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Wochenrückblick 8. Januar - 12. Januar 2024

So befördert selbst der Streik den Bitcoin ...von Stephan Heibel

Der US-Notenbankpräsident Jay Powell hat mit seinem Richtungswechsel eine fulminante Rallye losgetreten. Fürchteten Anleger im Herbst noch US-Zinsen um 6%, so notiert die 10 Jahre laufende US-Anleihe nun bei 3,9%, die 2 Jahre laufende US-Anleihe bei 4,1%. Die Inflation ist rückläufig, man spricht schon wieder von dem Ziel von 2%. Statt einer harten Landung (Rezession) freut man sich über ein soft landing: Die Wirtschaft wächst noch, wenn auch nicht mehr so schnell, und die Arbeitslosigkeit bleibt extrem niedrig.

Was viele für unmöglich hielten, scheint Jay Powell gelungen: Die Inflation mit hohen Zinsen einzudämmen, ohne die Wirtschaft in die Knie zu zwingen.

Doch die leeren Flaschen der Börsenparty sind noch nicht entsorgt, da kommen schon wieder Zweifel auf: Wird die Inflation tatsächlich auf 2% sinken? Oder sind die derzeit erwarteten vier Zinssenkungen für das Jahr 2024 vielleicht doch zu viel? Und kann die Wirtschaft auch die anhaltenden geopolitischen Spannungen wegstecken? Immerhin schließt Tesla in Grünheide Anfang Februar seine Tore für zwei Wochen, weil Vorprodukte fehlen. Schiffe fahren um Südafrika herum, statt durch den Suez-Kanal, weil Huthi-Rebellen das Rote Meer unsicher machen. Und die längere Route um das Kap Horn benötigt eben zwei Wochen länger.

Vielleicht sind die erwarteten vier Zinssenkungen für das Jahr 2024 doch zu viel? Vielleicht ist die Rallye der vergangenen zwei Monate doch zu stark ausgefallen?

Nachdem ursprünglich viele Finanzpropheten von einer Rallye bis ins Frühjahr ausgegangen waren, rudern viele nun zurück. Ein schwacher Jahresstart, ja vielleicht sogar eine Korrektur im Januar wird nun prophezeit, bevor die Rallye dann wieder Fahrt aufnehmen werde. Hmm...

... ich denke, so pauschal kann man das derzeit kaum sagen. Wir haben im Dezember ein paar Positionen verkauft, um Cash zu generieren. Nun schaue ich auf Schnäppchen, um das Geld wieder einzusetzen. Dabei entwickeln sich die Aktien verschiedener Branchen völlig unterschiedlich. Eine Prognose für den DAX ist daher in meinen Augen derzeit gar nicht sinnvoll.
 

Ritterschlag für Bitcoin



Gestern hat die US-Börsenaufsicht ETFs auch den Bitcoin zum Börsenhandel zugelassen. Die ETFs müssen zu 100% mit Bitcoins hinterlegt sein. Seit Monaten fiebert die Kryptogemeinde auf diese Entscheidung hin, der Bitcoin ist im Vorfeld der Entscheidung um 60% angesprungen.

Ich habe Sie vor zwei Wochen gefragt, ob wir den Bitcoin wieder in den Heibel-Ticker aufnehmen sollen. Die überwältigende Mehrheit hat mich darum gebeten, dies zu tun. Ich will daher heute kurz meine aktuelle Sichtweise zum Bitcoin darlegen.

Der Bitcoin ist in meinen Augen digitales Gold. Es fehlt ihm die 5.000-jährige Geschichte, dafür lässt er sich leichter transportieren. Außerdem wissen wir genau wie viele Bitcoins es gibt, beim Gold gibt es nur Schätzungen.

Genau wie Gold kann Bitcoin weltweit überall geschürft werden. Man benötigt lediglich einen Internetzugang und Strom.

In der jüngeren Vergangenheit hatten wir zweimal eine goldgedeckte Währung, die es der Politik unmöglich machte, mehr Geld auszugeben, als sie einnahm. Das war im Vorfeld des ersten Weltkriegs, 1870 bis 1914, die sogenannte Gründerzeit. Und das war nach dem zweiten Weltkrieg bis 1971, bis das Goldfenster in den USA geschlossen wurde. Beide Phasen sind durch eine hohe Innovationskraft geprägt, durch Fortschritt und relativen Wohlstandszuwachs.

Okay die vergangenen Jahrzehnte waren auch nicht schlecht. Doch ich habe den Eindruck, dass unser System immer mehr an seine Grenzen stößt. Der zeitgleiche Streik der Bauern und Bahn mit jeweils berechtigten Forderungen, die jedoch kaum erfüllbar sind, zeigt mir, dass irgendwas in unserem System nicht stimmt. Und da haben wir noch nicht über die Situation im Handwerk, über die Löhne für Krankenpfleger und Erzieher gesprochen.

Inzwischen haben die meisten Menschen verstanden, dass unser heutiges Geld nicht endlich ist, sondern man beliebig viel davon drucken kann, wenn man nur laut genug schreit. Wer nicht schreit, bekommt nichts. Über viele Jahre wurden Projekte finanziert und zu 0% finanziert, deren Sinn und Zweck nicht immer dem gesellschaftlichen Wohl diente.

Daher sehen viele Bitcoin-Fans in der harten Beschränkung der Bitcoin-Menge eine Lösung dieser Probleme. Die Politik würde diszipliniert. Versprechen auf dem Rücken der Folgegenerationen wären nur sehr begrenzt umzusetzen. Ökonomische Vernunft würde dominieren ...

... und vermutlich soziale Aspekte in den Hintergrund drängen.

Ich glaube nicht, dass der Bitcoin in kurzer Zeit alle Probleme lösen kann. Doch eine sukzessive Verbreitung des Bitcoins mit immer neuen Anwendungen würde schrittweise dazu führen, dass gesellschaftliche Entscheidungen wieder stärker das ökonomisch Machbare berücksichtigen. Ich hoffe, ein solcher Prozess geht langsam vonstatten, ohne die soziale Komponente zu vernachlässigen.

Doch derzeit wird die ökonomische Komponente vernachlässigt. Der Preis für einen Euro-Kredit wird planwirtschaftlich von einem Zentralorgan festgesetzt. Natürlich ist dieses Zentralorgan, die EZB, unabhängig. Doch wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass die Unabhängigkeit nur auf dem Papier steht, wenn bspw. Italien eine hohe Zinslast auf seine Schulden zu stemmen hat.

Planwirtschaft ist über einen längeren Zeitraum noch nie gut gegangen, das können uns unsere Bürger aus der DDR bestätigen. Im Konzept des Euros stand festgeschrieben, dass sich der Zins an quantitativen Entwicklungen orientieren soll. Es sollte eine berechenbare Zinspolitik ermöglicht werden, die auf ökonomische Entwicklungen reagiert.

Heute reagiert die EZB auf Finanzkrisen mit Liquiditätsspritzen, auf Klimaveränderungen mit Klimafonds, auf ESG-Zielen mit günstigeren Finanzierungskonditionen, etc. ... Das sind natürlich alles sinnvolle Ziele, doch ich habe nicht den Eindruck, dass wir uns die alle gleichzeitig leisten können.

Immer mehr Menschen wissen nicht mehr, welche Partei (oder welchen US-Präsidenten) sie wählen sollen. Sie suchen nach Vernunft und Verlässlichkeit. Der Bitcoin mit festen Regeln, die von keiner einzelnen Person geändert werden können, wird für eine zunehmende Zahl von Menschen zu einem Vehikel, mit dem aus den Fugen geratene Systeme zur Vernunft gebracht werden können.

So ist der Bitcoin in meinen Augen weder eine Währung noch ein Wertaufbewahrungsmittel, sondern vielmehr ein Vehikel der gesellschaftlichen Veränderung. Ich hoffe, dass die Veränderung schrittweise und langsam geschieht, damit sich jeder in Ruhe darauf vorbereiten kann.

Was, wenn der Bitcoin wieder verschwindet?

Ich kann nicht über 100 Jahre in die Zukunft blicken. Hier im Heibel-Ticker arbeite ich intensiv daran, 12-18 Monate in die Zukunft zu blicken. Doch beim Bitcoin würde ich mich aus dem Fenster lehnen und behaupten, die Entwicklung wird über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte erfolgen. Dabei wird es heftige Kursschwankungen geben. Heute wird man es "Kursschwankungen des Bitcoins" nennen, später vielleicht dann "Kursschwankungen des Euros oder US-Dollar". Alles eine Sache der Perspektive.

Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indizes seit Jahresbeginn entwickelt haben:
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 12.1., 19:09 Uhr Woche Δ Σ '24 Δ
DAX 16.705 -0,3% -0,3%
S&P 500 4.777 0,4% 0,4%
Nikkei 35.577 6,3% 6,3%
Shanghai A 3.022 -3,1% -3,1%
Euro/US-Dollar 1,10 -0,9% -0,9%
Euro/Yen 158,70 1,8% 1,8%
10-Jahres-US-Anleihe 3,97% 0,10 0,10
Umlaufrendite Dt 2,21% 0,18 0,18
Feinunze Gold $2.044 -1,0% -1,0%
Fass Brent Öl $78,22 1,3% 1,3%
Kupfer $8.355 -2,8% -2,8%
Baltic Dry Shipping $1.554 -30,0% -30,0%
Bitcoin $43.727 3,8% 3,8%


Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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