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BGH-Urteil segnet Policenmodell ab

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 16. Juli 2014 entschieden (Az.: IV ZR 73/13), dass Versicherte, die von ihren Lebensversicherern ordnungsgemäß gemäß § 5a Versicherungsvertragsgesetz (VVG) alter Fassung über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, dieses Recht nach Fristablauf und jahrelanger Beitragszahlung nicht mehr ausüben können.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Klage eines Mannes verhandelt, der 1998 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Der Versicherungsvertrag kam nach dem von Mitte 1994 bis Ende 2007 gültigen sog. Policenmodell zustande, welches gemäß § 5a VVG alter Fassung vorsah, dass die Kunden nach Übersendung des Versicherungsscheins, der Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen und der Verbraucherinformation binnen 14 Tagen dem Vertrag widersprechen konnten. Diese Frist galt nur bei ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über dieses Widerrufsrecht.

Der Kläger hatte von seinem Widerrufsrecht zunächst keinen Gebrauch gemacht, sondern zahlte in der Folgezeit bis 2004 die Versicherungsbeiträge, kündigte dann den Versicherungsvertrag und erhielt den Rückkaufswert.

2011 erklärte der Versicherungsnehmer den Widerspruch. Der Versicherer wies diesen wegen Fristablaufs zurück.

Auch vor dem Landgericht Gießen (Urteil vom 21. März 2012, Az.: 2 O 434/11) und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 18. Januar 2013, Az.: 7 U 137/12) unterlag der Versicherungsnehmer.

Die Revision vor dem BGH verlief erfolglos, da der Kläger nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung Prämien-Rückzahlung und Nutzungsersatz verlangen kann. Die Prämien wurden mit Rechtsgrund an die Beklagte geleistet.

Gemäß Treu und Glauben sei es ihm wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit besteht darin, dass der Kläger den Vertrag nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, jahrelang durchführte und erst dann von der Beklagten, die auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Vertrages Prämienrückzahlung verlangte.

Daher kommt die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nicht in Frage. Dahin stehen konnte daher, ob in diesem Fall alle nach dem Policenmodell geschlossenen Lebens- und Rentenversicherungs-Verträge ohne weiteres - auch ohne Widerspruch – von Anfang an unwirksam wären. Ferher konnte offenbleiben, ob sich darauf auch Versicherer – selbst nach Auszahlung des Rückkaufswertes oder der Versicherungsleistung – berufen könnten.

Der BGH hielt es nicht für geboten, in dieser Sache eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen, da der Fall anders als in Bezug auf die Vorschrift des § 5a Absatz 2 Satz 4 VVG a.F. liege (Senatsbeschluss vom 28. März 2012, Az.: IV ZR 76/11).

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die einschlägigen Bestimmungen der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung dem Policenmodell entgegenstehen.

Die Widerspruchslösung des § 5a Absatz 1 Satz 1 VVG a.F. ist einwandfrei, weil die genannten europäischen Richtlinien keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrages beinhalten, sondern dies dem nationalen Recht überlassen.

Die nach der EuGH-Rechtsprechung erforderliche Belehrung des Versicherungsnehmers vor dem (wirksamen) Zustandekommen und damit vor Abschluss des Vertrages hält der BGH für eingehalten.

In dem entschiedenen Fall war die Belehrung des Kunden mängelfrei durchgeführt worden. Etwas anderes gilt, wenn der Versicherer den Kunden nachweislich nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert hat.

Eine jahrelang in deutschen Lebens- und Rentenversicherungs-Verträgen verwendete Klausel, nach der das Rücktrittsrecht bei nicht ausreichender Belehrung des Versicherten spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlosch, widerspricht europäischem Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 19. Dezember 2013 entschieden (Az.: C-209/12).

Der BGH hatte mit Urteil vom 7. Mai 2014 einen Fall mit mangelhafter Widerrufsbelehrung entschieden (Az.: IV ZR 76/11). Versicherte, die beim Abschluss einer Lebens- bzw. privaten Rentenversicherung sowie deren Zusatzversicherungen nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, könnten unter dem Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung die Rückzahlung der Beiträge einschließlich einer angemessenen Verzinsung verlangen. 

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