ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 26. August - 30. August 2013

Kriegsgerassel belastet die Börsen ...von Stephan Heibel
Ich würde die Situation nach der Finanzkrise 2008 als "Anlagenotstand" bezeichnen. Die Zinsen waren nahe Null, Staatsanleihen waren nicht mehr attraktiv. Bei Unternehmensanleihen musste man schon genau hinschauen, um bei hochverzinsten Anleihen nicht am Ende auf einem Pleitekandidaten zu sitzen. Die Anleihen guter Unternehmen boten nicht viel höhere Zin­sen als Staatsanleihen und waren somit eben­falls unattraktiv.

So blieb den traditionellen Anleiheanlegern nichts anderes übrig, als auf Aktien mit verläs­slich hoher Dividendenrendite umzuschwen­ken. Und da sind die Vertreter der Packaged Goods (verpackte Produkte), wie es im Engli­schen heißt, willkommen. Sie erwirtschaften einen konstanten Umsatz, da die Produkte des alltäglichen Lebens auch in Zeiten der Kon­junkturschwäche unvermindert gekauft wer­den. Wer verzichtet schon auf das morgendli­che Rasieren oder auf's Haarewaschen? Und kaum jemand spart an diesen Produkten die 40 Cent Preisunterschied zum billigen Wettbe­werber. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Der Gewinn konnte durch Sparprogramme und Restrukturierungsmaßnahmen kontinuierlich erhöht werden. Technologischer Fortschritt, Nutzung von Billiglohnländern und ähnliche kleine Änderungen sorgten immer wieder für positive Überraschungen bei den Quartals­zahlen.

Und dann war da noch die Phantasie der Schwellenländer. Wenn wir unsere täglichen Gewohnheiten auf die Schwellenlänger über­tragen, dann ist eine Umsatzverzehnfachung allein aus Sicht der Bevölkerungszahlen nicht nur möglich, sondern fast schon logisch ... oder?

Nein, das ist nicht logisch. Die Schwellenländer sind noch weit davon entfernt, eine so breite Mittelschicht aufzubauen wie wir sie haben. Die bisherigen Erfolge sind in meinen Augen dadurch bestimmt, dass die dortige Ober­schicht prozentual um ein Vielfaches größer ist als bei uns. Und diese Schicht hat flugs die Gewohnheiten der westlichen Welt übernom­men. Vielleicht haben einige Produkte auch schon die Mittelschicht erobert, doch die ist viel kleiner als wir uns das vorstellen.

Im nächsten Schritt wird meiner Ansicht nach leider nicht die Mittelschicht stark ansteigen. Vielmehr erwarte ich gerade für die Mittel­schicht, die für unsere Unternehmen so wichtig ist, schwere Zeiten. Schauen wir uns die jüng­sten Entwicklungen einmal näher an:

In Indien gerät die Inflationsrate aus dem Ruder. In Brasilien haben die jüngsten Unruhen gezeigt, dass die Unterschicht noch einen wei­ten Weg vor sich hat, bevor sie sich Mittel­schicht nennen kann. In China werden die Immobilienkredite gekürzt und stattdessen staatliche Konjunkturprogramme für Brücken und Infrastruktur aufgelegt, was erst später dem Volk zugute kommt. Und die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen vereisen sich gerade wieder aufgrund der Auseinan­dersetzung in Syrien.

Zudem erwartet man in den USA nun stei­gende Zinsen. Zu Zeiten der Null Prozent Zin­sen hat sich das amerikanische Investitions­kapital auf den Weltmärkten nach besseren Anlagemöglichkeiten umgeschaut. Nicht nur die Nestlés der Welt waren da gefragt, auch Direktinvestitionen in den BRICs hatten Hoch­konjunktur. Diese Direktinvestitionen haben die Konjunktur der Schwellenländer positiv beeinflusst. Mit steigenden Zinsen dürften diese Direktinvestitionen künftig nachlassen. Es wird weitere Konjunkturprogramme geben müssen, um die angestrebten Wachstumsraten auch zu erzielen. Insbesondere Indien ist bereits zu hoch verschuldet, um hier noch Spielraum zu haben.

Klar, die USA ist nicht die ganze Welt. Wenn in den USA die Zinsen steigen, dann heißt das noch lange nicht, dass sie hier in Europa auch steigen. Doch für die Anleger dieser Welt ist das egal. Nach Jahren der fallenden und sodann niedrigen Zinsen ist nunmehr die Phase der steigenden Zinsen eigeläutet. Ob wir in Europa in ein oder drei Jahren nachzie­hen, spielt da nur eine untergeordnete Rolle. Klar ist, dass sich die Direktinvestitionen in den Schwellenländern nicht mehr ausweiten wer­den. Klar ist auch, dass die Nestlés dieser Welt vor dem Hintergrund gesundender Wirtschaf­ten hüben und drüben heute schon nicht mehr so gefragt sein werden wie zuvor. Warum sollte ein Anleger auf die letzten paar Prozent Kurs­gewinn setzen, wenn der Löwenanteil des Kursanstiegs bereits erfolgte?

Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes in der abgelaufenen Woche entwickelt haben:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 29.08.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 14.841 -0,8 %
DAX 8.195 -2,4 %
Nikkei 13.389 -2,0 %
Euro/US-Dollar 1,32 -0,8 %
Euro/Yen 129,79 -1,7 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,75 % -0,15 %
Umlaufrendite Dtl. 1,52 % -0,02 %
Feinunze Gold 1.396 $ 1,5 %
Fass Brent Öl 115,13 $ 4,6 %
Kupfer 7.136 $ -2,9 %
Baltic Dry Shipping 1.136 -1,9 %

Ewig konnte sich der DAX dem Kurseinbruch der USA nicht entziehen, und so holte er diese Woche nach, was Dow Jones und S&P 500 bereits in den Vorwochen erlebten. Insbeson­dere die überaus erfreulichen Konjunkturdaten in Europa sorgen dafür, dass man eher früher denn später fürchtet, die EZB werde ebenfalls die lockere Geldpolitik zurückfahren.

Der Konflikt in Syrien hat nun mit etwas Verzö­gerung doch noch zu einem heftigen Preisan­stieg auf den Ölmärkten geführt. Auch das Gold ist als sicherer Hafen wieder gefragt. Steigt der Ölpreis, so schwächt das die Welt­wirtschaft. Entsprechend sind die Weltbörsen diese Woche ins Minus gedreht, der Kupfer­preis als Thermometer der Industrie ist gefal­len. Und, oh Wunder, Anleger suchen wieder die Sicherheit von Anleihen, die Rendite ist ebenfalls gefallen (Zur Erinnerung: Steigende Anleihepreise führen zu fallenden Renditen).

Der Einsatz chemischer Waffen in Syrien erfor­dert eine Antwort der Weltgemeinschaft. Da ist man sich einig. Doch wie soll die Antwort aus­sehen? In Großbritannien konnte Premier Cameron nicht genügend Unterstützung für eine militärische Antwort finden. Die meisten Länder pochen darauf, das Thema der UN zu überlassen, wo Russland jedoch jede militäri­sche Aktion mit einem Veto vereiteln wird.

Gleichzeitig kommen in den USA nun wieder Ängste über die Budgetobergrenze auf: Der US-Haushalt hat wieder einmal die Obergrenze erreicht, und Obama braucht eine erneute Eini­gung mit der Opposition, um einen Kollaps der US-Finanzen zu verhindern. Beide Seiten zei­gen sich natürlich im Vorfeld der Verhandlun­gen hart, was die Börsen belastet.

Jemand, der diese Ungewißheit ausgleichen könnte, heißt Ben Bernanke. Doch der ist amts­müde und wird im Januar 2014 abtreten.

Ich würde sagen: "Da braut sich was zusam­men."


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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