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Kfz-Unfall: Video kontra Lügner

Ein Gericht hat sich mit der Frage befasst, ob sogenannte Dashcam-Aufzeichnungen in einem Zivilprozess wegen eines Verkehrsunfalls als Beweismittel verwendet werden dürfen.

(verpd) Aufzeichnungen von Kameras, die in Fahrtrichtung fest auf dem Armaturenbrett eines Autos installiert sind – sogenannte Dashcams – dürfen in der Regel in einem Zivilprozess verwertet werden. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg mit einem Hinweisbeschluss entschieden und damit ein Urteil des Landgerichts Regensburg bestätigt (Az.: 13 U 851/17).

Ein Mann war mit seinem Pkw auf einer Autobahn unterwegs, als ein Lkw auf sein Fahrzeug auffuhr. Der Pkw-Fahrer verklagte den Lkw-Fahrer beziehungsweise die Kfz-Versicherung des Lkws auf den vollständigen Ersatz des ihm entstandenen Schadens. Seinen Angaben nach habe er verkehrsbedingt bremsen müssen, der Fahrer des Lkws hingegen sei zu schnell gefahren und hätte einen zu geringen Abstand eingehalten und sei damit alleine für den Unfall verantwortlich.

Verwertungsverbot?

Der Lkw-Fahrer bestritt jedoch die Darstellung des Unfallgegners zum Unfallgeschehen. Nach seiner Beobachtung hatte der Pkw-Fahrer nämlich nach einem plötzlichen Spurwechsel sein Fahrzeug so abrupt zum Stillstand gebracht, dass der Auffahrunfall nicht zu vermeiden gewesen war. Das könne er anhand von Aufzeichnungen, die mit einer Dashcam gefertigt wurden, belegen.

Ein Sachverständiger bestätigte nach Auswertung des Videos zwar die Darstellung des Lkw-Fahrers. Der Fahrer des Pkw berief sich jedoch darauf, dass es unzulässig sei, derartige Aufzeichnungen in einem Zivilprozess zu verwerten. Folglich sei der Fahrer des Lkws den Beweis dafür schuldig geblieben, den Auffahrunfall nicht verursacht zu haben.

Doch dem wollten sich die Richter des Nürnberger Oberlandesgerichts nicht anschließen. Ebenso wie zuvor das Regensburger Landgericht hielten auch sie die Klage des Pkw-Fahrers für unbegründet. Der Kläger nahm daraufhin seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück.

Interessen- und Güterabwägung

Die Frage, ob Aufzeichnungen mit einer Dashcam im Rahmen eines Zivilprozesses verwertet werden dürfen, ist nach Ansicht des Gerichts im Rahmen einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu klären.

Im entschiedenen Fall ergebe sich ein Verwertungsverbot weder aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch aus dem Kunsturheberrecht oder datenschutzrechtlichen Normen. Denn durch die Aufzeichnung sei weder in die Intim- noch in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen worden.

Dessen Interesse bestehe darin, dass sein im öffentlichen Verkehrsraum stattfindendes Verhalten nicht für einen kurzen Zeitraum dokumentiert werde. Dem stehe jedoch das Interesse des Beklagten gegenüber, nicht auf Grundlage unwahrer Behauptungen zu Unrecht verurteilt zu werden. Das aber hat nach Ansicht der Richter Vorrang gegenüber dem sehr geringfügigen Eingriff in die Interessen des Klägers, dass sein Fahrverhalten nicht dokumentiert wird.

Keine Verletzung von Rechten Dritter

Auch die Tatsache, dass außer der Aufzeichnung des konkreten Unfallgeschehens Aufnahmen von Fahrzeugen Dritter erfolgt seien, führe nicht zu einem Verwertungsverbot. Denn in einem Zivilprozess gehe es ausschließlich um die Verwertung der relevanten Sequenzen zum Unfallhergang und nicht um die Beurteilung von Szenen, die damit nicht in Zusammenhang stehen. Unabhängig davon würden die Interessen von Dritten durch die Aufzeichnungen nur minimal berührt.

Denn sie richteten sich nicht gezielt gegen einzelne Personen, wie es etwa bei einer Videoüberwachung oder einem Mitschnitt von Telefonaten der Fall sei. Vielmehr würden lediglich kurzzeitig und relativ klein die Bewegungen der Fahrzeuge abgebildet. Die im Fahrzeug sitzenden Personen seien praktisch nicht sichtbar. Die Aufzeichnungen durften daher nach Ansicht des Gerichts im konkreten Fall verwertet werden, sodass der Kläger leer ausging.

Über die Frage, ob Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel verwertet werden dürfen, sind sich die Gerichte nicht einig. So hatte es das Amtsgericht München in einem Urteil (Az.: 345 C 5551/14) abgelehnt, die Videoaufzeichnung als Beweismittel anzuerkennen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte hingegen in einem anderen Gerichtsfall (Az.: 4 Ss 543/15) entschieden, dass ein Gericht bei der Verfolgung schwerwiegender Verkehrsordnungs-Widrigkeiten ein durch einen anderen Verkehrsteilnehmer angefertigtes Dashcam-Video als Beweis verwerten darf.



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