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Wochenrückblick 4. November - 8. November 2013

Die Fehleinschätzung von Mario Draghi ...von Stephan Heibel
Die EZB hat gestern den europäischen Leitzins von 0,5% auf 0,25% gesenkt. Mario Draghi begründet den Schritt mit Deflationsgefahren, die er in der Eurozone sieht. Die Entscheidung war innerhalb der 23 EZB-Direktoren unge­wöhnlich umstritten, einige Direktoren um Bundesbankpräsident Jens Weidmann wollten zunächst noch einen Monat abwarten und die Entwicklung weiter beobachten.

Die angelsächsische Presse hatte im Vorfeld der Sitzung bereits Stimmung für eine Zins­senkung gemacht. In den Club-Med Ländern ist die Inflation nahe Null, in Griechenland sogar seit Jahren negativ. Auf der anderen Seite beschweren wir uns hier in Deutschland bereits seit Jahren zu Recht über eine zu hohe Teuerungsrate.

In meinen Augen ist der Schritt von 0,5% auf 0,25% nicht mehr als ein symbolisches Zei­chen. Die Kosten für Geld sind nahe Null, den­noch kommt das in den Umlauf gepumpte Geld kaum in der Wirtschaft an. Die Ursache ist nach wie vor in den hohen Risikowerten zu suchen, die in den Bankbilanzen noch immer schlummern. Die Deutsche Bank hat bei­spielsweise im gerade vorgelegten Quartals­bericht gerade genau so viele Rückstellungen für Risikowerte erstellt, dass der Quartalsge­winn knapp über Null verblieb. Ein Zufall?

Auf die Wirtschaft wird dieser Zinsschritt keinen messbaren Einfluss haben. Wohl aber auf die Psychologie.

Draghi wollte damit signalisieren, dass die EZB durchaus ein Auge auf die Deflationsgefahr hat und bereit ist, zu handeln, sollte es erforderlich werden. Unter "handeln" versteht man derzeit in erster Linie weitere unkonventionelle Maß­nahmen wie das Aufkaufen von Anleihen, viel­leicht sogar direkt am Primärmarkt. Eine Maß­nahme, vor der von uns Deutschen stets gewarnt wird. Draghi hatte diesen Schritt vor einigen Monaten bereits angekündigt, wenn es erforderlich würde und damit große Kritik auf sich gezogen. Die Märkte beruhigten sich aller­dings in Folge dieser Aussage, sodass er sich im Recht wähnen könnte.

Die Zinssenkung hat jedoch ein weiteres Signal in die Märkte gesendet: Vorsicht, Deflations­gefahr! Nicht die Beruhigung Draghis, dass sich die EZB um die Deflation kümmern werde, ist am Markt angekommen, sondern der Beweis für viele Skeptiker, dass wir uns tat­sächlich vor einer Deflation fürchten müssen.

Es ist ein Schrittchen, das die Märkte in meinen Augen mehr beunruhigen wird als beruhigen. Deflation bekommt man nicht mit kleinen Schrittchen in den Griff. Die Geschichte, ins­besondere die von Japan, hat gezeigt, dass man bei Deflation alle Geschütze auffahren muss, die man hat. Und schlimmer noch: Deflation bedingt sich selbst. Sprich: Wenn die Angst vor einer Deflation erst einmal um sich greift, dann halten sich die Konsumenten mit Käufen zurück und bewirken dadurch um so mehr eine Deflation. Aus dem Mund des EZB-Chefs ist es fast schon eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Entweder wir haben Deflation, dann muss aus allen Rohren gefeuert werden. Oder wir haben sie noch nicht, dann muss Zuversicht verbreitet werden, um sie abzuwenden. Nicht aber durch ein halbherziges Schrittchen die Sorge schüren und kein Gegenmittel verabreichen.

Wenn ich einmal meine Überzeugung beiseite lasse, dann komme ich zu dem Schluss, dass die EZB handlungsunfähig ist. Der ideologische Streit zwischen Deutschland und den Club-Med Ländern lähmt die EZB. Entweder es wird eine harte Linie gefahren, die einen Großteil der Verantwortung für die Wirtschaft den ein­zelnen Nationalstaaten zuschiebt (Stichwort Strukturreformen), oder die EZB schüttet die vollmundigen Wahlversprechen der Regierun­gen mit einem Haufen Liquidität zu. Der Mittel­weg, der derzeit beschritten wird, sorgt jedoch nur für Verwirrung und Handlungsunfähigkeit.

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 07.11.2013 Änderung Vorwoche
Dow Jones 15.594 0,3 %
DAX 9.081 0,5 %
Nikkei 14.087 -0,8 %
Euro/US-Dollar 1,34 -0,8 %
Euro/Yen 131,86 -0,7 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,61 % 0,07%
Umlaufrendite Dtl. 1,41 % 0,01 %
Feinunze Gold 1.312 $ -0,9 %
Fass Brent Öl 103,71 $ -4,8 %
Kupfer 7.164 $ -1,7 %
Baltic Dry Shipping 1.593 5,9 %


Cisco: Das Imperium schlägt zurück

 Zur Jahrtausendwende war Cisco einmal für einige Wochen das wertvollste Unternehmen der Welt. Kein Wunder: Cisco-Router sind in jedem Rechenzentrum im Einsatz, sie lenken den weltweiten Datenverkehr blitzschnell in die richtigen Leitungen.

In der jüngsten Vergangenheit wurde diese Arbeit immer komplexer. Die Cloud, Big Data, Video-Streaming und ähnliche neue Anwen­dungen konnten besser durch speziell ent­wickelte Software verwaltet werden als durch einen hart verdrahteten Router. Die Datenwelt hatte so schnell an Komplexität gewonnen, dass Insellösungen aus dem Boden sprossen und Cisco Marktanteile abjagten.

SDN heißen diese Netze: Software Defined Network - durch Software definierte Netzwerke. Flexibel aber komplex und schwer zu verwalten.

Diese Woche hat Cisco nun seinen Gegenvor­schlag präsentiert: ACI nennen sie es: Appli­cation Centric Infrastructure - applikations­orientierte Infrastruktur. Ich würde sagen, da haben die Sprachwissenschaftler lange geforscht, um das gleiche mit anderen Worten zu sagen.

Der Ansatz allerdings ist vielversprechend. Durch die Integration der neuen, komplexen Anforderungen in einen Router, sowie in die gewohnt performante Cisco-Umgebung, lassen sich Betreuungsaufwand reduzieren und Per­formance steigern. Cisco verspricht, damit bis zu 75% der Kosten einzusparen.

Mit unter anderem Walt Disney, Microsoft und Network Appliance hat Cisco anspruchsvolle Pilotkunden, bis März 2014 soll die Pilotphase laufen.

Es ist ein spannender Moment für Cisco. Die Aktie ist in meinen Augen extrem günstig bewertet. 10% Wachstum sind mit einem KGV von 12 belegt, in der Bilanz liegen 45 Mrd. USD Bares. Seit Jahren integriert Cisco erfolg­reich neueste Entwicklungen in seine Techno­logie, doch stets mit ein wenig Verzögerung.

Und mit zunehmendem Alter Ciscos wird die Verzögerung immer länger. Noch hat Cisco die Pole Position unter den Netzwerkkomponenten weltweit inne, der Abstand zu den Verfolgern ist groß. Doch auch die Netzwerktechnologie wird immer komplexer, und es ist fraglich, ob ein Unternehmen alleine stets alles unter einem Dach anbieten kann.

Zyklisch gesehen würde ich für Cisco tenden­ziell nun eher eine positive Phase erwarten. Der Rückstand wurde mit enormem Aufwand wett gemacht. In den kommenden Monaten werden wir Erfolgs- und Misserfolgsmeldungen der Pilotkunden verfolgen. Ich gehe davon aus, dass CEO John Chambers in der Lage sein wird, diese Phase zu einem Erfolg zu führen und sehe daher die Aktie von Cisco auf Sicht von 12-18 Monaten als günstig an. Die Aktie dürfte steigen, der Umsatz und Gewinn wird meiner Einschätzung nach erst in der zweiten Jahreshälfte 2014 folgen.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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