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Wochenrückblick 27. März - 31. März 2023

Bankbranche beruhigt sich, Tesla und Alibaba machen Schlagzeilen ...von Stephan Heibel

Bewertungsfehler bei Tesla



Jeder Analyst hat eine Meinung zu Tesla. Sehr viele Analysten haben ihre Meinung auch in Zahlen ausgedrückt und entsprechende Kursziele ausgerechnet. Diese Ziele waren beides, entweder zu hoch, oder zu niedrig. Nur eines waren sie nie: richtig. 

Woran liegt das? Was macht es so schwer, ein vernünftiges Kursziel für Tesla zu errechnen? 

Ein amerikanischer Analyst, der sich auf die DCF-Analyse verlässt, hat eine ausführliche Analyse seiner Fehler der vergangenen 13 Jahre vorgenommen und veröffentlicht (als E-Mail, daher kann ich Ihnen keinen Link geben). Ein DCF-Modell (Discounted CashFlow) schätzt die Cashflow-Entwicklung der Zukunft, macht dafür Annahmen und errechnet einen abdiskontierten Wert für die Gegenwart, der dann als „fairer” Wert bezeichnet wird. Ich habe die wichtigsten Erkenntnisse für Sie herausgezogen. 

Der Umsatz ist von 2010 bis 2022 von 117 Mio. USD auf 81 Mrd. USD gestiegen. Allein in der Corona-Zeit sprang der Umsatz um 250% an. Die Gewinnmarge von Tesla stieg für das Rekordjahr 2022 auf 16,6% und ist damit deutlich höher als bei allen anderen Autobauern. 

Schon im Jahr 2010 galt Tesla mit einer Marktkapitalisierung von 2 Mrd. USD als kolossal überbewertet. Zwischenzeitlich brachte Tesla inzwischen bereits 1 Billionen USD auf die Waage, eine Verfünfhundertfachung. 

Als ersten Fehler macht der Analyst ein Unterschätzen des Wachstumspotentials Teslas aus. Im Jahr 2013 habe er in seinem DCF-Modell ein exorbitantes Wachstum für 10 Jahre angenommen, danach jedoch kein weiteres Wachstum mehr eingerechnet. Für 2023 rechnete er mit einem Jahresumsatz von 64 Mrd. USD und lag damit gar nicht so weit weg von den tatsächlichen Zahlen: Für 2022 hat Tesla einen Jahresumsatz von 73 Mrd. USD vermeldet. 

Allerdings konnte sich der Analyst nicht vorstellen, dass Tesla einen größeren Marktanteil erobern würde als eine E-Mobilitätsnische. Immerhin gab es über Jahrzehnte im Automobilsektor keinen neuen Wettbewerber für die etablierten Weltkonzerne. Marktanteile verschoben sich nur geringfügig oder wurden über Fusionen und Übernahmen neu verteilt.

So ist der große mathematische Irrtum in der ewigen Wachstumsrate zu sehen, die bei Tesla vor 10 Jahren auf Null gesetzt wurde, tatsächlich beträgt das Wachstum auch heute noch 25% und mehr! 

Der zweite Fehler, den der Analyst machte, war, Tesla als Automobilhersteller zu bewerten, nicht als Anbieter von Elektronikartikeln und Software. 

Die Gewinnmarge liegt bei Automobilkonzernen durchschnittlich bei 6-8%. Tesla hingegen konnte 2022 eine Marge von 16,6% erzielen und kann daher nicht mit Bewertungskennziffern eingestuft werden, die eigentlich für die margenschwachen Automobilhersteller gelten. 

Mag sein, dass die Marge aufgrund der Inflation und vielleicht auch aufgrund des nunmehr endlich anziehenden Wettbewerbs ein wenig unter Druck gerät. Immerhin hat Tesla zuletzt mehrfach seine Verkaufspreise reduziert. Dennoch ist der Margenabstand zwischen Tesla und „dem Rest” gigantisch und ermöglicht es Tesla, zukünftig auch über den Preis neue Kunden zu gewinnen. 

Als dritten Fehler nennt der Analyst seine aus der Autoindustrie abgeleitete Annahme zum CAPEX, also zu den Investitionen, die regelmäßig zur Aufrechterhaltung des Geschäfts erforderlich sind. 

In der Automobilindustrie werden typischerweise 5-6% des Umsatzes reinvestiert, Tesla konnte sein Wachstum mit deutlich weniger erreichen und kann seine Bilanz dadurch deutlich besser hebeln, die Umsatz zum Kapital Quote ist deutlich höher. 

Mit Hilfe dieser (falschen) Annahmen kam der Analyst auf einen fairen Wert, der nur 40% des damaligen Kurswertes betrug. Im Anschluss ist nicht die Aktie in Richtung ihres „fairen” Wertes gelaufen, sondern wurde über die Zeit nur noch teurer und teurer. 

Im Jahr 2019 wurde die DCF-Analyse mit den hier genannten Erkenntnissen aktualisiert. Es konnte ein fairer Wert ermittelt werden, der dieses Mal um 40% über dem aktuellen Aktienkurs lag. 

Unter großen Schwankungen konnte der Kurs im Anschluss bis Ende 2021 nicht um 40%, sondern um 700% zulegen (in Worten: siebenhundert!)… seither folgte jedoch ein Kurseinbruch um 70%. 

Der Analyst führt diese heftigen Schwankungen nun auf die Komponente „Elon Musk” zurück. Der Gründer und CEO sorgt immer wieder für Schlagzeilen. In einem Augenblick bestrahlt seine Genialität alle Kritiker, im nächsten Augenblick wird er als Gefahr für Tesla wahrgenommen. 

Die Situation ist schon irre: Das Wachstum, den Erfolg von Tesla kann man mit Zahlen nicht darstellen. Elon Musk hat das Unmögliche möglich gemacht: Er hat einen neuen Automobilhersteller in der Welt etabliert. Das ist nicht durch vernünftige Entscheidungen gelungen, sondern durch Genialität und durch ein wenig verrückte Ideen. 

Wenn nun also Analysten gelernt haben, dass der Erfolg Teslas nicht mit herkömmlichen Modellen nachgerechnet werden kann, dann muss man dem Gründer und CEO Elon Musk ein größeres Gewicht bei der fairen Bewertung zugestehen. 

Doch wenn dieser dann während einer Radiosendung beim Gras-Rauchen gefilmt wird, sich mit fragwürdigen Aussagen zur finanziellen Situation seines Konzerns zu weit aus dem Fenster lehnt und schließlich auf eine Mission zur Weltverbesserung durch ehrlichen Journalismus über Twitter aufbricht, gerät der Musk-Bonus in der Bewertung von Tesla ins Schwanken. 

Ich persönlich habe die Ausarbeitung des Analysten mit großem Interesse gelesen, denn auch ich bin bei Tesla immer wieder in die Irre geführt worden. Ich erkenne Parallelen zu Amazon. 

Amazon war im Jahr 1997 an die Börse gegangen. Ich war damals bereits einer der ersten Kunden von Amazon in Deutschland und ich war von Anfang an überzeugt, sowohl vom Geschäftsmodell als auch vom Gründer und CEO Jeff Bezos, über den ich mich damals schlau gemacht hatte. 

Doch genau wie Tesla war auch Amazon von Tag 1 an für meinen Geschmack zu hoch bewertet. Ich habe über die Jahre immer wieder mal Amazon-Aktien gekauft, genau wie bei Tesla, und konnte damit mitunter gut verdienen. Doch den Mut, die Position über 10 Jahre liegen zu lassen, hatte ich nicht. Der große Gewinn blieb mir daher verwehrt, obwohl ich doch inhaltlich frühzeitig überzeugt war und das in meinen Augen überlegene Geschäftsmodell gegenüber den intellektuell vermeintlich überlegenen Kritikern stets verteidigt habe. 

Ist es Zufall, dass eine von zig Geschäftsideen so durchstartet? Oder gibt es Gemeinsamkeiten bei den Erfolgsgeschichten unserer Generation: Microsoft, Apple (da waren wir mit dem Heibel-Ticker immerhin über 15 Jahre dabei!), Nvidia (ist deren Erfolgsgeschichte schon zu Ende?), …? 

Ich ziehe aus dieser Betrachtung eine wesentliche Erkenntnis: Mit Finanzmathematik und Gehirnschmalz, mit guten Informationen und schnellem Marktzugang kann man ein wenig besser abschneiden als der Durchschnitt. Für wirklich überragende Ergebnisse muss man vermutlich mehr auf seinen Bauch hören. Doch dem darf man nicht sein gesamtes Vermögen anvertrauen, sondern höchstens mal die eine oder andere spekulative Position. 

 

Zerschlagung Alibabas ist nur ein Köder



Der chinesische Internetgigant Alibaba, der von Jack Ma gegründet wurde, soll in sechs Teile aufgespalten werden. An der US-Börse bringt Alibaba derzeit 270 Mrd. USD auf die Waage. Es ist eine der wenigen Aktien, mit der US-Anleger direkt in ein chinesisches Unternehmen investieren können, ohne den US-Rechtsraum zu verlassen und ohne auf windige, kleine Start-Ups setzen zu müssen. 

Die US-Finanzmärkte sind schon ganz aufgeregt: Cloud, Abwicklung und lokale Dienste, Taobao TMall (E-Commerce), globales Digitalgeschäft, Cainiao Logistik und Unterhaltung werden künftig in sechs eigenständigen Unternehmen geführt. Die Aktie von Alibaba sprang um 14% an, als die frohe Botschaft verkündet wurde. Auch andere chinesische Aktien wie JD.com, NetEase und Tencent stiegen an. 

Mit Ausnahme von Taobao TMall werden alle Unternehmensteile künftig eigene CEOs und die Möglichkeit haben, - jetzt wird's spannend - Kapitalerhöhungen und Börsengänge durchzuführen. Analysten überschlagen sich mit Lobeshymnen mit dem Tenor "ein toller Weg, Werte für Aktionäre zu schaffen". 

Kapitalerhöhungen und IPOs schaffen also Werte für Aktionäre, hmm. Chinesische Unternehmen haben eine ziemlich schlechte Vergangenheit in dieser Hinsicht. Viele IPOs von chinesischen Unternehmen landeten auf der Müllhalde der Pfennigaktien und wurden schließlich von der Börse genommen - wertlos. Aber bei Alibaba ist das ja nicht zu befürchten, oder? 

Doch! Wenn ich mir die Spannungen zwischen den USA und China anschaue, kann das doch nicht ernst gemeint sein, oder? Seit einigen Jahren ziehen US-Amerikaner konsequent ihr Geld aus China ab. Für mich sieht dieser Schritt eher aus wie ein händeringender Versuch, diesen Trend zu stoppen ... oder zumindest noch an US-Kapital zu holen, was noch zu holen ist. 

Ich erinnere mich auch gut an Jack Ma, der 2020 die Alibaba-Beteiligung AliPay an die Börse bringen wollte, Stunden vor dem IPO jedoch von der chinesischen Regierung ausgebremst wurde, der IPO wurde abgesagt, und für Monate von der Bildfläche verschwand. Bis heute hat Jack Ma seine zuvor omnipräsente Rolle als Gründer von Alibaba nicht mehr eingenommen. Außer Landes hatte er seither keinen Auftritt mehr. Seine Auftritte in China sind sehr selten. 

Gleichzeitig dürfte dieser Schritt die Diskussion anfachen, ob Alphabet oder Amazon nicht schon längst viel zu groß sind und ebenfalls aufgesplittert werden sollten. Denn nichts anderes wird gemacht: Alibaba wird zerschlagen und die Einzelteile werden den US-Amerikaner als Köder vorgeworfen. 


Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indikatoren im Wochenvergleich entwickelt haben: 
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 30.3.23 Woche Δ Σ '23 Δ
DAX 15.629  4,5% 12,2%
S&P 500 4.088  3,7% 6,5%
Nikkei 28.041  2,4% 7,5%
Shanghai A  3.430  0,2% 5,9%
Euro/US-Dollar 1,09 1,0% 1,5%
Euro/Yen 144,29 2,7% 2,8%
10-Jahres-US-Anleihe 3,51% 0,14 -0,37
Umlaufrendite Dt 2,39% 0,11 -0,07
Feinunze Gold $1.977  -0,4% 8,4%
Fass Brent Öl $79,75  6,4% -4,7%
Kupfer $8.966  -1,2% 6,4%
Baltic Dry Shipping $1.403  -5,5% -7,4%
Bitcoin $28.421  1,7% 71,3%



Die Bankkrise hat sich beruhigt, der Goldpreis hat seine Rallye pausiert (-0,3%) und die konjunktursensiblen Werte stiegen an: Öl +6% und insbesondere konjunktursensible Branchen konnten kräftig zulegen. Aktien des Einzelhandels legten in Deutschland um durchschnittlich 8% zu (Hello Fresh +22%, Adidas +13%), Logistikaktien um 5% (Kion +10%, Lufthansa +9%). Auch Autowerte und Zulieferer (SAF Holland +13%, Vitesco +10%) konnten um 5% zulegen, wie auch die Grundstoffe (Salzgitter +15%, SGL Carbon +13%). Wenig überraschend ist die Erholung im Finanzsektor mit +5% (Grenke IT-Leasing +11%, Commerzbank +9%). 

Schlusslicht bildeten diese Woche die Aktien der Gesundheitsbranche mit "nur" +1%, angeführt von Eckert & Ziegler mit -23%. 

Der DAX konnte diese Woche 4% zulegen, der S&P 500 3% und der Nikkei 2,4%. Der japanische Yen legte gegenüber dem Euro um 3% zu. 

Nach 10 Jahren legt Notenbankchef Haruhiko Kuroda am 8. April sein Amt nieder. In enger Zusammenarbeit mit Premierminister Shinzo Abe setzte er die "Abenomics" in der Geldpolitik um: Liquiditätsflutung und Aufkauf des Großteils der Staatsanleihen und anderer Papiere. 

Über 10 Jahre haben Unternehmen jegliche Risikopapiere sowie auch niedrig verzinsten Papiere an die Notenbank gegeben und konnten mit dem Geld im Ausland höher verzinste Anleihen kaufen. Der Yen wertete über diesen Zeitraum kontinuierlich ab (-42%), doch der Zinsvorteil gegenüber dem teilweise negativen Zins in Japan war noch immer attraktiver, als das Geld im Inland zu belassen. 

Am 8. April übernimmt Kazuo Ueda, ein Akademiker ohne praktische Erfahrung. Ihm kommt nun die Aufgabe zuteil, die Liquiditätsflutung zu beenden. 

Während die westlichen Notenbanken bereits ihre Zinsen ordentlich erhöht haben, notiert der japanische Leitzins mit -0,1% noch immer im Minus. Die Zinswende in Japan steht noch aus. 

Über die Jahre haben sich erhebliche Schieflachen im Finanzsystem aufgebaut. Unter Carry-Trade wurde bekannt, dass Hedgefonds sich Kredite in Yen holten, um vom niedrigen Zinsniveau zu profitieren und das Geld dann irgendwo in der Welt anzulegen, sei es in US-Staatsanleihen, in REITs (Immobilienfonds), in Schwellenlandaktien usw. Zusätzlich zu den japanischen Unternehmen, die also ihr Kapital ins Ausland schafften, kam noch dieser Carry-Trade. 

Mit großer Sorge blicken viele Japan-Kenner nun auf das Abenteuer, das dem neuen Notenbankchef Kazuo Ueda nun bevorsteht. Seine Notenbank ist zudem auch noch hoffnungslos aufgebläht. Die Bilanzsumme der US-Notenbank beträgt 38% des US-BIP, die der EZB liegt immerhin schon bei 70%. In Japan liegt das Verhältnis bei 137%, also fast viermal so hoch wie in den USA. 

Wenn Ueda die Luft aus dieser Blase herauslässt, dann strömt Kapital aus der ganzen Welt zurück nach Japan. Der Yen dürfte aufwerten, die japanischen Aktien dürften steigen, ungeachtet ihres geschäftlichen Erfolges. Doch in einem solchen Prozess wird es Bereiche, Branchen, Länder, etc. geben, die aus der Bahn fliegen. 

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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