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Bei der Arbeitszeiterfassung schummeln kann den Job kosten

Wer versucht, das Zeiterfassungssystem seines Arbeitgebers auszutricksen, muss mit einer Kündigung durch seinen Arbeitgeber rechnen, wie ein Gerichtsurteil belegt.

(verpd) Beschäftigte, die sich bei der Zeiterfassung bewusst nicht ordnungsgemäß an- und abmelden, dürfen auch nach jahrzehntelanger Betriebszugehörigkeit ohne vorherige Abmahnung fristlos entlassen werden. Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil entschieden (Az.: 16 Sa 1299/13).

Ein 46-jähriger Arbeitnehmer war seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Betrieb seines Arbeitgebers beschäftigt. Sowohl im Eingangs- als auch im Ausgangsbereich des Betriebes befindet sich ein Zeiterfassungsgerät, das er und die anderen Mitarbeiter des Betriebes schon seit Jahren beim Betreten und Verlassen des Produktionsbereichs bedienen müssen. Dies geschieht dadurch, indem sie einen dafür vom Arbeitgeber an einem Schlüsselband zur Verfügung gestellten Chip an das Zeiterfassungsgerät halten, wodurch ein Signalton ertönt.

Beim Verlassen des Produktionsbereichs muss das Gerät auch bei privaten Arbeitsunterbrechungen wie zum Beispiel einer Raucher- oder Mittagspause betätigt werden. An der Ausgangstür befindet sich ein Schild, auf dem unter anderem steht: „Vor Durchschreiten dieser Tür muss abgestempelt werden! Dieser Bereich wird videoüberwacht!“ Nachdem einem Produktionsleiter aufgefallen war, dass der Arbeitnehmer den überwachten Bereich ohne Betätigung der Zeiterfassung passiert hatte, informierte er den Betriebsleiter.

Fristlose Kündigung

Der Betriebsleiter überprüfte daraufhin mithilfe der Videoaufzeichnungen die Pausenzeiten des Mannes. Dabei wurde festgestellt, dass er entgegen den Arbeitsanweisungen mehrfach ohne Aus- und Einbuchen seinen Arbeitsplatz verlassen hatte. Der Arbeitnehmer hatte die Zeiterfassung umgangen, indem er seinen Chip nicht an dem ihm zu diesem Zweck ausgehändigten Schlüsselband, sondern in seiner Geldbörse getragen und diese offenkundig nur zum Schein etwas näher vor die Registrierungseinheit gehalten hatte.

Auf den Aufzeichnungen war außerdem zu erkennen, dass er den Chip zusätzlich mit seiner Hand abgeschirmt hatte, sodass keine Registrierung möglich gewesen war. Eine Überprüfung der letzten eineinhalb Monate vor dem Zwischenfall ergab, dass sich der Mann durch seinen Trick Pausenzeiten von mehr als dreieinhalb Stunden erschlichen hatte. Das nahm sein Arbeitgeber zum Anlass, den Arbeitnehmer fristlos zu entlassen.

In seiner beim Arbeitsgericht Gießen eingereichten Kündigungsschutzklage behauptete der Mann, dass er nur dann nicht abgestempelt habe, wenn er den Produktionsbereich aus betrieblichen Gründen verlassen musste. Im Übrigen sei die fristlose Kündigung allein schon wegen seiner jahrzehntelangen Betriebszugehörigkeit unwirksam. Sein Arbeitgeber hätte ihn vor einer Kündigung auf jeden Fall abmahnen müssen.

Wichtiger Grund

Doch dem wollten sich weder die Gießener Richter noch die des von dem Kläger in Berufung angerufenen Hessischen Landesarbeitsgerichts anschließen. Die Kündigungsschutzklage wurde von beiden Instanzen als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Ansicht der Richter stellt ein vorsätzlicher Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.

„Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Der Arbeitnehmer verletzt damit nämlich in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß Paragraf 241 Absatz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).“

Vorsatz

Die Richter beider Instanzen zeigten sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der gegen den Kläger erhobene Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs zutrifft. Denn sollte der Kläger den Produktionsbereich tatsächlich, wie von ihm behauptet, aus betrieblichen Gründen verlassen haben, so ist es nicht zu erklären, warum er seine Geldbörse, in der sich der Chip befand, vor das Zeiterfassungsgerät gehalten hatte. Denn in diesem Fall hätte er sich nicht abmelden müssen.

Nach Ansicht der Richter belegt das Verhalten des Klägers, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Auch ein Missverständnis ist nicht möglich. Denn bei ordnungsgemäßer Zeiterfassung ertönt ein Piepton. Das war dem Kläger nachweislich bekannt. „Sein auf Heimlichkeit angelegtes, vorsätzliches und systematisches Fehlverhalten wiegt daher besonders schwer. Eine Hinnahme durch die Beklagte war daher auch für den Kläger erkennbar ausgeschlossen“, so das Gericht.

Angesichts des schweren Vertrauensbruchs war es seinem Arbeitgeber trotz der langen unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit nicht zuzumuten, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Auch einer Abmahnung bedurfte es nicht. Die Richter sahen keine Gründe, eine Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.

Kostenschutz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Grundsätzlich ist es für einen Arbeitnehmer, aber auch für einen Arbeitgeber wichtig zu wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz der Kläger und der Angeklagte unabhängig vom Ergebnis jeweils selbst für ihre eigenen Rechtsanwaltskosten aufkommen müssen. Ein Kostenrisiko besteht also in jedem Fall, egal ob der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer den Rechtsstreit angestrengt hat und gewinnt oder verliert.

Trotzdem müssen weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber aus finanziellen Gründen auf ihr Recht verzichten. Ein Arbeitnehmer kann sich zum Beispiel gegen eine ungerechtfertigte Kündigung ohne Kostenrisiko gerichtlich wehren, wenn er eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung hat. Eine solche Police übernimmt, sofern Aussicht auf Erfolg besteht und der Versicherer eine Deckungszusage für den Fall vorab erteilt hat, die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten.

Einen entsprechenden Kostenschutz für Arbeitgeber bietet eine bestehende Firmenrechtsschutz-Versicherung. Sie übernimmt die Anwalts- und sonstigen Prozesskosten für Streitigkeiten mit Arbeitnehmern, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, sofern der Versicherer dem vorab zugestimmt hat.



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