Gold 1.204 $ -7,0 %
Fass Brent Öl 103,19 $ 0,7 %
Kupfer 6.785 $ -0,9 %
Baltic Dry Shipping 1125 11,2 %

Im Wochenverlauf gab es heftige Verluste, die nach der Liquiditätsspritze Chinas am Dienstag wieder mehr als ausgeglichen wurden. Es bleibt jedoch die Erkenntnis, dass in China bis auf weiteres keine zweistelligen Wachstums­raten mehr zu erwarten sind.

Es bleibt ebenfalls die Erkenntnis, dass die Zei­ten der lockeren Geldpolitik zu Ende gehen -nicht nur in den USA, sondern auch in China. Entsprechend ist der Inflationsschutz Nr. 1, das Gold, diese Woche nochmals kräftig ausver­kauft worden. Ein wichtiger Nährboden für die Goldhausse ist weg.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Zurück zu Kapitalanlagen
  • Aktuell 2.0/5 Sterne.
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
2.0 von 13 Stimmen
 

© 2024 by ARNOLD & PARTNER

Diese Website verwendet Cookies zur Steigerung von Funktionalität und Leistungsfähigkeit. Durch die weitere Nutzung unserer Website erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Schließen