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Richtig reagieren, wenn Kinder in der Fahrbahnnähe spielen

Wie sich Kfz-Fahrer zu verhalten haben, wenn Kinder nur wenige Meter von der Fahrbahn entfernt herumtollen, verdeutlicht ein Gerichtsurteil.

(verpd) Nähert sich ein Fahrzeugführer herumtollenden Kinder auf einem Bürgersteig beziehungsweise Radweg, muss er mit so langsamer Geschwindigkeit fahren, dass er gegebenenfalls sofort anhalten kann. Er hat außerdem durch Hupen auf sich aufmerksam zu machen. Das geht aus einem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hervor (Az.: 7 U 180/18).

Ein elfjähriger Junge war beim Herumtollen mit anderen Kindern auf einem kombinierten Rad- und Gehweg unvermittelt auf eine viel befahrene Straße geraten. Dort wurde er von einem vorbeifahrenden Taxi überfahren und schwer verletzt. Die Krankenkasse als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernahm zunächst die Kosten für die medizinische Behandlung in Höhe von rund 13.000 Euro, forderte diese aber von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Autos, mit dem das Kind angefahren wurde, zurück.

Die Kasse behauptete, dass der Unfall zu vermeiden gewesen wäre, wenn der Taxifahrer, der bereits zugegeben hatte, dass er die Kinder gesehen hatte, eine der Situation angepassten Geschwindigkeit eingehalten hätte. Er habe nötigenfalls mit Schrittgeschwindigkeit fahren und sich jederzeit bremsbereit halten müssen. Das sei nicht geschehen.

Hupen und im Schritttempo fahren

Der Taxifahrer war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Er behauptete, die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs auf 15 Stundenkilometer herabgesetzt zu haben, als er sich der spielenden Kindergruppe näherte. Damit, dass der Elfjährige plötzlich und unvermittelt auf die Straße laufen würde, habe er nicht rechnen müssen. Denn Kindern dieses Alters sei bewusst, dass es sich bei einem Fuß- beziehungsweise Radweg in der Nähe einer Straße nicht um einen Spielplatz handele. Er hielt die Forderung des Krankenversicherers daher für unbegründet.

Das sahen sowohl die Richter des in erster Instanz mit dem Fall befassten Landgerichts Lübeck als auch die des von dem Versicherer in Berufung angerufenen Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts anders. Beide Gerichte hielten den Taxifahrer ganz überwiegend für den Unfall verantwortlich.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es unstreitig, dass der Taxifahrer die Kindergruppe aus einer Entfernung von etwa 100 bis 120 Metern wahrgenommen hatte. Er habe auch bemerkt, dass die Kinder auf dem kombinierten Geh- und Radweg getobt hätten. Nach Auffassung der Richter wäre er daher dazu verpflichtet gewesen, sich durch Hupen bemerkbar zu machen. Der Taxifahrer habe außerdem notfalls mit Schrittgeschwindigkeit fahren und jederzeit bremsbereit sein müssen. Da er das unterlassen habe, hafte er ganz überwiegend für die Folgen des Unfalls.

Kind trägt Mitverschulden

Dem Elfjährigen sei allerdings ein Mitverschulden anzulasten. In seinem Alter besäßen Kinder bereits eine ausreichende intellektuelle Einsichtsfähigkeit, um die generell mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren zu erkennen und sich allgemein darauf einzustellen.

Es sei dem Kind folglich vorzuwerfen, dass es den Straßenverkehr außer Acht gelassen und in unmittelbarer Fahrbahnnähe auf dem Radweg zusammen mit anderen Kindern herumgetobt hatte. Auch hatte er sich nicht durch wiederholte Ermahnungen seiner ihn begleitenden Mutter bändigen lassen. Jedem elfjährigen Jungen müsse klar sein, dass es sich bei einem kombinierten Rad-/Fußweg in unmittelbarer Fahrbahnnähe nicht um einen Spielplatz handele. Im Übrigen seien gemäß Paragraf 31 Absatz 1 Satz 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) Sport und Spiel auf Radwegen nicht erlaubt.

Angesichts der Gesamtumstände des Geschehens und unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr des Taxis hielten beide Gerichte eine Haftungsquote von 75 zu 25 Prozent zulasten des Taxifahrers für angemessen.



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