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Wochenrückblick 27. Mai - 31. Mai 2013

Ende der Liquiditätsflutung in Sicht ...von Stephan Heibel
USA +4,9%, Deutschland +0,6% und Japan -5,7% - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Der Grund dafür ist ganz einfach: Die USA lau­fen rund, der Nikkei hatte sich selbst überholt, und in Deutschland zweifelt man noch am Ter­min der Konjunkturerholung. Diese Woche war sehr spannend, denn Anleger haben ihr Ver­halten verändert.

In den USA ist das Geschrei über die jüngsten Aussagen der US-Notenbank groß: Ein Ende der Liquititätsflutung könnte schon bald disku­tiert werden. Doch das Angstgeschrei findet überwiegend in den Medien statt, Anleger grei­fen beherzt zu. Nur Zocker lieben unendliche Liquiditätsflutungen, denn das treibt die Akti­enkurse künstlich in die Höhe. Anleger jedoch wollen ein vernünftiges Bewertungsniveau in Relation zur Konjunkturentwicklung, und so wünscht man sich eine Gesundung der Kon­junktur. Fed-Chef Ben Bernanke ist clever genug um zu erkennen, wann er die Liquidi­tätsflutung zurückfahren kann ohne die Kon­junkturerholung im Keim zu ersticken. Und so sehen Anleger die aufkommende Diskus­sion über ein mögliches Ende der lockeren Geldpolitik als Zeichen dafür, dass die Unter­nehmen gute Geschäfte in einer gesunden Konjunktur machen.

Entsprechend findet nun ein Wechsel von Divi­dendentiteln zu Wachstumstiteln in den USA statt. "Sektorrotation" wird das im Börsenjargon genannt: Dividendentitel werden verkauft und Wachstumstitel werden gekauft. Nicht dass Unternehmen mit hohen Dividendenrenditen schlechte Konjunkturaussichten hätten, son­dern Anleger versprechen sich von Wachs­tumsaktien einen größeren Profit. Die Sicher­heit einer Dividende ist im Konjunkturauf­schwung nicht mehr so wichtig. Die Chance auf einen Kursgewinn bei einem Wachstumsun­ternehmen ist größer als zuvor.

Selbst in unserem Heibel-Ticker Portfolio ist zu sehen, dass fast ausnahmslos die Dividen­dentitel mit einem Minus aus der Woche gehen, während die Wachstumstitel ein Plus verzeichnen. Selten habe ich eine Sektorro­tation so deutlich ausgeprägt gesehen.

In Deutschland weiß man nicht so recht, was man von den Diskussionen in den USA so hal­ten soll. Für die Club-Med Länder wäre ein Ende der Liquiditätsflutung durch die EZB zu früh, Deutschland braucht das billige Geld schon lange nicht mehr. Die Euroland-Schul­denkrise hat sich beruhigt, und vielleicht sind ja schon bald erste positive Konjunkturdaten aus dem Süden Europas zu sehen.

Aus den Wochengewinnern und -verlierern im DAX kann ich kein klares Bild erkennen, Gewinner und Verlierer sind bunt durch die Branchen und ungeachtet der Dividendenpolitik oben und unten in der Performanceliste zu fin­den. Es gab in den vergangenen Wochen viele Unternehmensmeldungen, Zahlen und Pro­gnosen, und so nehme ich an, dass die neuen Informationen nunmehr verarbeitet wurden.

Für Japan ist die Meldung aus den USA über ein bevorstehendes Ende der Liquiditätsflutung der Finanzmärkte eine Hiobsbotschaft. Der Nikkei hat seit Jahresbeginn bereits über 40%zugelegt. In den vergangenen zwei Wochen gab er wieder ein Viertel davon ab. Der Som­mer steht bevor, Premier Abe hat durch seine angekündigte lockere Geldpolitik den Nikkei in den Orbit katapultiert, und Zocker haben einen guten Schnitt gemacht. Jetzt werden die Gewinne eingesackt, die Koffer gepackt, und es geht ab in den Urlaub. Nach dem Sommer wird dann geschaut, ob die angekündigte Liqui­ditätsflutung in Japan auch greift oder nicht. Doch jetzt ist erstmal die Luft raus.

So schön wie er auf dem Papier aussieht, ist der Erfolg der Spekulanten in Japan aber auch nicht: Der Yen hat im gleichen Zeitraum 16%gegenüber dem Euro und 15% gegenüber dem US-Dollar verloren. Die Hälfte des heute auf dem Papier stehenden Kursgewinns im Nikkei hat man also durch den Wechselkurs wieder verloren. Bleiben 16% Gewinn, und die sehen gegenüber dem Jahresplus von 17% im Dow Jones nicht mehr so toll aus wie ohne Berück­sichtigung des Wechselkurses.

Schauen wir uns also einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 16.05.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 15.325 4,9 %
DAX 8400 0,6 %
Nikkei 13.775 -5,7 %
Euro/US-Dollar 1,30 0,8 %
Euro/Yen 131,68 0,1 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,12 % 0,1 %
Umlaufrendite Dtl. 1,16 % 0,05 %
Feinunze Gold 1.418 $ 2,0 %
Fass Brent Öl 103,06 $ 0,7 %
Kupfer 7.310 $ -0,2 %
Baltic Dry Shipping 811 -2,1 %

Sie kennen meine Einstellung: Eine Geldpolitik mit einem Leitzins unter 2% ist konjunkturför­dernd. Wir haben weltweit bei den wichtigsten Volkswirtschaften einen Leitzins nahe Null. Zusätzlich, da der Zins nicht so gerne ins Negative gedreht wird, gibt es diverse Liquidi­tätsmaßnahmen, die ebenfalls konjunktur­fördernd wirken.

Es wird im weiteren Jahresverlauf diskutiert, wann zunächst diese zusätzlichen Liquiditäts­maßnahmen zurückgefahren werden können. Erst anschließend wird man sich an den Leit­zins machen und ihn schrittweise anheben. Bis wir ein Niveau von 2% erreicht haben, betrachte ich die Notenbankpolitik weiterhin als konjunkturfördernd. Es besteht also kein Grund zur Panik, Unternehmen werden weiterhin kräf­tig investieren.

Und die Zinspolitik wird auf regionale Unter­schiede achten. Während die USA also offen­sichtlich schon einen Schritt weiter sind, dürfte in Europa die lockere Geldpolitik noch ein wenig länger anhalten. Und auch hier gibt es zusätzliche Liquiditätsmaßnahmen wie das Aufkaufen von Staatsanleihen auf dem Sekun­därmarkt oder ähnliches, was in einem ersten Schritt zurückgefahren werden wird, bevor man sich dann an den Leitzins macht.

Und Japan hat erneut eine lockere Geldpolitik ausgerufen, nicht zuletzt, um das hohe Preis­niveau Japans zu senken und japanische Unternehmen auf dem Weltmarkt wieder wett­bewerbsfähiger zu machen. Der Nikkei ist also nicht eingebrochen, weil man negative Auswirkungen einer restriktiven Geldpolitik in den USA oder Europa auf Japan fürchtet, das Gegenteil wird der Fall sein. Nein, es wurden Gewinne mitgenommen, weil die bullischen Prognosen eingetreten sind. Nun wartet man darauf, dass die getroffenen Entscheidungen auf die japanische Wirtschaft durchschlagen, bevor man erneut im Nikkei spekuliert.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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