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Inwieweit Hunger den gesetzlichen Unfallschutz kosten kann

Warum es für einen Arbeitnehmer von Nachteil sein kann, den Weg zur Arbeit zu unterbrechen, um sich für die Pause oder das Mittagessen mit Nahrungsmitteln einzudecken, zeigt ein Gerichtsurteil des Bundessozialgerichts.

(verpd) Unterbricht ein Beschäftigter seinen unmittelbaren Weg zu seiner Arbeit, um in einer Bäckerei sein Frühstück zu besorgen, und kommt auf dem Rückweg zu seinem Auto zu Schaden, so hat er keinen Anspruch auf Leistungen durch die Berufsgenossenschaft. Das hat das Bundessozialgericht vor Kurzem entschieden (Az.: B 2 U 1/16 R).

Ein Arbeitnehmer befand sich mit seinem Pkw auf dem direkten Weg von seiner Wohnung zu seiner Arbeit, als er in Höhe einer auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Bäckerei anhielt, um sich Brötchen für sein Frühstück zu kaufen.

Nachdem er die Straße überquert hatte, stellte er jedoch fest, dass sich in der Bäckerei eine lange Schlange gebildet hatte. Um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen, kehrte er daher unverrichteter Dinge wieder um. Dabei kam er zu Fall, kurz bevor er sein Auto erreichte.

Kein Wegeunfall?

Wegen einer bei dem Sturz erlittenen Schulterverletzung forderte der Mann entsprechende Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung von der dafür zuständigen Berufsgenossenschaft, dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn nach Meinung des Verunfallten handelte es sich hier um einen gesetzlich unfallversicherten Wegeunfall. Die Berufsgenossenschaft lehnte jedoch eine Anerkennung als Wegeunfall und damit den Leistungsanspruch ab.

Das begründete der gesetzliche Unfallversicherungs-Träger damit, dass die aus eigenwirtschaftlichen Interessen veranlasste und somit nicht versicherte Unterbrechung des unmittelbaren Weges zur Arbeit des Mannes erst dann beendet gewesen wäre, wenn er sich wieder in seinem Fahrzeug befunden hätte. Gegen diese Entscheidung reichte der Verunfallte eine Gerichtsklage ein.

Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Münchener Sozialgericht schloss sich jedoch der Ansicht der Berufsgenossenschaft an. Denn der Fußweg vom Auto zur Bäckerei und zurück lasse sich eindeutig von dem direkten Weg zur Arbeit mit dem Fahrzeug abgrenzen.

Eine Frage der Handlungstendenz

Das in Berufung mit dem Fall befasste Bayerische Landessozialgericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der Kläger mit dem Parkvorgang gegenüber der Bäckerei den versicherten Arbeitsweg unterbrochen hatte. Es gab seiner Berufung gleichwohl statt.

Nach Ansicht der Richter setzte der Versicherungsschutz nämlich in dem Augenblick wieder ein, in dem der Kläger auf dem Weg von der Bäckerei zu seinem Auto den öffentlichen Verkehrsraum wieder erreicht hatte. Es stehe einem Versicherten nämlich frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen.

Für die Frage des Versicherungsschutzes sei einzig die Handlungstendenz entscheidend. Diese sei im Fall des Klägers darauf gerichtet gewesen, den unmittelbaren Weg zur Arbeitsstelle fortzusetzen. Die rein privatwirtschaftliche Verrichtung war damit als beendet anzusehen.

Niederlage in letzter Instanz

Dieser Argumentation wollte sich das in letzter Instanz mit dem Fall befasste Bundessozialgericht nicht anschließen. Es gab der Revision der Berufsgenossenschaft gegen das Urteil des Landessozialgerichts statt und wies die Klage des Versicherten als unbegründet zurück. Nach Überzeugung der Richter hat der Kläger keinen Wegeunfall erlitten, als er auf dem Rückweg von der Bäckerei zu seinem Auto stürzte.

Denn er habe durch seine Absicht, sich ein Frühstück zu besorgen, den direkten Weg zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte aus privatwirtschaftlichen Gründen unterbrochen. Deshalb habe er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Darauf, dass der Weg des Klägers zur Bäckerei vergeblich war, kommt es nach Meinung des Bundessozialgerichts nicht an. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger im Rahmen einer privaten Handlung zu Schaden gekommen sei.

Diese aber wäre erst mit der Fortsetzung der Autofahrt zur Arbeitsstätte des Klägers beendet gewesen. Wäre er auf diesem Weg Opfer eines Unfalls geworden, so hätte er wieder unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

(K)eine Absicherung rund um die Uhr

Wie der Gerichtsfall zeigt, kann man sich nicht alleine auf die gesetzliche Unfallversicherung verlassen, dass man bei einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder wieder zurück nach Hause und auch während der Arbeitszeit finanziell abgesichert ist.

Denn zum einen fallen viele Tätigkeiten, auch wenn sie während des Arbeitsweges oder im unmittelbaren Bereich der Berufsausübung erfolgen, nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Zum anderen passieren die meisten Unfälle in der Freizeit und gerade hier besteht normalerweise kein gesetzlicher Unfallschutz.

Die private Versicherungswirtschaft bietet diesbezüglich zahlreiche Lösungen an, um sowohl einen fehlenden gesetzlichen Versicherungsschutz als auch die eventuell durch Unfall oder Krankheit auftretenden Einkommenslücken trotz gesetzlichem Schutz abzusichern. Zu nennen sind hier eine private Unfall-, eine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeits- sowie auch eine Krankentagegeld-Versicherung.



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