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Mitschuld trotz Vorfahrt

Ein Landgericht musste in einem Gerichtsfall entscheiden, welches Fehlverhalten der Beteiligten bei einem Verkehrsunfall gravierender ist, ein Verstoß gegen die Vorfahrtsregelung oder das Schneiden einer Kurve.

(verpd) Einen Autofahrer, der als bevorrechtigter Linksabbieger in eine Straße abbiegt und dabei die Kurve schneidet, trifft ein Mitverschulden, wenn es dabei zu einem Unfall mit einem Wartepflichtigen kommt. Das hat das Landgericht Saarbrücken entschieden (Az.: 13 S 137/16).

Eine Frau wollte mit dem Pkw ihrer Mutter im Bereich einer Kreuzung nach links in eine Straße abbiegen. Dazu hielt sie zunächst an, um einem von rechts kommenden Auto die Vorfahrt zu gewähren.

Bei dem anschließenden Abbiegevorgang schnitt sie allerdings die trichterförmige Einmündung. Dadurch kam es zu einer Kollision mit dem Wagen einer Fahrerin, welche nach rechts abbiegen wollte.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Die Kfz-Halterin beziehungsweise Mutter der Unfallfahrerin, die zum Unfallzeitpunkt links abgebogen ist, hielt jedoch die andere Unfallbeteiligte, die rechts abbiegen wollte, allein für den Unfall verantwortlich. Denn schließlich habe diese nach Ansicht der Kfz-Halterin als Wartepflichtige gegen die Vorfahrtsregeln verstoßen.

In dem sich anschließenden Rechtsstreit behauptete die Beklagte, dass es zu dem Unfall nur deswegen gekommen sei, weil die Tochter der Klägerin ohne erkennbaren Anlass beim Abbiegevorgang die gedachte Mittellinie der Einmündung überquert habe. Sie habe damit gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen.

Dieser Argumentation schloss sich das in erster Instanz mit dem Fall befasste Amtsgericht an. Es wies die Klage als unbegründet zurück. Zu Unrecht, befanden die Richter des Saarbrücker Landgerichts. Sie gaben der Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des Amtsgerichts überwiegend statt.

Überwiegende Verantwortung der Beklagten

Bei einer trichterförmig erweiterten, vorfahrtsberechtigten Einmündung erstreckt sich der Vorfahrtsbereich nach Ansicht des Gerichts unmittelbar auf die bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterte Fahrbahn der bevorrechtigten Straße. In dem entschiedenen Fall spreche daher der Beweis des ersten Anscheins für eine Vorfahrtsverletzung durch die wartepflichtige Beklagte, die nach rechts abbiegen wollte.

Andererseits habe die Tochter der Klägerin ihr Vorfahrtsrecht nicht ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer ausüben dürfen. Sie hätte daher beim Abbiegen den Bogen so weit nehmen müssen, dass ihr Fahrzeug die linke Fahrbahn des Querverkehrs – also die Straße, in welche sie einbiegen wollte – nicht berührte. Sie hätte den Mittelpunkt der Trichterbreite folglich rechts umfahren müssen. Dagegen habe sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verstoßen.

Die Beklagte trifft nach Ansicht der Richter als Wartepflichtige trotz allem die überwiegende Verantwortung für das Unfallereignis. Das Gericht hielt daher eine Haftungsverteilung von einem Drittel zu zwei Dritteln zu ihren Lasten für angemessen. Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision gegen ihre Entscheidung zuzulassen.



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