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Wochenrückblick 4. Dezember - 8. Dezember 2017

Politikverdrossenheit treibt Bitcoin ...von Stephan Heibel
Heute früh sind wir schon bei 17.000 USD für einen Bitcoin. Sie haben es sicherlich mitbekommen, der Bitcoin stürmt derzeit gen Himmel, ohne auch nur eine Sekunde zurückzublicken. Noch vor zwei Jahren stand die digitale Währung bei 400 USD.

Es ist inzwischen nur noch eine Frage von Tagen, ob die 5.000er-Marke genommen werden kann, die 10.000er-Marke, nun die 15.000er Marke. Ich nehme an, die 20.000er-Marke ist nur noch ein paar Stunden entfernt. Geht's bis zum Jahresende noch Richtung 100.000 USD? Ein Analyst will errechnet haben, dass bei der aktuell sich täglich beschleunigenden Geschwindigkeit bis zum Jahresende sogar die 1 Millionen USD erreicht werden können. Warum auch nicht? Es gibt ja niemanden, der seriös berechnen kann, ob der Bitcoin eigentlich eine Milliarde oder nur einen US-Dollar wert sein müsste.

Was wissen wir eigentlich über den Bitcoin? Nun, wir wissen, das der Bitcoin täglich steigt und unabhängig von Regierungen und Notenbanken ist. Das ist für viele Spekulanten ausreichend.

Was wir nicht wissen, ist folgendes: Der Erfinder des Bitcoin ist nach wie vor anonym. Wir wissen nicht, ob er sich beispielsweise bei der Gründung ein "Wallet" mit 100.000 Bitcoins zugeteilt hat. Er wäre heute Milliardär. Ähnlich verhält es sich übrigens mit vielen anderen Blockchain-Währungen: Es ist nicht ersichtlich, wie viel der Währung sich die jeweiligen Gründer gesichert haben.

Die Blockchain ist zwar auf jedem Rechner, aber transparent ist sie nicht. Sie ist dem Zugriff durch Regierungen, aber auch Gerichten und anderen berechtigten Interessenten (wie bspw. durch einen Diebstahl geschädigte) verschlossen. Erst diese Woche wurden an einer US-Bitcoinbörse Bitcoins im Wert von ca. 60 Mio. USD geklaut. Weg. Kein Gericht, keine Versicherung, niemand kann hier eine Entschädigung leisten.

Es ist Anarchie. Der Ausstieg aus der Gesellschaft, die Politikverdrossenheit. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, Hamburgs erstem Bürgermeister Olaf Scholz persönlich zu widersprechen, als er die inzwischen allseits anerkannte Politikverdrossenheit auf "fehlende, intelligente Antworten" der Politik zurückführte. Nein, die Wähler erwarten von der Politik nicht, dass sie Antworten für komplexe Probleme findet. Die Wähler erwarten, gehört zu werden! Denn es gibt eine Vielzahl von Lösungsansätzen, die den Wählern gefallen würden - doch darauf hört kein Politiker mehr, denn Politik ist längst ein Geschäft der Interessenvertreter und der politischen Machtkämpfe geworden, Wähler stören da nur.

Somit ist der Bitcoin tatsächlich ein Zeichen unserer Zeit. Nie zuvor war die Politikverdrossenheit so groß, sei es in Europa, in den USA, in Südamerika oder auch in China und Indien. Überall suchen Menschen nach Orten, wo sie losgelöst von ihrer Regierung, ihrem System Geschäfte machen können. Der Bitcoin ist nun ein Weg, der vielen gefällt. Allerdings ist der Geschäftsinhalt des Bitcoin-Geschäfts lediglich der Bitcoin selbst. Eine Luftnummer. Ohne politische Legitimation wird der Bitcoin nicht lange überleben können.

Ich gehe davon aus, dass der Bitcoin und die Blockchain-Technologie irgendwann ihre politische Legitimation erhalten werden. Doch zuvor sehen wir eine unglaubliche Blase und laufen auf einen unglaublichen Crash zu.

Neben der fehlenden politischen Legitimation sollten Sie eines nicht vergessen: der Bitcoin ist Software. Bis heute gibt es keine Software, die nicht schon geknackt wurde. Ich stelle nicht die Frage, ob der Bitcoin irgendwann mal geknackt wird, sondern nur: Wann?

Es gibt noch eine zweite Gefahr, die der Bitcoin-Rallye ein Ende bereiten kann: Inzwischen haben die drei großen US-Börsen angekündigt, Derivate auf den Bitcoin zu entwickeln. Ob an der NYSE, an der Nasdaq oder aber auch an der CME, schon bald werden Sie Bitcoins Leerverkaufen (Shorten) können. Und wenn es die Möglichkeit gibt, auf einen Fall von 17.000 USD auf bspw. 1.000 USD zu spekulieren, oder aber von mir aus auch von 170.000 USD auf 10.000 USD, dann wird es Hedgefonds geben, die diese Wette eingehen. Und das wird dann die Knappheit des Bitcoins, die derzeit besteht, schlagartig beenden.

Um ehrlich zu sein, ich gehe davon aus, dass es derzeit viele Hedgefonds gibt, die Bitcoins um jeden Preis kaufen, um zur Markteinführung der "Derivate" dann ihre Positionen mit Leerverkäufen abzusichern.

Mit der aktuellen Marktbewertung machen Bitcoins eine Marktkapitalisierung von 275 Mrd. USD aus. Das ist so viel wie die drei größten DAX-Titel (SAP, Siemens, Allianz) zusammen. Insgesamt bringt der DAX 1,2 Billionen Euro auf die Waage. Die Marktkapitalisierung alles jemals in den vergangenen 6.000 Jahren geförderten Goldes macht derzeit etwa 7 Billionen USD aus. Der Bitcoin kann sich also noch verdreißigfachen, bis die Marktkapitalisierung des Goldes erreicht würde.

Doch kann eine Software eines anonymen Entwicklers den gleichen Wert erzielen wie das seit 6.000 Jahren bewährte Gold? Ich würde das verneinen und daher können wir schonmal eine erste Obergrenze für den Bitcoin-Kurs einziehen: Bei 450.000 USD für einen Bitcoin wären Bitcoins mehr wert als Gold. Dieses Niveau dürfte meiner Einschätzung nach nicht erreicht werden.

Der Bitcoin ist nach seiner fulminanten Rallye nun nichts mehr für Anleger, sondern wird nur noch von Spekulanten nach oben getrieben. Den Bitcoin zu kaufen, weil er ansteigt, ist für Spekulanten häufig Grund genug und solange dieser Grund bestehen bleibt, wird die Rallye weiterlaufen. Daraus lässt sich aber deutlich ablesen, dass spätestens die Einführung von Derivaten diese Rallye stoppen wird.

Wir haben also eine Obergrenze (450.000 USD), ein Ereignis (Software-Crack) und einen Termin (Einführung von Derivaten). Mal sehen, was als erstes erreicht wird, ich tippe auf den Termin. Und ehrlich gesagt fürchte ich, dass wir diesem Ende schon ziemlich nah sind.

Denn inzwischen ist die Bitcoin-Rallye bei allen angekommen, jeder redet darüber.

Wenn dann die Bitcoin-Rallye endet, wird es für den Wert des Bitcoins kaum einen Boden geben. Denn jeder, der darin "investiert" ist, wird sich holen, was er kriegen kann. Und dieses Geld wird dann anderswo angelegt, beispielsweise im Gold. Wir haben unsere Goldposition vor kurzem ausgebaut.

[Nach Redaktionsschluss: Soeben habe ich erfahren, dass die Chicago Mercantile Exchange (CME) ihr Derivat auf den Bitcoin an diesem Sonntag einführen wird. Es wird drei Optionsscheine geben mit einer Laufzeit von ein, zwei oder drei Monaten, die in Cash abgerechnet werden - es muss also kein Bitcoin geliefert, sondern nur der US-Dollar Gegenwert bezahlt werden.]

Schauen wir nun einmal, was sich an den Aktienbörsen derweil getan hat:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 07.12.2017 Änderung Vorwoche
Dow Jones 24.225 0,4%
DAX 13.045 0,2%
Nikkei 22.498 -1,0%
Euro/US-Dollar 1,18 -0,9%
Euro/Yen 132,85 -0,6%
10-Jahres-US-Anleihe 2,33% -0,07
Umlaufrendite Dtl. 0,13% -0,07
Feinunze Gold 1.253$ -1,8%
Fass Brent Öl 61,95$ -2,3%
Kupfer 6.530$ -3,4%
Baltic Dry Shipping 1.679 6,4%

Nicht viel, denn die Aktienindizes sind nahezu unverändert aus der Woche gegangen. Lediglich in China und Japan gab es ein paar Verkäufe. Wie vor einer Woche geschrieben haben sich Anleger offensichtlich an die 13.000 beim DAX gewöhnt.

Es mehren sich die Anzeichen, dass der Währungskrieg in die nächste Runde geht. In den USA wurde mit Powell ein neuer Notenbankchef nominiert, der für eine weiterhin lockere Geldpolitik steht. Mario Draghi hat kürzlich ebenfalls eine Verlängerung der lockeren Geldpolitik in Aussicht gestellt, wo doch eher eine Straffung erwartet wurde.

So hat der Euro nun auch gegenüber dem US-Dollar wieder ein wenig abgegeben. Seit diesem Sommer pendelt der Wechselkurs zwischen 1,16 und 1,20. Eigentlich ein faires Niveau, wenn ich mir die Kaufkraftparität bei 1,15 USD/EUR vor Augen führe. Ich gehe aber davon aus, wie vor einer Woche geschrieben, dass der US-Dollar in den kommenden Monaten wieder etwas fester notieren wird.

Die zu erwartende lockere Geldpolitik zeigt sich auch im Zinsniveau, das hüben wie drüben leicht gefallen ist. Anleger kaufen wieder Anleihen, weil steigende Zinsen unwahrscheinlicher geworden sind. Mit der für nächste Woche erwarteten Zinsanhebung durch noch-US-Notenbankchefin Janet Yellen sollten weitere Zinsanhebungen erst einmal in die Ferne rücken.

Gold und Öl fallen. Ich betrachte das jedoch lediglich als kleine Konsolidierung der zuvor erzielten Kursgewinne. Beide Rohstoffe notieren noch immer mit 9% im Plus im Vergleich zum Jahresbeginn.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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