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Liebesheirat oder Versorgungsehe?

Zwar hat laut Gesetz ein hinterbliebener Ehepartner oft keinen Anspruch auf Zahlung einer gesetzlichen Witwen- beziehungsweise Witwerrente, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes nicht mindestens ein Jahr bestanden hat. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie ein Gerichtsurteil belegt.

(verpd) Die Eheschließung eines Paares hatte sich verzögert, weil es schwierig und zeitraubend war, die benötigten Papiere aus dem Ausland zu beschaffen. Als kurz nach der Hochzeit der Ehemann an einer schweren Erkrankung verstarb, verweigerte die Deutsche Rentenversicherung die Zahlung einer gesetzlichen Witwenrente, da eine Versorgungsehe zu vermuten sei. In einem solchen Fall kann aber selbst dann nicht von einer Versorgungsehe ausgegangen werden, wenn einer der Partner zum Zeitpunkt der Hochzeit bekanntermaßen an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, so das Sozialgericht Berlin in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az.: S 11 R 1839/16).

Ein Mann war nur zwei Monate nach der Eheschließung an einer Krebserkrankung verstorben. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte der hinterbliebenen Ehefrau die von ihr beantragte gesetzliche Witwenrente ab. Dies begründete der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung damit, dass den Eheleuten die Erkrankung bereits bei der Hochzeit bekannt gewesen sei – und sie hätten nur deswegen geheiratet, um der Klägerin eine Witwenrente zu verschaffen. Dagegen klagte die Witwe.

Keine Versorgungsehe?

In dem sich anschließenden Rechtsstreit trug die Witwe vor, dass man bereits etliche Monate vor der Eheschließung beschlossen habe, zu heiraten. Zu diesem Zeitpunkt habe man über die tödliche Erkrankung ihres Mannes noch nichts gewusst.

Die Hochzeit habe sich aber verzögert. Denn sie sei schon einmal verheiratet gewesen. Diese Eheschließung und auch die Scheidung hätten in der Ukraine stattgefunden. Es sei daher mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen, die für die neue Heirat erforderlichen Papiere zu besorgen.

Das sei auch bei ihrem verstorbenen Mann der Fall gewesen, der bereits ebenfalls schon einmal verheiratet gewesen sei. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe im Sinne von Paragraf 46 Absatz 2a SGB VI (Sechstes Sozialgesetzbuch) sei damit widerlegt.

Gesamtbetrachtung

Dieser Argumentation schloss sich das Berliner Sozialgericht an. Es gab der Klage der Witwe auf Zahlung der von ihr beantragten Rente statt. Zur Prüfung, ob eine Versorgungsehe vorliegt, ist nach Ansicht der Richter eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Immer dann, wenn für eine Heirat andere Beweggründe als eine Versorgungsabsicht überwiegen oder zumindest gleichwertig sind, sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht gerechtfertigt.

Im Fall einer schwerwiegenden Erkrankung eines der Ehepartner komme es auf das Krankheitsbild zum Zeitpunkt der Eheschließung an. Je offensichtlicher die Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit sei, desto größer seien die Zweifel daran, dass die Ehe nicht mit dem Ziel der Versorgungsabsicherung geschlossen worden sei.

Es komme hingegen nicht darauf an, wie lange eine Liebesbeziehung bereits bestanden habe. Im Gegenteil. Eine lange Partnerschaft ohne Trauschein spreche vielmehr dafür, dass eigentlich keine Eheschließung beabsichtigt war.

Monatelanges Warten

In dem entschiedenen Fall sei die lebensbedrohliche Krankheit des Ehemannes zum Zeitpunkt der Hochzeit zwar offenkundig weit fortgeschritten gewesen. Darüber seien sich auch die Eheleute im Klaren gewesen. Die Beweisaufnahme habe jedoch ergeben, dass konkrete und ernsthafte Heiratsabsichten schon mehrere Monate bestanden hätten, bevor beim verstorbenen Ehemann der Klägerin die tödliche Krankheit festgestellt wurde.

So hätten sich sowohl der Verstorbene als auch die Klägerin bereits im Laufe des Jahres 2010 um die Beschaffung der erforderlichen Papiere bemüht. Dies sei wegen der vorangegangenen, im Ausland geschlossenen Ehen jedoch besonders schwierig gewesen.

Die Klägerin habe monatelang auf Unterlagen aus der Ukraine warten müssen. Auch das Standesamt habe bestätigt, dass bei der Eheschließung mit einer ausländischen Staatsangehörigen zwischen einer ersten Auskunft über die erforderlichen Papiere bis zu deren Beschaffung im Allgemeinen mehrere Monate vergingen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann nach Ansicht der Richter von keiner die Zahlung einer Witwenrente ausschließenden Versorgungsehe ausgegangen werden.

Finanzielle Absicherung mit oder ohne Trauschein

Übrigens: Es gibt Versicherungslösungen für Paare – verheiratet oder nicht –, die sicherstellen, dass der hinterbliebene Partner nach dem Ableben des anderen in jedem Fall finanziell abgesichert ist. Bei einer Risikolebens-Versicherung auf Gegenseitigkeit können beispielsweise beide Partner als versicherte Person eingetragen werden. Stirbt ein Partner, erhält der andere die vereinbarte Leistung.

Auch mit einer Kapitallebens-Versicherung, die in erster Linie eigentlich als Kapitalanlage oder zur Altersvorsorge gedacht ist, ist ein Hinterbliebenenschutz für den Partner möglich.

Wer möchte, dass eine Kapital- oder Risikolebens-Versicherung im Todesfall nur an den Lebenspartner oder Ehepartner ausgezahlt wird, kann den Partner als Bezugsberechtigten namentlich einsetzen lassen.



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