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Echte Liebe oder Versorgung?

Der 22. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 11. Juni 2015 (L 22 R 89/13 entschieden, dass Witwen- oder Witwerrente nur dann gezahlt wird, wenn die Ehe mindestens ein Jahr lang bestanden hat. Die Regelung soll Rentenzahlungen nach Eheschließungen aus reinen Versorgungsgründen verhindern. Ausnahmen sind möglich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die es plausibel machen, dass die Eheleute bereits längere Zeit Heiratspläne schmiedeten.

Im Dezember 2009 hatte eine Frau und spätere Klägerin ihren Mann geheiratet, der am 31. Mai an einem metastasierenden Nierenbeckenkarzinom verstarb. Das Paar hatte seit ca. 20 Jahre zusammengelebt.

Die Klägerin war für zwei Jahre in eine eigene Wohnung gezogen, da sie sich mit der Mutter ihres Lebensgefährten nicht verstand. Sie hatte aber nach wie vor als Hausfrau für ihn gesorgt und sich in den folgenden Jahren an der Pflege seiner Tante beteiligt. Ferner hatte sie bis zur Geschäftsaufgabe als Angestellte in der Bäckerei ihres Lebensgefährten gearbeitet. Bereits 2008 war eine Heirat geplant gewesen. Dann musste sich ihr Mann zum ersten Mal einer Nierenoperation unterziehen und wurde nach einer Reha als geheilt entlassen.

Als sich der Schwiegersohn der Klägerin von seiner Frau trennte, musste sich die Klägerin um ihre Tochter kümmern, so dass sie nicht in Hochzeitsstimmung war.

Nachdem sich ihr Mann im November 2009 erneut einer Karzinom-Behandlung unterziehen musste, wurde ihnen von den Ärzten versichert, dass keine Metastasen vorhanden und die Heilungsaussichten deshalb gut seien. Daraufhin hatten beide vereinbart, schon aus Altersgründen die Hochzeit nicht länger aufzuschieben, sondern ihre jahrelange Liebesbeziehung schlussendlich zu legitimieren.

Die Klägerin beantrage im Juni 2010, nachdem der Ehemann verstorben war, die Witwenrente. Der Rentenversicherungsträger sah in der Eheschließung jedoch hauptsächliche eine Versorgungsehe und lehnte die Zahlung einer Witwenrente ab. Die dagegen angestrengte Klage der Frau wurde vom Sozialgericht Cottbus abgewiesen.

Das Landessozialgericht als nächste Instanz sah dies anders und beurteilte den Fall insgesamt sowie mit Blick auf die inneren Umstände mit den objektiven Tatbeständen. Daher war der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung es nicht, der Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen.

Durch Pflege der nicht mit ihr verwandten Tante ihres Lebensgefährten habe die Klägerin deutlich gemacht, dass sie sich um andere Menschen kümmere. Deshalb glaubte ihr das Gericht, dass sie wegen der Eheprobleme ihrer Tochter die eigene Hochzeit aufgeschoben habe. Daher handele es sich bei der Vermählung um emotionale Beweggründe im Rahmen einer Liebesbeziehung mit dem Zweck, eine langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft zu legitimieren. Diese Motive hätten sich schon vor der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten zur konkreten Heiratsabsicht verdichtetet, die in der dann am 3. Dezember 2009 vollzogenen Eheschließung ihren Abschluss fand.

Die Hochzeit sei in Verwirklichung einer inneren Liebesbeziehung und wegen des insoweit bestandenen sehnlichsten Wunsches des Versicherten erfolgt.

Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus wurde daher aufgehoben und die Rentenversicherung zur Zahlung einer Witwenrente ab dem 1. Juni 2010 verurteilt.

Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.



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