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(K)eine Hinterbliebenenrente nach weniger als einem Jahr Ehe

Wenn ein jahrelang unverheiratet zusammenlebendes Paar die geplante Hochzeit so lange aufschiebt, bis eine lebensbedrohliche Erkrankung eines Partners festgestellt wird, ist davon auszugehen, dass die Ehe in erster Linie deshalb geschlossen wurde, um den überlebenden Partner mit einer Witwen- oder Witwerrente zu versorgen. Stirbt der erkrankte Partner innerhalb des ersten Ehejahres, steht dem überlebenden Partner deshalb keine Hinterbliebenenrente zu. So ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az.: L 13 R 3256/13).
Eine Frau war seit 2001 mit ihrem späteren Mann liiert, seit 2007 lebten sie gemeinsam auf einem Bauernhof. Im Juni 2011 wurde bei ihm ein Bronchialkarzinom mit Metastasen im Gehirn festgestellt. Dies wurde mit einer palliativen Chemotherapie von Anfang Juli bis Anfang August 2011 behandelt.

Kurz nach dem Beginn der Behandlung heirateten die beiden. Als der Mann Anfang Oktober 2011 starb, beantragte die Ehegattin eine Witwenrente. Dies wurde vom gesetzlichen Rentenversicherungs-Träger abgelehnt, weil davon auszugehen sei, dass die Ehe nur aus Versorgungsgründen geschlossen wurde. Nach dem Altersvermögens-Ergänzungsgesetz (AVmEG) gilt nämlich für alle nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen, dass der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen ist, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.

Lange Partnerschaft
Konkret heißt es in Paragraf 46 SGB VI (Sechstes Sozialgesetzbuch) unter anderem: „Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen.“ Die Witwe klagte gerichtlich gegen die Entscheidung des gesetzlichen Rentenversicherungs-Trägers.

Sie wandte ein, dass sie eigentlich schon 2009 heiraten wollten, dies aber wegen des Todes ihres Schwiegervaters aufgeschoben hatten. Außerdem sei nicht die Versorgung der Grund für die Eheschließung gewesen, sondern vor allem die im Vergleich zur bloßen Partnerschaft größeren Mitsprache- und Informationsrechte, die sie als Ehefrau bei der medizinischen Behandlung ihres Mannes hatte. Grundsätzlich fühlten sie sich auch ohne Trauschein zusammengehörig, wollten aber nach der Krankheitsdiagnose offiziell als Mann und Frau zusammen sein.

Zudem hatten sie die von Ärzten bestätigte Hoffnung, dass sich der Gesundheitszustand ihres Mannes durch die Behandlung bessern und seine Lebenserwartung steigen würde. Auch ihr Schwager und ihre Schwägerin bestätigten als Zeugen vor Gericht, dass im August 2009 eine Hochzeit geplant worden sei und dafür Kleidung bestellt wurde. Das Sozialgericht Freiburg konnte als erste Instanz dieser Argumentation nicht folgen und gab der beklagten Rentenversicherung recht.

Ausnahmen unter anderem bei Unfalltod
Das Gericht konnte keinen schlüssigen Zusammenhang zwischen den Heiratsabsichten im Jahr 2009 und der tatsächlich im Juli 2011 durchgeführten Heirat erkennen, sah dagegen einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erkrankung und Heirat für eine Versorgungsehe.

Auch das Landessozialgericht als Berufungsinstanz folgte dieser Argumentation. Es sah keinen zwingenden Grund, warum die wegen des Todesfalls aufgeschobene Hochzeit im Jahr 2009 nicht spätestens im Juni 2011 nachgeholt wurde, sondern erst nach der Krebsdiagnose stattfand.

Zwar könne im Einzelfall von der Erfordernis einer einjährigen Dauer abgewichen werden, wenn der Tod plötzlich und unerwartet eingetreten sei. Dies sei beispielsweise bei einem Unfalltod, einem Herzinfarkt, soweit keine Vorerkrankung bekannt gewesen sei, oder einem Verbrechen der Fall, nicht aber bei einer bereits festgestellten lebensbedrohlichen Krankheit.

Hoffnung reicht nicht
Es sei zwar menschlich nachvollziehbar, dass das Paar gehofft hatte, der Partner der Klägerin würde „es schaffen“, dies ändere aber nichts an dem Umstand, dass die Tatsachen anders aussahen. Auch die Eile, mit der die Trauung durchgeführt wurde, nachdem sie jahrelang aufgeschoben worden war, sprach aus Sicht des Gerichts für eine Versorgungsehe.

Die eigentliche Feier sollte dabei zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, was nach Ansicht der Richter ebenfalls deutlich machte, dass die krankheitsbedingten äußeren Umstände für den Hochzeitstermin maßgebend waren.

Dem langjährigen Zusammenleben ohne Trauschein lag nach ihrer Meinung eine bewusste Entscheidung zugrunde, nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen. Deshalb sei von einer Versorgungsehe auszugehen und ein Anspruch auf Witwenrente bestehe nicht. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Kostenschutz und individuelle Absicherung
Die Frage, ob eine kurze Ehedauer zu Ansprüchen auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente führt, wird nicht in jedem Fall zu Ungunsten der Witwen beziehungsweise Witwer entschieden. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Wer sein Recht vor einem Sozialgericht einfordern muss, kann eventuell anfallende Kosten bei seiner Privat-Rechtsschutz-Versicherung geltend machen, wenn der Versicherer vorher eine Deckungszusage erteilt hat.

Möchten Paare – verheiratet oder nicht – sichergehen, dass der hinterbliebene Partner nach dem Ableben des anderen in jedem Fall finanziell abgesichert ist, können sie entsprechend vorsorgen. Bei einer Risikolebens-Versicherung auf Gegenseitigkeit können beispielsweise beide Partner als versicherte Person eingetragen werden. Stirbt ein Partner, erhält der andere die vereinbarte Leistung.

Wer möchte, dass eine Kapital- oder Risikolebens-Versicherung im Todesfall nur an den Lebenspartner oder Ehepartner ausgezahlt wird, kann den Partner als Bezugsberechtigten namentlich einsetzen lassen. 

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