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Den Chef aufs Übelste beschimpft

Darf ein Beschäftigter davon ausgehen, dass seine Kollegen beleidigende Äußerungen über einen Vorgesetzten nicht ausplaudern werden, so darf er nicht entlassen werden, wenn die Vertraulichkeit gebrochen wird. Das geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Essen hervor (Az.: 2 Ca 3550/12).

Eine Frau war mehr als 15 Jahre im Marketing eines Unternehmens tätig, als sie fristlos entlassen wurde. Vorausgegangen war eine Firmenübernahme, in deren Rahmen der bisherige Geschäftsführer ausgewechselt wurde. Weil die Frau als dessen Vertraute galt, wurde ihr das Angebot unterbreitet, unter unveränderten Arbeitsbedingungen in einer anderen Gesellschaft der Unternehmensgruppe zu arbeiten. Ihr neuer Chef stellte sie gleichzeitig frei und erteilte ihr Hausverbot.

Knapp einen Monat später wurde der Frau fristlos gekündigt. Anlass dafür war der Vorwurf, sich in vertraulichen Telefonaten mit mehreren Kollegen ehrverletzend über den neuen Geschäftsführer geäußert zu haben, den sie unter anderem als „Heini“, „Pisser“ und „hinterfotzig“ tituliert haben soll. Die Gekündigte bestritt, sich derart geäußert zu haben. Sie zog daher gegen ihre Entlassung vor Gericht. Dort erlitt ihr Arbeitgeber eine Niederlage.

Keine Verpflichtung zum positiven Denken

Das Arbeitsgericht Essen schloss sich zwar der Meinung des Arbeitgebers an, dass grobe Beleidigungen seiner Vertreter und Repräsentanten an sich dazu geeignet sind, einen Beschäftigten fristlos entlassen zu können. Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Klägerin tatsächlich entsprechend den Vorwürfen geäußert hat, ist in ihrem Fall weder einer ordentliche, geschweige denn eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Die Ehrverletzung einer Beleidigung setzt nach Ansicht des Gerichts nämlich voraus, dass der Beleidigende davon ausgehen muss, dass der Beleidigte von den Äußerungen erfahren wird. Genau das musste die Klägerin jedoch nicht.

Denn die ihr vorgeworfenen Telefonate wurden ausschließlich mit Kolleginnen und Kollegen geführt, mit denen sie seit Jahren einen vertraulichen Umgang pflegte und mit denen sie teilweise sogar befreundet war. Sie durfte daher auf deren Verschwiegenheit vertrauen. Nach Ansicht des Gerichts ist ein Arbeitnehmer im Übrigen nicht dazu verpflichtet, nur positiv über seinen Arbeitgeber zu denken und sich in seiner Privatsphäre ausschließlich entsprechend zu äußern.

Sich ohne Kostenrisiko wehren

Das Urteil zeigt, dass man nicht alles klaglos hinnehmen muss. Allerdings sollte man wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz der Arbeitgeber und der klagende Arbeitnehmer unabhängig vom Ergebnis die jeweiligen Kosten selbst tragen müssen.

Selbst dann, wenn der Arbeitnehmer wie in dem aufgezeigten Fall den Rechtsstreit gewinnt, muss er seine Anwalts- und anteiligen Gerichtskosten selbst bezahlen.

Trotzdem muss man nicht aus finanziellen Gründen grundsätzlich auf sein Recht verzichten. Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung übernimmt nämlich im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat.



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