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Der neue Pflege-TÜV

Jeder, der eine stationäre Pflege benötigt, möchte in einem möglichst guten Pflegeheim versorgt werden. Seit Kurzem gibt es dazu eine neue Qualitätsbewertung für Pflegeheime. Was es damit auf sich hat und warum es besser sein soll als das bisherige Bewertungssystem nach Schulnoten.

(verpd) Neben den Kosten, die der Pflegebedürftige zu tragen hat, ist bei der Suche nach einem passenden Pflegeheim die Qualität ein entscheidendes Auswahlmerkmal. Die bisherige Bewertungsmethode nach Pflegenoten spiegelte bei vielen Pflegeheimen ein wenig realistisches Bild der tatsächlichen Gegebenheiten wider. Daher gibt es nun ein neues Bewertungssystem.

Damit die Verbraucher die Qualität einer Pflegeinstitution einschätzen können, wurden seit 2009 stationäre Pflegeeinrichtungen nach festgelegten Kriterien bewertet und die Ergebnisse in Pflegenoten ähnlich der Schulnoten zusammengefasst. Allerdings geriet die Bewertungsmethode immer wieder in die Kritik. Bemängelt wurde unter anderem, dass die Gesamtpflegenoten der Pflegeheime teils nur wenig aussagekräftig waren.

So konnte beispielsweise eine schlechte Bewertung in der Pflege und medizinischen Versorgung mit einer guten Note im Bereich, Wohnen, Verpflegung und Hygiene ausgeglichen werden. Mit der neuen Pflegeheimbewertung, die auf Grundlage des im Januar 2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) basiert, will das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diese und andere Missstände ändern.

Bisher: Bewertung nach Schulnoten ...

„Zentraler Maßstab für eine gute Pflegeeinrichtung muss eine hochwertige Pflege sein, die nach den neuesten pflegefachlichen Erkenntnissen geleistet wird. Das genau bilden die bisherigen Pflegenoten nicht gut genug ab“, so die Aussage des BMG. Deshalb wurde „der Pflege-TÜV mit Unterstützung der Wissenschaft grundsätzlich überarbeitet“.

Bisher wurden die Qualitätsprüfungen durch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) oder den Verband der privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) durchgeführt und die Ergebnisse in einen Transparenzbericht veröffentlicht. Geprüft wurden verschiedenste Kriterien. Die bisherige Bewertung der Pflege und der medizinischen Dokumentation basierte schwerpunktmäßig auf der Dokumentation, die die einzelnen Heime zu erstellen haben.

Zu einer besseren Übersicht für den Verbraucher wurden die Prüfergebnisse in je eine Teilnote von eins bis fünf in folgenden Bereichen zusammengefasst: Pflege und medizinische Versorgung, Umgang mit demenzkranken Bewohnern, Betreuung und Alltagsgestaltung sowie Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene. Zudem gab es eine Gesamtnote, die sich aus allen Teilnoten zusammensetzte und eine separate Einzelnote, die auf eine Befragung von rund neun zufällig ausgewählter Pflegeheimbewohner beruhte.

... war zum Teil nur wenig aussagekräftig

Ein Pflegeheim, das beispielsweise in der Pflege die schlechteste Note mit 5,0 aber in allen anderen drei Teilbereichen je eine 1,0 erhalten hätte, hätte eine Gesamtnote von 2,0. Anhand der Gesamtpflegenote war es demnach für den Laien nicht ersichtlich, wie es wirklich um die Qualität der Pflege in der jeweiligen Einrichtung stand.

Oftmals wurde im bisherigen System von Kritikern bemängelt, dass zum Erlangen von sehr guten Pflegenoten bereits die Einhaltung von Mindeststandards reichte und nicht Spitzenleistungen notwendig waren. Insgesamt lag der Notendurchschnitt aller stationären Pflegeheime im Oktober 2019 bei 1,2. Nur wenige der über 11.000 stationären Pflegeheime hatten eine schlechtere Gesamtnote als 2,0.

„Es kann nicht mehr darum gehen, wer am besten die Häkchen in der Dokumentation macht. Entscheidend ist, dass es den Pflegebedürftigen gut geht. Da müssen die Unterschiede zwischen den Angeboten deutlich werden. Ein Pflege-TÜV, bei dem jedes Heim sehr gut bekommt, verdient seinen Namen nicht“, betonte diesbezüglich auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Neu: Tatsächliche Ereignisse werden berücksichtigt

Die Qualitätsbewertung setzt sich beim neuen Pflege-TÜV wie folgt zusammen: In die Bewertung fließen allgemeine Informationen zur Einrichtung wie Ausstattung der Zimmer und Erreichbarkeit der Einrichtung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein.

Zudem müssen alle vollstationären Pflegeheime seit Oktober 2019 regelmäßig Qualitätsdaten anhand von zehn pflegewissenschaftlich entwickelten Ergebnisindikatoren erfassen und übermitteln. Abgefragt wird hier unter anderem, wie viele Patienten innerhalb sechs Monaten schwer gestürzt sind oder einen unbeabsichtigten Gewichtsverlust hatten.

Als Drittes werden seit 1. November 2019 wie bisher auch Qualitätsprüfungen vom MDK und des Prüfdienstes des PKV-Verbandes mindestens einmal im Jahr pro Heim durchgeführt. Diese basieren jedoch auf einem neuen Prüfverfahren. Geprüft werden sollen schwerpunktmäßig beispielsweise die Ernährung, Körperpflege und die Wundversorgung der Patienten.

Bewertung nach dem Durchschnitt und nach Qualitätsdefiziten

„Die Qualitätsprüfung durch den MDK basiert wie bisher auf der Inaugenscheinnahme von stichprobenhaft ausgewählten Bewohnerinnen und Bewohnern sowie einem persönlichen Gespräch mit ihnen, um die Versorgungsqualität zu untersuchen. Darüber hinaus prüft der MDK künftig die Plausibilität der Qualitätsdaten, die die Pflegeeinrichtung selbst über diese Bewohner ermittelt und an eine Datenauswertungsstelle weitergeleitet hat (Ergebnisindikatoren)“, so der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS).

„Ein weiterer wichtiger Baustein ist das Fachgespräch mit den Pflegekräften vor Ort. Insgesamt gewinnt die pflegefachliche Beratung des MDK an Bedeutung. Die Pflegedokumentation spielt in Zukunft eine nachgeordnete Rolle“, so der MDS weiter. Anders als bisher werden bei der Bewertung neben den neuen Prüfkriterien, auch Eigenangaben der Einrichtung, zum Beispiel über die Ausstattung, sowie die Ergebnisindikatoren, beispielsweise wie viele schwere Patientenstürze im Heim vorgekommen sind, berücksichtigt.

Im Qualitätsbericht je Heim werden keine Pflegenoten mehr ausgegeben, sondern es wird bei den geprüften Kriterien angegeben, ob keine, geringe, moderate, erhebliche oder schwerwiegende Qualitätsdefizite festgestellt wurden. Zudem wird dargestellt, ob bestimmte Ereignisse wie die genannten Patientenstürze im jeweiligen Heim im Vergleich zu allen Pflegeheimen durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich häufig vorkommen.

Hilfreiche Webportale im Pflegefall

Laut MDS kann mit den ersten Prüfergebnissen Anfang 2020 gerechnet werden. Allerdings sollen laut GKV-Spitzenverband erst bis Ende 2020 alle Heime geprüft und entsprechend bewertet werden. Veröffentlicht sollen die Bewertungen voraussichtlich wie bisher auf den Portalen der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen wie dem VDEK-Pflegelotsen (www.pflegelotse.de), dem AOK-Pflegeheimnavigator (www.pflege-navigator.de) und dem BKK-Pflegefinder (www.bkk-pflegefinder.de).

Das neue Bewertungssystem hat nach Angaben von Experten aber auch einen Nachteil, nämlich die Transparenz für den Laien. Da die Qualitätsberichte mehrere Seiten lang sind, reicht ein einfacher Blick wie bisher bei der Pflegenote nicht aus, um die Gesamtqualität eines Heimes zu erkennen.

Welche Maßnahmen Betroffene und deren Angehörige beim Eintritt eines Pflegefalles als erste Schritte unternehmen sollten, zeigt der ebenfalls kostenlos herunterladbare zweiseitige Flyer „Pflegebedürftig, was nun?“. Umfassende Informationen rund um Pflege, zum Beispiel, wann jemand als pflegebedürftig gilt und welche gesetzlichen Pflegeversicherungs-Leistungen den Betroffenen zustehen, enthält die über 200 Seiten starke aktualisierte Broschüre „Ratgeber Pflege“.



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