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Schadet befristete Tätigkeit einer BU-Rente?

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 (20 U 187/15) entschieden, dass Berufsunfähigkeitsversicherer, die einem Versicherten eine Rente zahlen, von diesem freiwillig erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten gegebenenfalls nur dann berücksichtigen dürfen, wenn es dadurch zu einer Festanstellung kommt.

Ein Mann und ehemaliger Berufssoldat hatte geklagt, der von dem beklagten Versicherer wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung seit dem Jahr 2005 eine Berufsunfähigkeits-Rente bezog. Während des Rentenbezugs hatte der Kläger auf eigene Veranlassung ein Germanistikstudium absolviert und nach dessen erfolgreichem Abschluss im Jahr 2013 eine zeitliche befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Fachhochschule ausgeübt.

Das nahm der Versicherer zum Anlass, die Rentenzahlungen einzustellen. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Tätigkeit des Klägers insbesondere hinsichtlich seines Einkommens seiner Lebensstellung vor Eintritt der Berufsunfähigkeit entspreche.

Ferner sei das Arbeitsmarktrisiko nicht versichert, so dass auch eine Verweisung auf ein befristetes Arbeitsverhältnis möglich sei, und zwar auch dann, wenn dieses mit einem sog. Schonarbeitsplatz vergleichbar sei. Entscheidend sei, ob die neue Tätigkeit die Lebensstellung eines Versicherten präge, wovon nach ca. sechs Monaten auszugehen sei.

Das Landgericht Bochum als erste Instanz und das OLG Hamm stellten sich auf den Standpunkt des Klägers, dass ihm der Versicherer auch weiterhin eine Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen habe.

Nach richterlicher Auffassung hat der Versicherer der Nachweis nicht erbracht, dass die von dem Kläger aufgenommene Halbtagstätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Fachhochschule seiner früheren Lebensstellung als Berufssoldat entspricht. Nicht ausreichend dafür ist der von dem Versicherer angestellte, bloße Vergleich der Einkommensverhältnisse des Klägers als Berufssoldat mit denen als wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Grundsätzlich wird der berufliche Status eines Versicherten maßgeblich auch durch das erzielte Einkommen geprägt. Daher hängt die Zulässigkeit einer Verweisung vor allem davon ab, inwieweit der materielle Ertrag der neuen Tätigkeit den vorherigen Einkommensverhältnissen entspreche. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, dass eine Verweisung bereits zulässig ist, wenn der Versicherungsnehmer mit der neuen Tätigkeit ein vergleichbares oder sogar höheres Einkommen erzielt als im versicherten Beruf, da der soziale Status neben dem Einkommen maßgeblich auch vom gesellschaftlichen Ansehen der Tätigkeit und den konkreten Bedingungen der Berufsausübung geprägt ist. Eine Verweisung setzt voraus, dass die neue Tätigkeit weder hinsichtlich ihrer Vergütung noch in ihrer Wertschätzung spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufes sinkt und der Lebensstellung der alten entspricht

Der Kläger konnte im entschiedenen Fall von vornherein keine Lebensstellung erlangen, da die Tätigkeit nicht auf die Übernahme in eine Festanstellung ausgerichtet war, die mit der eines unbefristet in den Dienst übernommenen Berufssoldaten vergleichbar sei. Das allein ist Grund genug, dass der Versicherer ihn nicht auf die befristete Tätigkeit verweisen darf.

Darüber hinaus ist die Tätigkeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters auf reine Hilfstätigkeiten ausgerichtet und ermöglicht grundsätzlich nur eine selbständige und eigenverantwortliche Berufsausübung nur begrenzt. Zudem bietet eine solche Tätigkeit auch keine beruflichen Weiterentwicklungs- oder Aufstiegsmöglichkeiten. Im Gegensatz dazu ist die Tätigkeit des Klägers als Berufssoldat einzustufen, die mit Auslandseinsätzen verbunden war.

Vor diesem Hintergrund könne der Kläger nicht auf die befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter verwiesen werden.



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