ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 29. April - 3. Mai 2013

Deutschland kapituliert, Schleusen auf! ...von Stephan Heibel
"Deutschland kapituliert", so die Schlussfolge­rung der Medien nach den jüngst schwachen Konjunkturdaten aus Deutschland. Mehrere Jahre konnte Deutschland "trotz" der Konjunk­turschwäche der Club-Med Länder ein ordentliches Konjunkturwachstum aufrechter­halten. Doch nun werden auch die Erwartun­gen in Deutschland nach unten korrigiert, das erwartete Wachstum für das laufende Jahr von 2,7% auf 2,2% reduziert, und entsprechend werden die erwarteten Steuereinnahmen um 5- 6 Mrd. Euro verringert. 

"Wir haben es doch schon immer gewusst", rufen die Amerikaner, die sich noch niemals aus einer Krise herausgespart haben. Nein, wenn die Schulden zu hoch sind, dann muss mehr Geld gedruckt werden. Und das wollte Super Mario von Anfang an mit der EZB eben­falls tun, wurde jedoch von den Deutschen immer wieder aufgehalten. Nun, wo selbst in Deutschland die Konjunktur zu schwächeln droht, nun hat er freie Hand.

Und so senkte er diese Woche den Leitzins für die Eurozone von 0,75% auf 0,5%. In meinen Augen ein eher symbolischer Schritt, da diese Zinssenkung bei den Club-Med Ländern ohne­hin keine Veränderung herbeiführen wird. Dort existiert ohnehin kein natürliches Zinsniveau mehr, sondern die EZB sorgt durch direkte Auf­käufe von Anleihen für ein künstlich niedriges Zinsniveau.

Und wenn dieser Zinsschritt eine Reaktion auf die derzeit schwachen Konjunkturdaten sein soll, so ist es der falsche Schritt. Eine konjunk­turbelebende Wirkung wird ein solcher Schritt nach Aussage der Deutschen Bundes­bank ohnehin erst ein bis zwei Jahre später haben (ich war bisher stets von einer Verzö­gerung von 6-9 Monaten ausgegangen). Doch schon heute berichten eine Reihe von US-Unternehmen von einer sich bessernden Nach­fragesituation in Europa. Wozu also noch dieser Zinsschritt?

Gerade in dieser Berichtssaison haben wir von einer Reihe von Unternehmen gehört, dass sie für das zweite Halbjahr mit einer deutlichen Konjunkturverbesserung rechnen. Kaffeeröster Starbucks CEO Howard Schulz spricht von einer Bodenbildung in Europa. Auch Zahnpa­stahersteller Colgates CEO Ian Cook sieht ein Ende des Nachfragerückgangs. Sandy Cuttler von Siemens-Wettbewerber Eaton und Chuck Bunch vom Farbhersteller PPG (Auto­lacke) gaben sich überzeugt, dass es einen weiteren Umsatzrückgang in Europa nicht geben werde. Das Geschäft habe sich stabili­siert.

Das Spardiktat wird den Deutschen zugespro­chen und so passt es ganz gut, dass bei den ersten Schwächeanzeichen Deutschlands eine Reihe von zuvor unwahrscheinlich erscheinen­den Entscheidungen durchgedrückt werden: Nicht nur die Zinssenkung der EZB, auch die kulante Haltung gegenüber Frankreich und Spanien, denen heute zwei zusätzliche Jahre zur Einhaltung der Maastricht-Kriterien gege­ben wurde, wird umgehend dieser Schwäche zugeschrieben.

Italiens neuer Regierungschef Enrico Letta war vor 10 Tagen der erste, der die neue Parole ausrief: Genug gespart, jetzt muss das Wachs­tum gefördert werden!

Gleichzeitig meldet sich die US-Notenbank Fed diese Woche mit einem weitaus moderateren Tonfall zu Wort als noch vor einem Monat. Im offiziellen Statement wird nicht mehr wie vor einem Monat lediglich die Möglichkeit der Reduzierung der Liquiditätsflutung besprochen sondern diesmal nun explizit auch die Mög­lichkeit der weiteren Ausweitung der Liquidi­tätsflutung erwähnt, sollten die Rahmenbe­dingungen dies erfordern. Gleichzeitig wird auf die Handlungsunfähigkeit Washingtons, sprich der Fiskalpolitik, verwiesen, was gege­benenfalls durch die Fed kompensiert werden müsse.

Am Freitag Mittag wurden nun Arbeitsmarktdaten der USA veröffentlicht, die in allen Bereichen für eine positive Überraschung sorgten: Nicht nur wurden im April wesentlich mehr Jobs geschaffen als erwartet, sondern im Nachgang hat man auch die Zahlen für März und Februar nach oben korrigiert. Korrekturen sind üblich, da die Zahlen stets auf Schätzungen beruhen, die im Laufe der Zeit konkretisiert werden kön­nen. Heute haben wir aber drei sehr positive Zahlen gesehen. Zusätzlich stammen die neuen Jobs überwiegend aus dem Privaten Sektor, die Stellenstreichungen der Regierung (Zwangsreduktion des Haushaltsbudgets!) wer­den also mehr als kompensiert. Die Börsen reagieren derzeit mit kräftigen Aufschlägen auf diese Meldung.

Auch aus den Schwellenländern kommen ermutigende Zeichen: Indien hat letzte Nacht den Leitzins gesenkt (-0,25% auf 7,25%). Und aus China ist inzwischen zu hören, dass die dortigen Zinssenkungen ihre Wirkung entfaltet (zuletzt -0.31% auf 6% im Juli 2012).

Ich muss Sie nicht an die Notenbankpolitik der Japaner erinnern, oder? Für das was dort läuft ist der Begriff "Liquiditätsflutung" eher eine Ver­niedlichung.

Sell in May and go away? Na, bei dieser Liqui­ditätsflutung weltweit fällt es schwer, an ein Ende der Rallye zu glauben. Aber man soll ja immer dann die Party verlassen, wenn es am schönsten ist, oder? Nun ich werde im Kapitel 04 meine Erwartung konkretisieren. Schauen wir uns zunächst einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes                               02.05.2013          Änderung
                                                                           Vorwoche 
Dow Jones                                14.832                   0,9 %
DAX                                              7.962                   1,6 %
Nikkei                                         13.694                  -1,4 %
Euro/US-Dollar                             1,31                   0,5 %
Euro/Yen                                   128,73                   0,0 %
10-Jahres-US-Anleihe              1,63 %                -0,06 %
Umlaufrendite Dtl.                   1,00 %                -0,02 %
Feinunze Gold                        1.477 $                    0,7 %
Fass Brent Öl                        102,72 $                    0,0 %
Kupfer                                       7.026 $                   -1,8 %
Baltic Dry Shipping                       873                    0,1 %

Der DAX ist dieses Mal der Wochengewinner mit einem Plus von 1,6%. Doch bis zum All­zeithoch sind es noch knapp 200 Punkte, wäh­rend der Dow Jones schon wieder neue Rekorde schreibt, ebenso der S&P 500 und nun sogar aufgrund der neu aufkeimenden Europa-Euphorie auch der Euro-Stoxx 50.

Die lockere Zinspolitik drückt auch das Zinsni­veau für Staatsanleihen, sowohl in Deutsch­land (1%) als auch in den USA (1,63%). Der sichere Hafen des Goldes wird nur zögerlich gesucht, zu stark steckt noch der Schrecken des Ausverkaufs von vor zwei Wochen in den Gliedern der Anleger.

Der Preisunterschied zwischen dem Nordseeöl und dem Western-Texas Öl ist gesunken. Ich werte dies als ein Zeichen dafür, dass die US-Wirtschaft unserer Konjunktur bereits einen Schritt voraus ist.

Auf den Preisverfall beim Kupfer kann ich mir derzeit keinen Reim machen, der Kupferpreis sollte meiner Erwartung nach in der kommen­den Woche ansteigen.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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