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(K)eine Streupflicht bei vereinzelten Glatteisstellen

Ob bereits einzelne Stellen mit Glatteis auf dem Gehweg ausreichen, damit ein Hausbesitzer seiner Räum- und Streupflicht nachkommen muss, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Eine Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht wegen eines Verstoßes gegen winterliche Räum- und Streupflichten setzt entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte oder von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen voraus. Das hat der Bundesgerichtshof mit einem Urteil entschieden (Az.: VI ZR 254/16).

Eine Frau war auf einer eisglatten Stelle eines Bürgersteigs vor einem Haus gestürzt. Dabei hatte sie sich so schwer verletzt, dass sie für mehrere Wochen arbeitsunfähig war. Der Arbeitgeber musste gemäß Paragraf 3 EntgFG (Entgeltfortzahlungs-Gesetz) für maximal sechs Wochen ihren Lohn weiterzahlen.

Der Arbeitgeber verklagte daraufhin den Haus- und Grundstücksbesitzer, dessen Grundstück an den Gehweg unmittelbar grenzte, auf Rückzahlung der Gehaltssumme, die der Arbeitgeber im Rahmen der Lohnfortzahlung zu leisten hatte.

Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?

Der Arbeitgeber warf dem für den Gehwegabschnitt zuständigen Hausbesitzer eine Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht vor. Denn nach der Ortssatzung sei er dazu verpflichtet, den Bürgersteig in der Zeit zwischen sieben und 20 Uhr in einer für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite von Schnee und Eis freizuhalten beziehungsweise zu streuen.

Da sich der Unfall um 7.20 Uhr ereignet habe, habe er gegen diese Pflicht verstoßen. Denn auf dem Bürgersteig habe sich eine etwa ein Quadratmeter große Eisfläche befunden, welche seiner Mitarbeiterin zum Verhängnis geworden sei.

Anders als der beklagte Hausbesitzer meinte, komme es nach Ansicht des klagenden Arbeitgebers auch nicht auf eine allgemeine Glättebildung an, um die Räum- und Streupflicht zu begründen. Denn da sich der Unfall im Januar bei vorausgegangenen nächtlichen Minustemperaturen ereignet habe, habe eine Verpflichtung bestanden, den Gehweg auf glatte Stellen hin zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu beseitigen.

Allgemeine Glätte als Maßstab

Doch dem wollte sich der Bundesgerichtshof nicht anschließen. Er gab der Revision des Hausbesitzers gegen ein Urteil der Vorinstanz statt, welche sich der Rechtsauffassung des Arbeitgebers angeschlossen hatte.

Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs das Vorliegen einer allgemeinen Glätte – und nicht nur das Vorhandensein einzelner glatter Stellen. Denn die winterliche Räum- und Streupflicht setze eine konkrete Gefahrenlage durch Glatteis beziehungsweise eines Schneebelags voraus.

Von einer derartigen Situation könne man in dem entschiedenen Fall nicht ausgehen. Denn bis auf die eine glatte Stelle sei der Bürgersteig vor dem Haus des Beklagten ebenso wie die Straße trocken und von Schnee und Eis befreit gewesen. Es habe für den Beklagten folglich keine Veranlassung bestanden, den Bürgersteig eingehend zu überprüfen. Daher könne ihm keine Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht vorgeworfen werden.

Wenn man versehentlich nicht geräumt oder gestreut hat

Hätte der Hausbesitzer jedoch gegen die Verletzung der Räum- und Streupflicht verstoßen, müsste er nicht nur für die Lohnfortzahlung aufkommen. Er müsste dann auch alle anderen Kosten, die durch den Sturz entstanden sind, wie alle sonstigen Krankheits- und Behandlungskosten der Verunfallten sowie den möglichen Sachschaden, falls zum Beispiel die Kleidung der Frau beim Sturz beschädigt worden wäre, übernehmen.

Daher ist es für Immobilien- und/oder Grundstücksbesitzer wichtig, eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Police zu haben. Denn eine derartige Police schützt den Haus- und Grundstücksbesitzer doppelt: Zum einen übernimmt eine solche Haftpflichtversicherung die berechtigten Schmerzensgeld- und Schadenersatz-Forderungen Dritter, wenn tatsächlich die Räum- und Streupflicht fahrlässig verletzt wurde. Zum anderen wehrt sie aber auch ungerechtfertigte Ansprüche wie in dem genannten Fall ab.

Übrigens: Bei Eigentümern eines selbst genutzten Einfamilienhauses ist der Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtschutz in der Regel in einer bestehenden Privat-Haftpflichtversicherung enthalten.



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