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Wochenrückblick 24. September - 28. September 2018

Trump wichtiger als Powell ...von Stephan Heibel
Die US-Notenbank Fed hat diese Woche den US-Leitzins um 0,25% auf 2-2,25% angehoben. Dieser Schritt war erwartet worden. In einer ersten Reaktion stiegen die Aktienmärkte an, doch anschließend kam es zu einem Ausverkauf. Was ist da los?

Höhere Zinsen machen die Finanzierung von Investitionen teurer, dadurch wird das Wirtschaftswachstum gedämpft, höhere Zinsen schaden den Unternehmensgewinnen. Gewinne sind jedoch die wichtigste Komponente bei der Bewertung von Aktien, entsprechend führen steigende Zinsen zu fallenden Aktienkursen.

Doch diese einfache Argumentationskette gilt nicht für alle Unternehmen. Für den Bankensektor beispielsweise bedeuten höhere Zinsen sofort höhere Einnahmen von den Zinsen auf ausstehende Kredite. Bankaktien steigen also in der Regel nach Zinsanhebungen. Doch die Reaktion auf die Zinsanhebung dieser Woche ist wesentlich differenzierter, weil es noch jede Menge andere Effekte gibt, die mit hineinspielen.

Zunächst einmal sind die Bankaktien diese Woche kräftig eingebrochen, das gilt auch für den Finanzsektor in Deutschland. Zunächst wurden Gerüchte über eine mögliche Zusammenlegung der beiden größten Banken Deutschlands diskutiert, weil weder die Deutsche, noch die Commerzbank alleine im internationalen Wettbewerb bestehen könne, so das Argument. Da ein solcher Zusammenschluss als ziemlich unwahrscheinlich gesehen wird, blieb die Feststellung, dass die beiden alleine nicht bestehen können, in den Köpfen der Anleger haften.

Heute kommt dann noch die Meldung hinzu, dass sich die italienische Regierung statt mit 1,6% des italienischen Bruttoinlandsproduktes im kommenden Jahr mit 2,4% davon neu verschulden möchte. Auf dem Weg zu einer Haushaltskonsolidierung des angeschlagenen EU-Giganten (Gigant, wenn es um die Staatsverschuldung geht) ist das natürlich ein Schlag ins Gesicht und der gesamte europäische Bankensektor gerät unter Beschuss. Insbesondere die Deutsche und die Commerzbank, die direkt italienische Staatspapiere in der Bilanz führen, werden heute ausverkauft.

eine kleine Randbemerkung sei mir erlaubt: Gemäß der europäischen Maastricht-Kriterien darf sich Italien mit bis zu 3% vom BIP neu verschulden, diese Marke wurde nicht gerissen. Natürlich haben sich die Europäer mehr Disziplin von den Italienern gewünscht. Aber erwartet haben dürfte das kaum jemand. Von daher kommt mir der aktuelle Ausverkauf übertrieben vor.

Erschwerend für den Banksektor kommt hinzu, dass in den USA zwar das Zinsniveau "am kurzen Ende" steigt, also Zinsen auf kurzfristige Kredite bis hin zu den Übernacht-Ausleihungen, steigen in den USA. Jedoch zieht das "lange Ende", also der Zins auf viele Jahre laufende Kredite, nicht mit. Somit ist das Gegenteil dessen der Fall, was vorteilhaft für die Banken wäre: Die Zinsdifferenz zwischen kurz- und lang laufenden Krediten wird kleiner statt größer.

Okay, dieses Phänomen ist derzeit nur in den USA zu beobachten, denn in Europa gab es noch keine Zinsanhebung und entsprechend hält sich der Anstieg am kurzen Ende hier in Grenzen. Aber die Gründe hinter der Entwicklung in den USA könnten dann im kommenden Jahr auch in Europa gelten: Zinsen am langen Ende steigen, wenn Unternehmen in die Zukunft investieren und diese Investitionen mit Krediten finanzieren. Doch Unternehmen weltweit wurden nach der Finanzkrise 2007 bis 2009 gezwungen, ihre Bilanz aufzubessern und so sitzen die größten Unternehmen heute auf Barbeständen, die historisch ihresgleichen suchen. Sprich: die meisten Investitionen können aus eigener Tasche finanziert werden.

Langfristige Kredite werden also nicht von Unternehmen nachgefragt, sondern derzeit überwiegend von Regierungen. Gleichzeitig gibt es eine sehr große Nachfrage seitens Anlegern nach den vermeintlich sicheren Häfen in sich gut rentierenden US-Anleihen. Es gibt einen Nachfrageüberhang, was einen Zinsanstieg am langen Ende verhindert.

Diese Entwicklung wurde zudem auch noch von Fed-Chef Jay Powell bestätigt. Er sagte, er sehe derzeit keinerlei Anzeichen für eine anziehende Inflation. Erst Inflation führt zu steigenden Zinsen am langen Ende, doch davon ist laut Powell nichts in Sicht.

Entsprechend wurden also Banken trotz der Zinsanhebung in den USA hüben wie drüben ausverkauft. Und so ist auch zu erklären, warum der Immobiliensektor in der abgelaufenen Woche mit am besten gelaufen ist, denn Immobilienfinanzierungen bleiben auf absehbare Zeit günstig.

Auch in anderen Branchen ist die Reaktion weniger auf die US-Zinsentscheidung zurückzuführen als vielmehr auf eine Vielzahl individueller Ereignisse. Einmal mehr hat US-Präsident Donald Trump überrascht. In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung schlug er einen aggressiven Tonfall gegenüber so ziemlich allen Partnern der USA an, außer gegenüber Kim Jong Un, und so langsam zweifeln auch die letzten Trump-Unterstützer an der Verhältnismäßigkeit seiner Angriffe.

Der raue Tonfall hat auch die deutsche Automobilindustrie verschreckt, die einmal mehr ein Stückchen Hoffnung auf eine gütliche Einigung im Handelsstreit mit den USA verlor. Auch die Chemie- und Industriebranche wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Ich glaube, die Reaktion an den Aktienmärkten in der abgelaufenen Woche ist auf Trumps Rede zurückzuführen und nicht auf die Zinsanhebung. Dafür spricht auch, dass sich Aktien der defensiven Branche Gesundheitssektor verhältnismäßig gut gehalten haben, auch viele Versorgeraktien konnten diese Woche zulegen - einmal ausgenommen die beiden schwarzen Schafe Tele Columbus (-9%) und SMA Solar (-28%, dort wurde die Entscheidungsträge Chinas, kein Solar mehr zu fördern, von Anlegern lange ignoriert).

Aber auch Aktien aus dem Einzelhandel sowie aus der Tech-Branche hielten sich diese Woche recht gut. Das alles spricht dafür, dass man keine globale Konjunkturschwäche durch die US-Zinsanhebung fürchtet, sondern eher einen sich aufheizenden Handelsstreit.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

 
INDIZES 27.9.18 Woche Δ Σ '18 Δ
Dow Jones 26.440  -0,8% 6,5%
DAX 12.436  0,9% -3,7%
Nikkei 23.797  0,5% 4,5%
Shanghai A  2.924  2,3% -15,6%
Euro/US-Dollar 1,16 -1,2% -2,9%
Euro/Yen 132,23 -0,5% -2,0%
10-Jahres-US-Anleihe 3,06% -0,02 0,63
Umlaufrendite Dt 0,33% 0,03 0,05
Feinunze Gold $1.184  -2,1% -9,1%
Fass Brent Öl $81,59  3,7% 22,6%
Kupfer 6.257  3,3% -12,6%
Baltic Dry Shipping 1.524  9,2% 11,6%
Bitcoin 6.661  3,0% -52,1%



Heute sieht es ziemlich düster aus im DAX (aktuell -1,7%), daher ist die Wochenperformance mit +0,9% bis gestern Abend nicht gerade aussagekräftig. Nach einer Erholung an den internationalen Aktienmärkten in der Vorwoche hat sich diese Woche eine Seitwärtsbewegung durchgesetzt, die erst am heutigen Tag nach unten verlassen wird. Ganz ähnlich sieht es im Dow Jones aus.

In Asien hingegen zeigen sich Nikkei und Shanghai A-Aktienindex robust. Der feste US-Dollar wird dort positiv gesehen, denn Exporte aus Japan und China werden dadurch günstiger.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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