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Wochenrückblick 6. Oktober - 10. Oktober 2014

Draghi wird gewinnen ...von Stephan Heibel
Über Jahre hat sich Deutschland gegen jegliche Krisen gestemmt, nun bricht jedoch auch die deutsche Konjunktur ein. Wir dürfen uns auf eine Rezession einstellen.

An der Aktienbörse schwankt die Stimmung nunmehr beinahe täglich von einem Extrem ins andere. Nike berichtete über gute Zahlen, insbesondere auch in Europa, und der DAX springt über 1% nach oben. Ford wiederum berichtet nur einen Tag später von schwachen Umsätzen in Europa, umgehend brach der DAX wieder ein. EZB-Chef Mario Draghi hat zwar den Kauf von Staatsanleihen angekündigt, die erwarteten Taten bleiben jedoch aus. Der DAX beschleunigt seine Talfahrt. Die US-Notenbank veröffentlicht ein Sitzungsprotokoll aus dem hervorgeht, dass die erste Zinsanhebung länger auf sich warten lassen könnte als bislang erwartet, und schon gibt es eine Rallye. Alcoa berichtet zwar gute Zahlen aber spricht von Problemen in Europa und schwups, schon sind die Gewinne des Vortags ausradiert...


US-ÖLBOOM WIRD GEBREMST

Ein großer Teil der US-Konjunkturstärke ist auf den neuen Ölboom in den USA zurückzuführen. Dort werden gut bezahlte Arbeitsplätze geschaffen, die Ölproduktion wurde in den vergangenen zwei Jahren in zwei der drei größten Ölgebiete (Bakken und Eagle Ford) verdoppelt. Im dritten Gebiet (Permian) geht man von einer Verdopplung in den nächsten zwei Jahren aus. In drei Jahren könnte die USA vollständig autark sein und kein Öl mehr importieren müssen.

Doch es fehlt an Infrastruktur. Präsident Obama bremst jegliche Investitionen in den Ausbau dieser schmutzigen Energiequelle aus. Pipelines werden nicht genehmigt, die Raffineriekapazitäten sind seit einem halben Jahrhundert unverändert. Der Export von Flüssiggas (Gas wird ebenso mehr produziert denn je) scheitert an behördlichen Auflagen. Bald schon wird mehr Gas und Öl produziert als die Infrastruktur fassen kann.

Schon heute wird über die Hälfte des gewonnenen Gases direkt an der Quelle einfach abgefackelt. Das Öl strömt auf den Markt und drückt den Ölpreis immer weiter nach unten (diese Woche -4,4%). Die guten Konjunkturdaten in den USA hängen zu einem nennenswerten Anteil an der Renaissance der Ölindustrie. Sollte die Infrastruktur nicht mitziehen, werden Ölkonzerne bald mit den Bohrungen aufhören, keine neuen Arbeitsplätze mehr schaffen sondern im Gegenteil, Arbeitnehmer nach Hause schicken.

Es ist wieder einmal die Frage, ob wirtschaftliche Interessen die Umweltinteressen übertrumpfen dürfen oder nicht. Obama hat sich auf die Seite der Umwelt geschlagen. Die Wirtschaft beklagt dies lautstark. Vor dem Hintergrund der weltweiten Konjunkturschwäche bekommen die Kritiker Obamas Gehör. Der gestrige Ausverkauf ging einher mit einem weiteren Ausverkauf im Öl, was nunmehr als Vorbote einer gegebenenfalls rückläufigen Investierfreude in der Ölindustrie gesehen wird.

Wenn nun also auch die US-Wirtschaft ins Straucheln gerät, wer soll dann überhaupt noch für Nachfrage auf den Weltmärkten sorgen? China stutzt die eigene Wirtschaft gezielt zurecht. Europa bricht auseinander. Die USA bremsen ihr Wachstum aus.


UKRAINE-KRISE WIRFT EUROPA IN DIE REZESSION

Die Sanktionen gegen Russland zeigen ihre Wirkung. In den vergangenen zwei Wochen kamen immer neue Hiobsbotschaften von der Konjunkturfront Deutschlands. Das Land, das jeder Krise in den vergangenen Jahren trotzte, wird nun auch getroffen. Seit der Griechenlandkrise 2011 knallen die Sektkorken in Deutschland, und fast fühlte man sich schon immun gegen Konjunkturschwächen. Doch dieses Bild ist nach schwachen Exportzahlen, schlechtem Einkaufsmanagerindex sowie einigen weiteren schwachen Indikatoren nun zerstört, internationale Anleger ziehen ihr Kapital aus Deutschland ab und stürzen den DAX in den Abgrund.

Auch die Zahlen internationaler Unternehmen spiegeln die Schwäche in Europa wider. Daran, dass die Club-Med Länder schwächeln, hat man sich gewöhnt. Der Reformdruck ist dank der Liquiditätsflutung durch EZB-Chef Mario Draghi gering. Nun fällt jedoch auch Deutschland, und das ist verheerend. Nike vermeldete noch gute Zahlen, doch die beruhten lediglich auf der extrem guten Position des Unternehmens. Nike hat auf allen Märkten in allen Segmenten Rekorde erzielt, Innovationen, schlanker Struktur und gutem Management sei Dank. Nach den Nike-Zahlen glaubte man noch an eine moderate Wirtschaft in Europa. Doch dann kam Ford und berichtete von einer besonderen Absatzschwäche in Europa.

Und vorgestern legte Alcoa Zahlen vor, die auf den ersten Blick herausragend waren. Auch auf den zweiten Blick wurde dieser Eindruck bestätigt, doch der Grund für die herausragenden Zahlen lag nicht im robusten europäischen Markt sondern im Management von Alcoa. CEO Klaus Kleinfeld hat den Aluminiumkonzern in den vergangenen Jahren von einem Rohstoffkonzern zu einem High-Tech Konzern umgebaut. Heute werden nicht mehr Aluminiumblocks als Massenware an Flugzeugbauer und Autobauer geliefert, sondern individuell gemeinsam mit den Kunden entwickelte Aluminium-Bauelemente. Boeing und Airbus setzen immer mehr Aluminium ein, aber auch die Flotte von Audi ist bekannt für die Leichtbauweise dank Aluminium.

So sorgten die Alcoa-Zahlen am Donnerstag für einen positiven Börsenauftakt, doch als aus den Details ersichtlich wurde, wie gut CEO Kleinfeld war und wie wenig Alcoas Erfolg mit einer Stärke in Europa zu tun hatte, tauchten die Aktienbörsen wieder ab.


DRAGHI WIRD GEWINNEN

So befinden wir uns nunmehr im Krisenmodus: Seit Jahren flutet EZB-Chef Supermario die Finanzmärkte mit Liquidität. Immer abenteuerlichere Methoden hat er entwickelt, um Banken, Finanzinstitute und überhaupt die gesamte Wirtschaft Europas mit Liquidität zu versorgen. Doch die Angebote Draghis werden nicht mehr angenommen, wie ich am vergangenen Freitag zeigte. Wir befinden uns in der keynesianischen Liquiditätsfalle: Banken nehmen kein Geld mehr von der EZB, selbst wenn es geschenkt ist.

Supermario hatte im Alleingang den Kauf von Staatspapieren angekündigt und war dafür heftig von Deutschland kritisiert worden. Die Details wollte er am vergangenen Donnerstag liefern, doch am vergangenen Donnerstag blieb es bei der bekannten blumigen Versprechung, im Bedarfsfall alles Notwendige zu tun. Kein Zeitplan, kein Volumen für Staatsanleihekäufe. Nichts. Draghi hat den Schwanz eingezogen.

Es folgte der Ausverkauf an den europäischen Börsen. Internationale Anleger ziehen ihr Geld ab. Der DAX hat diese Woche 4% abgegeben und bildet damit das Schlusslicht der internationalen Börsen. Rufe werden lauter, Deutschland solle endlich seine finanzielle Stärke nutzen und staatliche Investitionen auflegen. Schäuble hat sich heute erstmals prinzipiell bereit dazu gezeigt. Doch noch lauter sind die Rufe nach dem Messias Supermario, der doch endlich Staatsanleihen aufkaufen solle.

Die Liquiditätsflutung, die konsequente Reformen in den Club-Med Ländern gebremst hatte, wird nun zum alleinigen Heilmittel gegen eine drohende Rezession. Irre, oder? Ich gehe nun davon aus, dass Draghi früher oder später Staatspapiere kaufen wird, sei es rechtens oder nicht. Und der internationale Jubel darüber wird so laut sein, dass rechtliche Bedenken fast schon als unmoralisch in die Ecke gestellt werden. Und ja, ich erwarte, dass genau diese Ankündigungen, Staatspapiere zu kaufen, den Boden für die aktuelle Korrektur einziehen wird.

Schauen wir uns also einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 09.10.2014 Änderung Vorwoche
Dow Jones 16.659 -0,9 %
DAX 9.005 -4,0 %
Nikkei 15.301 -2,3 %
Euro/US-Dollar 1,27 0,3 %
Euro/Yen 136,64 -0,5 %
10-Jahres-US-Anleihe 2,33 % -0,07 %
Umlaufrendite Dtl. 0,73 % -0,03 %
Feinunze Gold 1.222 $ 0,6 %
Fass Brent Öl 89,82 $ -4,4 %
Kupfer 6.635 $ -1,0 %
Baltic Dry Shipping 974 -7,7 %

Die Korrektur ist schon lange in Deutschland angekommen, der DAX hat nochmals 4% abgegeben nach 4,5% in den zwei Vorwochen. Dank der starken US-Wirtschaft hält sich der Dow Jones mit -0,9% noch recht wacker.

Der Ölpreis ist um 4,4% auf 89,82 USD / Fass eingebrochen. Die Rohstoffindustrie produziert auf Teufel komm raus, um durch gesteigerte Absatzmengen den Preisverfall auszugleichen. Das ist jedoch ein Rezept für weiter fallende Rohstoffpreise auf der einen Seite, jedoch für günstige Einsatzkosten in der Industrie auf der anderen Seite. Niedrige Energie- und Rohstoffpreise wirken wie ein Stimulus für die Wirtschaft, wie eine Steuererleichterung.

Anleger suchen Sicherheit, so steigt die Nachfrage nach Staatsanleihen (Rendite sinkt) und Gold (Preis steigt leicht). Auch Aktien mit hohem Cashflow und als sicher geltenden Dividenden halten sich aktuell besser als der Markt.


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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