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Krankenkassen erzielen erneut Milliardenüberschuss

In den ersten sechs Monaten 2017 wurde in der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich mehr eingenommen als ausgegeben. Wie die einzelnen Kassenarten abgeschnitten und sich die verschiedenen Leistungsbereiche entwickelt haben.

(verpd) Die gesetzlichen Krankenkassen haben das erste Halbjahr 2017 mit einem Überschuss von gut 1,4 Milliarden Euro abgeschlossen, wie die vorläufigen Finanzergebnisse aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zeigen. Alle Kassenarten mit Ausnahme der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung lagen im Plus. Die Ausgaben stiegen zudem weniger stark als von Experten prognostiziert.

Im ersten Halbjahr 2017 haben die gesetzlichen Krankenkassen, also die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), nach den vorläufigen Finanzergebnissen 116,4 Milliarden Euro eingenommen und etwa 115 Milliarden Euro ausgegeben. Damit erzielten sie einen Überschuss von rund 1,4 Milliarden Euro, wie das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) jüngst mitteilte.

Der Überschuss von 612 Millionen Euro aus dem ersten Quartal hat sich mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum lag das Plus „nur“ bei etwa 400 Millionen Euro, nachdem es in der ersten Hälfte des Vorvorjahres sogar ein Defizit von rund annähernd 500 Millionen Euro gegeben hatte.

Alle Kassenarten im Plus

Wie zwischen Januar und März hatten alle Kassenarten auch in den ersten sechs Monaten 2017 bis auf die Landwirtschaftliche Krankenversicherung Überschüsse zu verzeichnen. Die Landwirtschaftliche Krankenversicherung konnte das Minus in Höhe von sechs Millionen Euro aus dem ersten Quartal auf noch eine Million Euro minus bis Ende Juni 2017 abbauen.

Der Löwenanteil des Überschusses entfiel mit 650 Millionen Euro auf die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen). 456 Millionen Euro ging auf das Konto der Ersatzkassen. Auf einen Anteil von jeweils um die sieben Prozent kamen die Betriebskrankenkassen (BKKen) mit 111 Millionen Euro, die Knappschaft-Bahn-See mit 101 Millionen Euro sowie die Innungskrankenkassen (IKKen) mit 93 Millionen Euro.

Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum gab es zum Teil kräftige Steigerungen der Überschüsse. Dieser fiel bei den AOKen fünf Mal größer, bei den IKKen fast viereinhalb Mal größer und bei den BKKen fast drei Mal größer aus. Bei den Ersatzkassen ging es immerhin noch um knapp die Hälfte bergauf, bei der Knappschaft noch um rund ein Fünftel.

Finanzpolster hat sich erhöht

Das Finanzpolster der Kassen zum 30. Juni bezifferte das BMG auf 17,5 Milliarden Euro (Vorjahresstichtag: 15,1 Milliarden Euro). Zusammen mit der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds von etwa 9,1 Milliarden addieren sich die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenversicherung auf rund 26,6 Milliarden Euro.

Bei der Liquiditätsreserve gab es nach Angaben des BMG „einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund drei Milliarden Euro“. Aus diesem könnten keine Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf gezogen werden. Dies wird damit erklärt, dass es ausgabenseitig monatlich gleichbleibende Zuweisungen an die Kassen gebe, während es bei den Einnahmen unterjährig zu erheblichen Schwankungen komme.

Denn erst in der zweiten Jahreshälfte fließen die Zusatzeinnahmen aus den Rentenanpassungen zum 1. Juli 2017 in die Kassen der GKV. Gleiches gelte weitestgehend auch für die Einnahmen aus der Verbeitragung von Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen.

Abflachung bei der Ausgabensteigerung

Wie das BMG weiter mitteilte, hat sich die Ausgabensteigerung weiter abgeflacht. Nach einem absoluten Ausgabenzuwachs von 5,7 Prozent im Jahr 2014 waren es 2016 nur noch 4,2 Prozent – und im ersten Halbjahr 2017 sogar nur noch 3,6 Prozent. Dies liege deutlich unterhalb der vom GKV-Schätzerkreis im Oktober vergangenen Jahres prognostizierten Steigerung von 4,9 Prozent.

Da sich die Versichertenzahl im Vergleich zum Vorjahresstichtag um 1,2 Prozent erhöht habe, hätten die Ausgabenzuwächse je Versicherten zwischen Januar und Juni 2017 lediglich bei etwa 2,4 Prozent gelegen.

Die Leistungsausgaben erhöhten sich absolut um 3,7 Prozent, die Steigerungsrate je Versicherten lag bei 2,5 Prozent. Bei den Verwaltungskosten gab es im Berichtszeitraum einen Zuwachs um 0,9 Prozent. Je Versicherten gingen die Verwaltungskosten sogar um 0,3 Prozent zurück.

Diese Entwicklung begründet das BMG wie folgt: „Zur Abflachung der Ausgabenzuwächse je Versicherten hat nach neueren Erkenntnissen auch der Umstand beigetragen, dass die Neuzugänge an Versicherten, die die GKV in jüngerer Zeit verzeichnen konnte, im Schnitt nicht nur jünger sind, sondern auch weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen als gleichaltrige Bestandsversicherte.“

Ausgaben für psychotherapeutische Versorgung massiv angestiegen

Leistungsseitig überproportional große Veränderungen gab es im Bereich Heilmittel mit einer Kostensteigerung von absolut plus 6,6 Prozent (plus 5,3 Prozent je Versicherten) auf knapp 3,5 Milliarden Euro. Hierfür macht das BMG deutliche Honorarerhöhungen der Heilmittelerbringer verantwortlich, die nach Inkrafttreten des Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetzes ab dem zweiten Quartal 2017 finanzwirksam geworden seien. Ebenfalls stark zugenommen haben Ausgaben im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung, die absolut um knapp 18 Prozent gestiegen sind.

Getragen davon stiegen die absoluten Ausgaben im Bereich der ärztlichen Behandlung mit 5,1 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Zwar gab es auch beim Krankengeld überproportional große Ausgabensteigerungen von absolut 5,0 Prozent beziehungsweise 3,8 Prozent je Versicherten auf insgesamt 6,2 Milliarden Euro. Dies sei im Vergleich zu den Jahren vor 2015, als es meist (zumindest annähernd) zweistellige Steigerungsraten gab, jedoch eine vergleichsweise moderate Zunahme, wie der BMG betonte.

Größter Kostenblock bleiben die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen mit fast 38,3 Milliarden Euro, was einem Anteil von rund einem Drittel zu den Gesamtausgaben entspricht. Dahinter folgen die der vertragsärztlichen Versorgung zugutekommenden Ausgaben mit fast 21,5 Milliarden Euro oder knapp 18 Prozent der Ausgaben. Der dritte große Kostenblock mit einem Kostenanteil von 17 Prozent sind die Ausgaben für Arzneimittel unter anderem aus Apotheken, die von den Krankenkassen ganz oder anteilig bezahlt werden, mit gut 19,7 Milliarden Euro.



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