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Bezugsrechts-Widerruf gegenüber GmbH-Geschäftsführer

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat mit Urteil vom 30. September 2015 entschieden (11 U 113/14), dass eine GmbH jederzeit dazu berechtigt ist, das Bezugsrecht einer für einen ihrer Geschäftsführer abgeschlossenen Lebensversicherung zu widerrufen, wenn nicht bereits eine sog. Unverfallbarkeit eingetreten ist.

Geklagt hatte ein Versicherer, der die Erlebensfallsumme eines Lebensversicherungsvertrages seiner Ansicht nach versehentlich einer falschen Person ausgezahlt hatte.

Der Beklagte war beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, als die Gesellschaft im April 2000 zu seinen Gunsten eine Lebensversicherung abschloss, deren Erlebensfallsumme am 1. April 2012 laut widerruflichem Bezugsrecht an den Beklagten ausgezahlt werden sollte. Als die GmbH im Jahr 2002 veräußert wurde, trafen der Beklagten und sein Rechtsnachfolger bezüglich des Lebensversicherungsvertrages keine Vereinbarungen.

Der Versicherer informierte Anfang 2012 die GmbH darüber, dass sie am 1. April des Jahres über die Ablaufleistung des Vertrages verfügen könne und fügte dem Schreiben eine Auszahlungsverfügung bei, welche dem Versicherer mit Schreiben vom 24. Februar 2012 zurückgesandt wurde. Als Empfänger der Ablaufleistung wurden darin die beiden aktuellen GmbH-Geschäftsführer der GmbH angegeben. Der Beklagte hatte sich noch zwei Tage zuvor an den Versicherer gewandt und darum gebeten, das Erlebensfallkapital bei Fälligkeit auf sein Bankkonto zu überweisen. Der Versichere kam der Bitte nach und überwies dem Beklagten ca. 7.700,- €.

Der Versicherer teilte dem Beklagten im September 2012 mit, dass die Auszahlung versehentlich an ihn erfolgt sei, da nicht er, sondern seine beiden Nachfolger empfangsberechtigt seien und die GmbH das Bezugsrecht mit ihrer Auszahlungsverfügung vom 24. Februar 2012 zugunsten der Geschäftsführer geändert habe.

Allerdings lehnte der Beklagte die Rückzahlung des Betrags ab, da der Versicherer bei Vertragsabschluss dazu verpflichtet gewesen wäre, ihn auf die Möglichkeit eines unwiderruflichen Bezugsrechts hinzuweisen und dies unterlassen habe. Ferner hätte er und nicht die GmbH-Rechtsnachfolger die Beiträge für den Vertrag gezahlt, so dass ihm die Ablaufleistung somit zustünde.

Die OLG-Richter gaben der Klage auf Rückzahlung der Ablaufleistung statt.

Nach richterlicher Auffassung ist die Zahlung an den Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgt, da die GmbH mit Übersendung der Auszahlungsverfügung wirksam das widerrufliche Bezugsrecht für den Vertrag zugunsten der beiden neuen Geschäftsführer geändert, wozu sie gemäß § 159 Absatz 1 VVG auch berechtigt gewesen sei.

Streitig war zwar zwischen dem Beklagten und seinen Rechtsnachfolgern, ob ausschließlich er die Beiträge für den Vertrag aus seinem Vermögen entrichtet habe. Dies habe aber keinen Einfluss auf die Bezugsrechtsänderung der GmbH gegenüber dem Versicherer, da dieser Tatbestand nur das Verhältnis zwischen dem Beklagten und den Rechtsnachfolgern der GmbH betreffe, nicht aber das zwischen der GmbH und dem klagenden Versicherer.

Der Wortlaut der Versicherungsbedingungen spricht auch nicht gegen den Entzug des Bezugsrechts gegenüber dem Beklagten, da eine Änderung der Bezugsberechtigung nicht davon abhängig gemacht werden soll, dass diese durch den Bezugsberechtigten angezeigt wird. Sonst würde der widerruflich Bezugsberechtigte über ein faktisches Vetorecht gegen die Entziehung des widerruflichen Bezugsrechts. Dieses würde damit aber in der Rechtswirklichkeit zu einem unwiderruflichen erstarken, was der gesetzgeberischen Absicht widerspräche und auch von der Versicherungsvertragsparteien nicht gewollt sein kann, da sie sich ansonsten für die Begründung eines unwiderruflichen Bezugsrechts entschieden hätten.

Die Richter wiesen die Begründung des Beklagten zurück, dass ihn der Versicherer auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts hätte hinweisen müssen, da die vorvertraglichen Pflichten des Versicherers nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber der GmbH bestanden hätten.

Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.



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