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Wochenrückblick 8. Mai - 12. Mai 2023

US-Schuldenobergrenze versus 14th amendment ...von Stephan Heibel
Die USA stehen vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit, wenn der Kongress nicht bald die Schuldenobergrenze anhebt. Diese Grenze bestimmt, wie viel Geld das Finanzministerium sich leihen darf, um die Ausgaben zu finanzieren, die der Kongress beschlossen hat. Wenn die Grenze erreicht ist, kann das Finanzministerium keine neuen Schulden mehr aufnehmen und muss sich auf die laufenden Einnahmen verlassen, um die Rechnungen zu bezahlen. Das Problem ist, dass die Einnahmen nicht ausreichen, um alle Verpflichtungen zu erfüllen, wie zum Beispiel Zinsen, Sozialleistungen oder Gehälter für Soldaten und Staatsbedienstete. 

Finanzministerin Janet Yellen hat gewarnt, dass die Schuldenobergrenze spätestens am 1. Juni angehoben werden muss, um einen Zahlungsausfall zu vermeiden. Ein solcher Zahlungsausfall würde die Kreditwürdigkeit der USA in Frage stellen. Das letzte Mal, als eine Einigung erst nach dem Erreichen der Zahlungsunfähigkeit erreicht wurde, im Jahr 2011, fiel der S&P 500 Binnen weniger Wochen um 19%. 

Die Republikaner, die die Mehrheit im Kongress haben, weigern sich, einer Anhebung der Schuldenobergrenze zuzustimmen, wenn Präsident Joe Biden nicht massive Ausgabenkürzungen akzeptiert. Sie argumentieren, dass die Schuldenobergrenze ein wichtiges Instrument ist, um die Verschuldung zu begrenzen und die fiskalische Disziplin zu fördern. Über Ausgabenkürzungen möchte Joe Biden aber nicht sprechen, er fühlt sich im Recht, beschlossene Programme auch umzusetzen, und verlangt die bedingungslose Anhebung der Obergrenze. 

Präsident Biden wiederum hat das 14th amendment Sektion 4 auf seiner Seite. Dieser Zusatzartikel zur Verfassung wurde nach dem US-Bürgerkrieg verabschiedet und enthält unter anderem eine Bestimmung, die besagt: „Die Gültigkeit der öffentlichen Schuld der Vereinigten Staaten ... darf nicht in Frage gestellt werden." 

Diese Bestimmung wurde ursprünglich eingeführt, um zu verhindern, dass konföderierte Gesetzgeber im Kongress die Kriegsschulden der Union nicht anerkennen oder bezahlen würden. Aber einige Juristen und Politiker argumentieren, dass sie auch impliziert, dass die Schuldenobergrenze verfassungswidrig ist, weil sie die Gültigkeit der öffentlichen Schuld in Frage stellt. 

Nach dieser Interpretation könnte Präsident Biden das 14th amendment anrufen und behaupten, dass der Kongress durch seine Untätigkeit verfassungswidrig gehandelt hat und dass er daher befugt ist, das Finanzministerium anzuweisen, weiterhin Schulden aufzunehmen und alle Rechnungen zu bezahlen. 

Allerdings ist diese Lösung nicht ohne Risiken. Zum einen ist es unklar, ob das 14th amendment tatsächlich so ausgelegt werden kann... Zum anderen würde ein solcher Schritt wahrscheinlich zu einer Klage vor dem Obersten Gerichtshof führen, dessen Ausgang im Sinne der Republikaner zu erwarten ist, die den Obersten Gerichtshof mit von ihnen eingesetzten Richtern dominieren. Die Entscheidung würde dadurch wieder in den Kongress zurückbeordert werden. Denn Sektion 5 des 14th amendment weist dem Kongress die Macht zu, entsprechende Gesetze zur Umsetzung des 14th amendment zu verabschieden. 

Wenn wir uns die verworrene Situation vor dem Hintergrund der nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA anschauen, wird das Taktieren beider Parteien offensichtlich. Die Demokraten wollen hervorheben, dass die Republikaner unverantwortlich handeln und mit ihrer Verweigerungshaltung die Zahlungsfähigkeit riskieren und dadurch die weltweite Reputation der USA beschädigen. Die Republikaner bauen darauf, dass der Konflikt, je länger er köchelt, zu Zurückhaltung bei Unternehmen und Privaten hinsichtlich Investitionen und Konsum führen wird, was zu einer Rezession führen könnte. Kein amtierender US-Präsident schaffte es jemals, in Zeiten einer Rezession wiedergewählt zu werden. 

In den kommenden Wochen wird es ein Kräftemessen geben. Man wird testen, welche der beiden "Ängste" die Bevölkerung stärker in ihren Bann zieht: Zahlungsausfall oder Rezession. Es wird eine Medienschlacht geben, die an den Aktienmärkten für Verunsicherung sorgen wird. Erst wenn sich ein Gewinner abzeichnet, wird die unterlegene Partei einknicken und zu Kompromissen bereit sein. 

2011 haben die beiden Parteien dieses Spielchen übertrieben. Die Kreditwürdigkeit der USA wurde daraufhin abgestuft. Bis heute wurde die Kreditwürdigkeit nicht wieder hochgestuft, die damalige Auseinandersetzung hat also einen bleibenden Schaden verursacht. Es bleibt zu hoffen, dass man daraus gelernt hat. 

Schauen wir uns nun zunächst die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an: 
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 12.5., 19:19 Uhr Woche Δ Σ '23 Δ
DAX 15.914  0,3% 14,3%
S&P 500 4.102  1,0% 6,8%
Nikkei 29.388  0,8% 12,6%
Shanghai A  3.430  -1,9% 5,9%
Euro/US-Dollar 1,09 -1,2% 1,4%
Euro/Yen 147,19 -0,7% 4,9%
10-Jahres-US-Anleihe 3,44% -0,01 -0,44
Umlaufrendite Dt 2,25% -0,03 -0,21
Feinunze Gold $2.014  -0,1% 10,5%
Fass Brent Öl $74,20  -0,1% -11,3%
Kupfer $8.255  -3,5% -2,0%
Baltic Dry Shipping $1.608  4,1% 6,1%
Bitcoin $26.369  -9,3% 59,0%



Gefühlt hatten wir diese Woche eine heftige Korrektur. Gestern Abend brach der DAX um 200 Punkte (1,3%) ein, nachdem die PacWest Bank einen Abzug von 9% ihrer Kundeneinlagen meldete. Ich hatte vor einer Woche auf die PacWest hingewiesen. Die Aktie von PacWest brach gestern erneut um 22% ein. 

Spekulanten scharren mit den Hufen und suchen das nächste Opfer. Western Alliance Bancorp. scheint ins Visier der Shortseller zu geraten. Es läuft ab wie bei Wünsch-Dir-was. Wenn sich genügend Shortseller einen Bank Run bei der Western Alliance wünschen, wird er auch kommen. Das Spielchen wird so lange weiterlaufen, bis die US-Bankenversicherung FDIC die Einlagensicherung erhöht, so dass Kunden nicht mehr Angst um Ihr Vermögen haben müssen. 

Doch die Auswirkungen auf den breiten Aktienmarkt sind noch überschaubar. Der Aktienmarkt erholte sich direkt im Anschluss an den Ausverkauf und führt heute seine Erholung fort. Die Marken 15.600 und 16.000 werden weiterhin nicht nachhaltig durchbrochen, die Schwankungen innerhalb dieser schmalen Bandbreite werden allerdings heftiger. 
 

Jahresgewinner und -verlierer



Ich habe mir mal die größten Gewinner und Verlierer dieses Jahres angeschaut, um zu verstehen, welche größeren Trends derzeit laufen. Meine Erkenntnis: Es gibt keine Trends. 

Hier die Gewinnerliste: 
Shop Apotheke Europe 119,1% 
FlatexDeGiro. 65,8% 
MorphoSys 58,3% 
Gerresheimer 57,1% 
SMA Solar 54,6% 
Hypoport 50,1% 
FMC 50,1% 
Grenke IT-Leasing. 49,9% 
Software 48,5% 
Hochtief 47,7% 

Shop Apotheke, Morphosys, Gerresheimer und Fresenius Medical Care (FMC) sind aus der Gesundheitsbranche. Man könnte also meinen, die konjunkturunabhängige Gesundheitsbranche läuft gut. Vor dem Hintergrund der absehbaren Konjunkturschwäche ist es nachvollziehbar, dass diese Aktien stark performen. 

FlatexDeGiro, Hypoport und Grenke IT-Leasing sind aus der Finanzwelt. Dort scheint man zu übersehen, dass wir in den USA eine Bankkrise haben. Doch das Trading hat wieder zugelegt (Flatex), Immobilienfinanzierer erleben nochmals einen Run, mit dem sich Häuslebauer das niedrige Zinsniveau sichern wollen, bevor es vielleicht noch weiter ansteigt. Das beflügelt auch Hochtief, die noch den Auftragsbestand der vorangegangenen Boomjahre abarbeiten. 

Und IT-Ausgaben sind inzwischen ebenfalls konjunkturunabhängig, denn wer Geld für Personal sparen möchte, muss in die IT investieren. Daher befindet sich auch die Software AG auf der Liste, die sich zudem im Übernahmekampf befindet. 

Bleibt SMA Solar, das sich mit der Dekarbonisierung unseres Planeten beschäftigt (Wechselrichter für Solaranlagen) und damit gerade in Deutschland eine Sonderkonjunktur erfährt. 

Die Verliererliste sieht so aus: 
United Internet -19,7% 
CropEnergies. -20,0% 
Siltronic -20,5% 
Nagarro -21,1% 
Stratec Biomed. -21,4% 
Grand City Properties -22,4% 
PNE Wind -34,4% 
Basler -35,9% 
Verbio BioEnergie -46,7% 
Aroundtown -56,7% 

Diese Liste widerspricht einigen der obigen Gewinner: Stratec Biomed gehört der Gesundheitsbranche an, die oben eindeutiger Gewinner ist. Verbio, CropEnergies und PNE Wind kümmern sich, genau wie SMA Solar, um die Dekarbonisierung. Grand Cities Properties und Aroundtown sind in der Immobilienbranche unterwegs, genau wie Hochtief und Hypoport. 

United Internet ist ein Telekom-Versorger, der eigentlich in schwachen Konjunkturzeiten stabil bleiben sollte, doch hier gibt es hausgemachte Probleme. Nagarro sollte eigentlich von der gut laufenden IT-Branche profitieren, wie Grenke Leasing. So eigentlich auch Basler mit ihren digitalen Industriekameras. 

Bleibt Siltronic, das zu Zeiten der Chipknappheit und AI-Boom eigentlich gut laufen müsste. 

Jedes dieser Unternehmen hat individuelle Entwicklungen durchgemacht, die zu entsprechenden Kursbewegungen führten. Es lässt sich kein Trend über diese Liste stülpen, mit der wir uns den Blick ins Detail der einzelnen Unternehmen ersparen könnten. 

Grundsätzlich ist das eine gesunde Entwicklung. Anleger laufen nicht wie die Lemminge blind Trends hinterher, sondern machen ihre Hausaufgaben und wählen die in ihren Augen besten Unternehmen aus. 

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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