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Wochenrückblick 28. August - 1. September 2023

Immobilien- und Arbeitsmarkt als Indikatoren für Inflationsentwicklung ...von Stephan Heibel
Vor anderthalb Jahren war absehbar, dass die Zinsen nicht ewig bei Null Prozent verharren können. Erste inflationäre Tendenzen zeigten sich und die Sorge vor der ungewissen Zukunft mit steigenden Zinsen wuchs. Hatte das Niedrigzinsniveau zuvor die Aktienindizes auf Rekordstände getrieben, so begann vor anderthalb Jahren die Sorge vor den Zinsanhebungen auf die Aktienkurse zu drücken. 

Die ersten Zinsanhebungen im Jahr 2022 wurden besorgt beäugt, der Aktienmarkt verblieb im Baisse-Modus bis in den Herbst hinein. Doch als schließlich zu sehen war, dass selbst eine ganze Reihe von Zinsanhebungen nicht zum sofortigen Kollaps der Wirtschaft führten, sondern, im Gegenteil, die Wirtschaft keinerlei Schwächeanzeichen zeigte, endete die Baisse. Ewig werden die Zinsen nicht ansteigen und erfahrungsgemäß laufen die Aktienmärkte der Realität um 6-9 Monate voraus. 

Nun läuft die Erholungsrallye mittlerweile 11 Monate. Vor drei Monaten, also nach acht Monaten, übersprang der DAX die 16.000 Punkte. Über den Sommer pendelte er um dieses Niveau herum, ohne weiter Land zu gewinnen. Die drängende Frage, die derzeit in den Köpfen der Anleger herumschwirrt, lautet: Wann enden die Zinsanhebungen? 

Haben wir bereits die letzte Zinsanhebung gesehen? Wie viele Zinsanhebungen liegen noch vor uns? Und wie lange wird es nach der letzten Zinsanhebung dauern, bis das Zinsniveau wieder gesenkt wird? Und das Wichtigste: Wie wird sich die Zinsentwicklung auf die Konjunktur auswirken? 

Jeder hat eine Meinung dazu. Das klingt in etwa so: Sowohl Fed als auch EZB werden weitere Zinsanhebungen vornehmen, doch die Fed ist der EZB voraus und wird früher aufhören und früher Zinsen senken. 

Die Zinsschritte wirken nur verzögert auf die Konjunktur. Der Zeitvorsprung beträgt ebenfalls etwa 6-9 Monate. Dennoch schauen sich Anleger die aktuellen Konjunkturdaten an, um Anzeichen für Trendwenden zu sehen. Von besonderem Interesse ist der Arbeitsmarkt sowie der Immobilienmarkt. der Arbeitsmarkt ist angespannt, es gibt zu wenig Arbeitskräfte und zu viele offene Stellen. Eine solche Situation treibt die Löhne und Gehälter nach oben und befeuert die Inflation. Die Notenbanken möchten also Schwächeanzeichen auf dem Arbeitsmarkt sehen, bevor sie mit ihren Zinsanhebungen aufhören. 

Und der Immobilienmarkt spiegelt die Zahlungskraft der Menschen wider. Wenn die Immobilienpreise weiter steigen, wirkt sich auch dies inflationstreibend aus. Doch die Preise, gemessen an den Mieten, werden schon seit langer Zeit weniger durch die Zahlungskraft der Menschen getrieben als vielmehr durch ihre Knappheit: Es gibt zu wenig Wohnungen. Wie kann die Notenbank also den Immobilienmarkt abkühlen, wenn sich der Markt in einem Notstand befindet? 

In der abgelaufenen Woche gab es Zahlen zur Inflationsentwicklung: In den USA stieg die Inflation auf 3,3% leicht an (Vormonat 3,0%). In Europa verharrte die Inflation auf dem deutlich höheren Niveau von 5,3%. In Deutschland ist die Inflation mit 6,1% noch höher. Insbesondere gestiegene Lebensmittelkosten treiben die Inflation bei uns an. 

Vom Ziel der 2% sind wir sowohl in den USA als auch in Europa also noch weit entfernt. Doch berücksichtigt man die zeitliche Verzögerung in der Wirkung der geldpolitischen Maßnahmen, so kann man sich heute schon Gedanken über das Ende der Zinsanhebungen machen. Dazu schaut man auf die Begleitindikatoren wie Immobilienpreise und Arbeitslosigkeit. 

In Deutschland hat sich die Arbeitslosenzahl im August um 18.000 erhöht, erwartet wurde eine Erhöhung um 10.000. Die Arbeitslosenquote ist dadurch von 5,6% auf 5,7% angestiegen. Das ist jetzt noch kein Niveau, bei dem man von einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sprechen kann, aber immerhin stimmt die Richtung. 

In den USA werden wir heute im Laufe des Tages Zahlen zum Arbeitsmarkt erhalten, doch es deutet sich an, dass auch dort eine Entwicklung hin zu einer Erhöhung der Arbeitslosenzahl stattfindet. Wenn ich jetzt sage, das ist "positiv", dann spreche ich aus der Sicht der Notenbanken, die sich eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt wünschen, um die Inflation einzudämmen. 

Auch auf dem Immobilienmarkt zeigen sich erste Anzeichen für eine Abkühlung. Im Verlauf der abgelaufenen Woche kam an den Aktienmärkten die Hoffnung auf, die Notenbanken könnten ihrem Ziel der Inflationsbekämpfung bereits näher sein als noch vor zwei Wochen gedacht. Entsprechend gingen die Renditen insbesondere in den USA zurück und die Aktienmärkte beendeten ihre dreiwöchige Talfahrt. 

Nun biegen wir in den September ein, der Sommer endet und der Blick wird auf die Zukunft gerichtet. Historisch betrachtet ist der September, insbesondere die erste Septemberhälfte, ein schwacher Börsenmonat. Erst im Oktober ziehen die Kurse saisonal betrachtet wieder an. 

Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: 
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 1.9., 15:50 Uhr Woche Δ Σ '23 Δ
DAX 15.851  1,0% 13,8%
S&P 500 4.539  3,7% 18,2%
Nikkei 32.711  3,4% 25,4%
Shanghai A  3.285  2,3% 1,4%
Euro/US-Dollar 1,09 0,7% 1,6%
Euro/Yen 157,61 -0,1% 12,3%
10-Jahres-US-Anleihe 4,11% -0,12 0,24
Umlaufrendite Dt 2,53% 0,03 0,07
Feinunze Gold $1.949  1,7% 6,9%
Fass Brent Öl $85,45  0,0% 2,2%
Kupfer $8.496  1,3% 0,8%
Baltic Dry Shipping $1.086  -2,2% -28,3%
Bitcoin $25.984  -0,6% 56,7%



Die Aussicht auf ein baldiges Ende der Zinsanhebungen ist in den USA realistischer als in Europa. Entsprechend konnte der S&P 500 diese Woche um 3% zulegen, während der DAX nur um 1,5% anstieg. 

Zu den Wochengewinnern gehört diese Woche IT-Anbieter Cancom. Jeffries hat die Kaufempfehlung für Cancom mangels Katalysatoren gestrichen. In den vergangenen Jahren fand kaum Wachstum statt, die Aktie ist von 60 auf 23 Euro eingebrochen. Für 2023 und 2024 soll das Wachstum Analystenschätzungen zufolge um 17-20% p.a. anziehen. Hier haben wir einen Analysten, der mit seiner Einschätzung der Entwicklung hinterher läuft. Anleger haben das gemerkt und die Aktie daher diese Woche um 12% nach oben befördert. 

Im Immobiliensektor gibt es gleich drei Aktien mit zweistelligen Zuwachsraten: LEG Immobilien, Aroundtown und Grand City Properties. Aroundtown hatte gute Halbjahreszahlen veröffentlicht und einen optimistischen Ausblick auf die zweite Jahreshälfte gegeben. Außerdem bezeichnete eine Studie von Goldman Sachs Immobilienaktien als aussichtsreich. Ich kann das gut nachvollziehen, da die Aktien von der Aussicht auf ein Ende der Zinsanhebungen profitieren würden. Doch da dies meiner Ansicht nach noch nicht in Sicht ist, könnte sich diese Empfehlung als verfrüht herausstellen. 

Im Einzelhandel führen Zalando (+9%) und Hello Fresh (+13%) die Hitliste an. Eine Kaufempfehlung für Zalando reichte aus, um die über Monate niedergeprügelten Aktien anspringen zu lassen. 

Verlierer der Woche ist Aurubis. Das Unternehmen hat heute vermeldet, dass die im Juni gemeldeten Diebstähle vermutlich umfangreicher waren als bislang gedacht. Nachdem im Juni ein Volumen von 20 Mio. EUR gemeldet wurde, wird nunmehr ein Volumen im dreistelligen Millionenbereich nicht mehr ausgeschlossen. Die Jahresprognose wurde gestrichen und man führe eine umfangreiche Sonderinventur durch, um das genaue Ausmaß zu ermitteln. 

Über Monate hat eine Bande Beiprodukte der Produktion entwendet und auf dem Schwarzmarkt versilbert. Im Juni wurden nach bundesweiten Razzien 6 Personen festgenommen. Bis Ende September soll nun ermittelt werden, wie groß der entstandene Schaden tatsächlich ist. Die Aktie bricht heute um 14% ein.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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