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Kollegentreffen mit fatalen Folgen

Ob ein Arbeitnehmer Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erwarten kann, wenn er sich nach einer geschäftlichen Tagung mit Kollegen für einen „Absacker“ in einem Hotel, in welchem Zimmer für einige Tagungsteilnehmer reserviert sind, trifft und dabei stürzt, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Kommt ein Beschäftigter nach dem Ende einer Tagung im Rahmen eines geselligen Zusammenseins mit Kollegen zu Schaden, so steht er in der Regel nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das hat das Bundessozialgericht entschieden (Az.: B 2 U 15/15 R).

Ein Arbeitnehmer war von seinem Arbeitgeber zu einer Tagung außerhalb der Arbeitsstätte eingeladen worden. Bei der in einem Restaurant stattfindenden Abendveranstaltung wurden unter anderem die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung vorgestellt. Der Abend endete kurz vor Mitternacht nach einem gemeinsamen Essen. Das sah auch das Veranstaltungsprogramm vor, das den Teilnehmern im Rahmen der Einladung überlassen wurde.

Der Arbeitnehmer begab sich anschließend mit weiteren Kollegen in ein Hotel, in dem Zimmer für die Tagungsteilnehmer reserviert worden waren. Dort ließ man die Tagung, wie bei derartigen Veranstaltungen durchaus üblich, an der Hotelbar ausklingen. Der Leiter des Vertriebes nahm daran nicht teil. Er war nach Hause gefahren. Die Besucher der Hotelbar standen in kleinen Gruppen zusammen, um sich unter anderem über die Tagung zu unterhalten. Als der Arbeitnehmer zur Toilette ging, stürzte er eine steile Treppe hinab. Dabei zog er sich eine schwere Gehirnverletzung zu.

Kein Arbeitsunfall?

Eine im Krankenhaus durchgeführte Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 2,5 Promille. Die für den Arbeitnehmer zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das begründete sie damit, dass der Unfall eindeutig auf ein alkoholbedingtes Fehlverhalten zurückzuführen sei.

Der Sturz habe sich außerdem nach dem Ende der eigentlichen Tagung ereignet und falle nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn die gesellige Zusammenkunft nach Abschluss des Tagungsprogramms habe überwiegend privaten Charakter gehabt und sei deshalb nicht mehr der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen.

Dass das Treffen in der Hotelbar auch der Pflege kollegialer Beziehungen untereinander diente und betriebliche Themen zur Sprache kamen, sei nicht von Belang. Denn andernfalls wäre jede Unterhaltung als Betriebstätigkeit anzusehen, sofern sie sich auf betriebliche Vorgänge beziehe.

Fehlender innerer Zusammenhang

Dieser Argumentation schlossen sich die Richter des Bundessozialgerichts an. Sie wiesen die von der Ehefrau und Tochter fortgeführte Revision des mittlerweile an den Folgen des Unfalls verstorbenen Arbeitnehmers als unbegründet zurück.

Nach Überzeugung des Gerichts stand die Tätigkeit, die zu dem Unfall des Arbeitnehmers geführt hatte, in keinem inneren Zusammenhang mit dem Beschäftigungs-Verhältnis. „Hieran fehlt es bei Dienstreisen in der Regel, wenn der Geschäftsreisende bei der Freizeitgestaltung, insbesondere am Abend, wie zum Beispiel bei dem Besuch von Vergnügungsstätten, verunglückt“, so das Gericht.

Es sei zwar unbestritten, dass die Gespräche in der Hotelbar der Pflege kollegialer Beziehungen und der Förderung eines angenehmen Betriebsklimas gedient hätten, woran sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer interessiert seien. Das allein genüge jedoch nicht, um die Zusammenkunft in der Bar dem versicherungsrechtlich geschützten Bereich zuzuordnen.

Schwierige Abgrenzung

Die Grenze verlaufe bei Besprechungen und sonstigen Zusammenkünften vielmehr dort, wo die arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht zur Teilnahme an einem Gespräch, Meeting, Arbeits- oder Gemeinschaftsessen ende und der informelle kollegiale Austausch beginne, so das Gericht. Die Richter räumten ein, dass die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein könne. Das gelte insbesondere dann, wenn der Übergang vom dienstlichen Gespräch zum informellen kollegialen Austausch fließend sei und keine deutliche Zäsur erfolge.

In dem entschiedenen Fall sei der Ortswechsel von dem Restaurant in die Bar des Hotels jedoch eindeutig nicht im Veranstaltungsprogramm vorgesehen gewesen. Daher könne die Zusammenkunft auch nicht als betriebliche Gemeinschafts-Veranstaltung angesehen werden.

Dagegen spreche allein schon die Tatsache, dass der Betriebsleiter die Veranstaltung als betriebliche Gemeinschafts-Veranstaltung weder angeregt noch organisiert beziehungsweise Beschäftigte der Betriebseinheit mit der Durchführung der Veranstaltung beauftragt habe. Die Revision gegen ein die Klage abweisendes Urteil der Vorinstanz wurde daher vom Bundessozialgericht als unbegründet zurückgewiesen.

Gesetzliche Absicherung mit Lücken

Damit nach einem Unfall, der zu bleibenden Gesundheitsschäden oder sogar zum Unfalltod führen kann, der Betroffene selbst oder seine Angehörigen nicht auch noch unter finanziellen Problemen leiden, ist es sinnvoll, sich nicht alleine auf die gesetzliche Absicherung zu verlassen. Dies zeigt unter anderem der genannte Fall. Zum einen fallen nämlich viele Tätigkeiten, auch wenn sie im unmittelbaren Bereich der Berufsausübung erfolgen, nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zum anderen passieren die meisten Unfälle in der Freizeit, und hier besteht normalerweise grundsätzlich kein gesetzlicher Unfallschutz. Die private Versicherungswirtschaft bietet diesbezüglich zahlreiche Lösungen an, um sowohl einen fehlenden als auch einen unzureichenden gesetzlichen Versicherungsschutz abzusichern. So lassen sich zum Beispiel mit einer privaten Krankentagegeld- sowie einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeits-Versicherung die Einkommenslücken, die auch trotz der gesetzlichen Sozialversicherungen eintreten, absichern.

Zudem kann man mit einer privaten Kapital- oder Risiko-Lebensversicherung dafür sorgen, dass die Angehörigen im Falle des Todes – und zwar egal, ob durch Krankheit oder Unfall verursacht –, finanziell gut versorgt sind. Denn auch hier ist der gesetzliche Schutz, zum Beispiel in Form der gesetzlichen Witwen-/Witwer- und/oder Waisenrente nur eine Teilabsicherung, da, wenn überhaupt ein Anrecht darauf besteht, nur ein Teil des bisherigen Einkommens des Verstorbenen als Hinterbliebenenrente ausbezahlt wird.



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