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Über 2.000 Euro Eigenanteil für die stationäre Pflege

Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige, die stationäre Pflege benötigen, aus der eigenen Tasche zahlen müssen, steigt weiter. Zudem gibt es erhebliche regionale Unterschiede, wie Daten des Verbandes der Ersatzkassen e.V. verdeutlichen.

(verpd) Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung für eine stationäre Pflege sind seit drei Jahren gleichgeblieben. Aktuelle Statistiken des Verbandes der Ersatzkassen e.V. verdeutlichen, dass dagegen der Eigenanteil der Pflegebedürftigen, den sie dafür entrichten müssen, deutlich gestiegen ist. Im bundesdeutschen Durchschnitt lag Mitte 2020 der Eigenanteil für Pflegebedürftige des Pflegegrades zwei bis fünf erstmals bei über 2.000 Euro im Monat. Das ist gegenüber Anfang 2019 eine Erhöhung um über zehn Prozent. In sechs Bundesländern war der Eigenanteil sogar noch höher.

Seit dem Jahr 2017 sind die Leistungen der gesetzlichen (sozialen) Pflegeversicherung (SPV), die ein Pflegebedürftiger, der eine stationäre Pflege benötigt, je nach Pflegegrad erhält, gleich geblieben. Es handelt sich dabei um einen Pauschalbetrag für die Pflege, Betreuung und medizinische Behandlung im Pflegeheim in Höhe von 125 Euro bei Pflegegrad 1, 770 Euro bei Pflegegrad 2, 1.262 Euro bei Pflegegrad 3, 1.775 Euro bei Pflegegrad 4 und 2.005 Euro bei Pflegegrad 5 pro Monat.

Wie aus aktuellen Statistiken des Verbandes der Ersatzkassen e.V. (VDEK) hervorgeht, reichen diese Leistungen der SPV jedoch bei weitem nicht, um die tatsächlichen Kosten einer stationären Pflege eines Pflegebedürftigen abzudecken. Nach den VDEK-Daten musste zum 1. Juli 2020 ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 2 bis 5 zusätzlich zu den Leistungen der SPV im bundesweiten Durchschnitt für eine stationäre Pflege monatlich 2.015 Euro selbst tragen. Das sind 10,1 Prozent mehr als noch im Januar 2019.

Teilabsicherung ist gesetzlich festgelegt

Die SPV bietet nur eine Teilabsicherung der tatsächlich anfallenden Pflegekosten. Der Eigenanteil, den ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 2 bis 5 für eine stationäre Pflege zu tragen hat, setzt sich nämlich aus drei Posten zusammen: Die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung im Pflegeheim, Investitionskosten des Pflegeheims und dem sogenannten einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE).

Zu den Investitionskosten zählen anteilige Kosten, die der Heimbetreiber für die Gebäudemiete oder -finanzierung, für Instandhaltungskosten oder ähnliche Ausgaben auf die Heimbewohner umlegen darf. Beim einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE) handelt es sich um eine Beteiligung an den pflegebedingten Kosten wie Kosten für das Pflegepersonal und der Sachaufwand für die Pflege, da die Pauschalleistungen der SPV dafür in der Regel nicht ausreichen.

Dieser EEE, der im Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II), das Anfang 2017 in Kraft trat, umschrieben wurde, ist laut Gesetz für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 bis 5 im selben Pflegeheim gleich hoch. Es haben also Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 einen genauso hohen EEE wie mit Pflegegrad 5. Allerdings unterscheiden sich der EEE wie auch die die anderen Posten des Eigenanteils für eine stationäre Pflege je nach Pflegeheim.

Der Eigenanteil eines Pflegebedürftigen und die Gesamtkosten

Im bundesweiten Durchschnitt musste Mitte 2020 ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 1 bis 5 für eine stationäre Pflege laut den VDEK-Daten monatlich 774 Euro für Unterkunft und Verpflegung und 455 Euro an Investitionskosten zahlen. Zuzüglich mussten für den EEE mit Pflegegrad 2 bis 5 786 Euro und mit Pflegegrad 1 sogar 1.090 Euro pro Monat entrichtet werden.

Die finanzielle Gesamtbelastung, die ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 2 bis 5 für eine stationäre Pflege im Monat zu tragen hatte, betrug somit am 1. Juli 2020 bundesweit durchschnittlich 2.015 Euro. Zum Vergleich: sechs Monate vorher waren es noch 1.940 Euro, im Januar 2019 1.830 Euro und im Januar 2018 1.772 Euro. Für eine stationäre Pflege musste ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 1 Mitte 2020 sogar 2.319 Euro selbst bezahlen, Anfang 2019 waren es noch 2.159 Euro.

Die durchschnittlichen Gesamtkosten für eine stationäre Pflege, also der gesamte Eigenanteil eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis 5 zuzüglich der SPV-Leistungen, betrug Mitte 2020 je Monat:

  • bei Pflegegrad 1: 2.444 Euro
  • bei Pflegegrad 2: 2.785 Euro
  • bei Pflegegrad 3: 3.277 Euro
  • bei Pflegegrad 4: 3.790 Euro und
  • bei Pflegegrad 5: 4.020 Euro.

Regionale Unterschiede bei der finanziellen Belastung

Da unter anderem die Personalkosten regional unterschiedlich sind, gibt es auch beim Eigenanteil, den Pflegebedürftige für eine stationäre Pflege selbst tragen müssen, deutliche regionale Differenzen. Am teuersten war eine stationäre Pflege für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis 5 in Nordrhein-Westfalen. Hier betrug der durchschnittliche monatliche Eigenanteil 2.405 Euro und lag damit fast 19,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Deutlich über dem Bundesdurchschnitt war der durchschnittliche Eigenanteil pro Monat auch in Baden-Württemberg mit 2.354 Euro, im Saarland mit 2.341 Euro und in Rheinland-Pfalz mit 2.119 Euro. Leicht über dem bundesweiten Durchschnitt lag der Eigenanteil für die stationäre Pflege in Hamburg mit 2.032 Euro und in Bayern mit 2.018 Euro.

Am wenigsten hatten im Schnitt die Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt für eine stationäre Pflege aus der eigenen Tasche zu tragen. Hier mussten die Pflegebedürftigen monatlich 1.436 Euro und damit 579 Euro beziehungsweise 28,7 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt für eine stationäre Pflege selbst aufwenden.

Durchschnittliche monatliche Eigenbeteiligung eines Pflegebedürftigen zum 1. Juli 2020 in Euro

Bundesland

Einrichtungs-einheitlicher Eigenanteil (*EEE)

Unterkunft und Verpflegung

Investitionskosten (näherungsweise)

Gesamter Eigenanteil

Bundesdurchschnitt

786

774

455

2.015

Sachsen-Anhalt

560

588

288

1.436

Mecklenburg-Vorpommern

602

600

338

1.540

Thüringen

490

712

362

1.564

Sachsen

595

672

354

1.621

Brandenburg

760

640

297

1.697

Niedersachsen

602

604

498

1.704

Schleswig-Holstein

603

745

493

1.841

Bremen

642

788

529

1.959

Hessen

761

703

501

1.965

Berlin

992

614

384

1.990

Bayern

938

669

411

2.018

Hamburg

702

782

548

2.032

Rheinland-Pfalz

787

895

437

2.119

Saarland

936

893

512

2.341

Baden-Württemberg

1.062

863

429

2.354

Nordrhein-Westfalen

818

1.036

551

2.405

Die größte anteilige Steigerung beim Eigenanteil gab es im Vergleich zum Januar 2019 in Sachsen: Während Anfang 2019 hier der Eigenbetrag für einen Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 noch bei 1.279 Euro lag, waren es Mitte 2020 bereits 1.621 Euro, was einem Anstieg von über einem Viertel (plus 26,7 Prozent) entspricht. Die kleinste prozentuale Erhöhung des Eigenanteils im genannten Vergleichszeitraum verzeichnete das Saarland mit einem Eigenanteil am 1. Januar 2019 von im Schnitt 2.217 Euro und am 1. Juli 2020 von durchschnittlich 2.341 Euro – einem Plus von 5,6 Prozent.

Frühzeitige Vorsorge ist sinnvoll

Die VDEK-Daten belegen, dass die SPV nur einen Teil der Pflegekosten übernimmt. Das gilt im Übrigen auch für eine ambulante Pflege. Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht aus, übernimmt die darüber hinaus angefallenen Pflegekosten häufig das Sozialamt. Allerdings kann das Sozialamt unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Ehepartner, sowie von den erwachsenen Kindern oder von einem Elternteil des Pflegebedürftigen einen Teil dieser Pflegekosten einfordern.

Konkret wurde mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz gesetzlich geregelt, dass ab 2020 ein Kind oder auch ein Elternteil mit einem Bruttojahreseinkommen von über 100.000 Euro zur Übernahme der Pflegekosten mit herangezogen werden kann. Für Eheleute gilt diese Einkommensgrenze nicht. Das heißt, Ehepartner können bereits bei einem kleineren Einkommen, und/oder auch, wenn ein Vermögen vorhanden ist, verpflichtet werden, die übrig gebliebenen Pflegekosten des Ehepartners zumindest teilweise zu begleichen.

Um nicht zum Sozialhilfefall zu werden und/oder zur finanziellen Belastung der Angehörigen, ist es daher wichtig, frühzeitig – beispielsweise mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung – vorzusorgen. Eine solche Pflegevorsorge ist bereits in jungen Jahren sinnvoll. Zum einen ist die monatliche Prämienbelastung günstiger je jünger man ist, zum anderen kann eine Pflegebedürftigkeit durch Unfall oder Krankheit schon in jungen Jahren eintreten.



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