ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Unbewusst zu schnell gefahren

Inwieweit ein Autofahrer, der bei einer erheblichen Geschwindigkeits-Überschreitung erwischt worden ist, sich auf ein Augenblicksversagen berufen kann, um einem Fahrverbot zu entgehen, zeigt ein Gerichtsurteil.

(verpd) Wird ein einseitig aufgestelltes Verkehrszeichen – möglicherweise in Folge einer zeitweiligen Verdeckung durch einen Lastkraftwagen – übersehen, so kann es sich um ein sogenanntes Augenblicksversagen handeln. Selbst im Fall einer erheblichen Geschwindigkeits-Überschreitung kann unter Umständen keine Verhängung eines Fahrverbots gerechtfertigt sein. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Potsdam hervor (Az.: 88 OWi 4131 Js 34510/16 (590/16)).

Ein Autofahrer war dabei ertappt worden, als er außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 41 Stundenkilometer überschritt. Er sollte daher nicht nur mit einem Bußgeld und einer Eintragung im Flensburger Fahreignungsregister bestraft werden, sondern auch mit einem Fahrverbot.

Der bis dahin im Straßenverkehr nicht negativ aufgefallene Mann hielt die Verhängung des Fahrverbots für unangemessen. Denn er habe angesichts einer besonderen Verkehrslage das die Geschwindigkeit begrenzende Schild weder wahrgenommen noch habe er mit der Geschwindigkeits-Begrenzung rechnen müssen.

Eine nicht wahrgenommene Geschwindigkeits-Begrenzung

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Beschuldigte über eine längere Strecke, die auf eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern begrenzt war, mit seinem Pkw einem Lkw gefolgt.

Als er auf der linken Seite der Straße ein Schild mit der Aufhebung der Geschwindigkeits-Begrenzung wahrnahm, setzte er zum Überholen an. Kurze Zeit später war er dann geblitzt worden, ohne zu wissen wieso. Denn von seiner Wahrnehmung her habe er auf dem Streckenabschnitt die außerhalb geschlossener Ortschaften erlaubten 100 Stundenkilometer fahren dürfen. Diese habe er aber, wenn überhaupt, allenfalls um elf bis zwölf Stundenkilometern überschritten, so die Einlassung des Beschuldigten.

Das sollte sich als Irrtum erweisen. Denn wie sich herausstellte, war kurz nach dem Bereich der Geschwindigkeits-Begrenzung auf 80 Stundenkilometer eine weitere, in der Zeit von 20 bis sechs Uhr geltende Begrenzung auf 70 Stundenkilometer angeordnet worden, welche dem Schutz vor Wildwechsel dienen sollte. Diese aber hatte der Beschuldigte während des Überholvorgangs übersehen.

Nachsicht bei Ortsunkundigen

Das Gericht zeigte Milde. Es stimmte mit dem Mann darin überein, dass die Verkehrssituation in der Tat äußerst schwierig war. Denn er habe insbesondere als Ortsunkundiger nach der Aufhebung der ersten Geschwindigkeits-Begrenzung nicht zwingend damit rechnen müssen, dass kurz darauf eine weitere Begrenzung angeordnet war.

Da das entsprechende Schild nur auf der rechten Seite stand, glaubte das Gericht dem Beschuldigten, dass er es während des Überholens des Lastkraftwagens nicht wahrgenommen hatte. Das Gericht gestand dem Beschuldigten daher ein sogenanntes Augenblicksversagen zu, welches in einer einmaligen kurzen Unaufmerksamkeit bestehe, wie sie jedermann gelegentlich unterlaufe. Das hatte zur Folge, dass er nur die Regelbuße zahlen und mit einem Eintrag im Flensburger Verkehrszentralregister leben musste, ohne ein Fahrverbot hinnehmen zu müssen.

In einer vergleichbaren Sache hat das Oberlandesgericht Naumburg im November 2015 ebenfalls Milde gezeigt. Auch in diesem Fall ging es um ein leicht zu übersehendes, die Geschwindigkeit begrenzendes Schild. Obwohl der Beschuldigte in einer Tempo-30-Zone 35 Stundenkilometer zu schnell war, hielten die Richter die Verhängung eines Fahrverbots für unangemessen.

Wenn man sich keiner Schuld bewusst ist

Übrigens: Wem ein Verkehrsverstoß vorgeworfen wird, ohne dass er sich einer Schuld bewusst ist, diesen tatsächlich begangen zu haben, sollte sich frühzeitig dagegen wehren und einen Rechtsanwalt einschalten, um unliebsame Überraschungen wie ein Fahrverbot oder sonstige Strafen zu vermeiden.

Die anfallenden Rechtsanwalts- und Prozesskosten können allerdings hoch sein. Mit einer Verkehrsrechtsschutz-Versicherung lässt sich dieses Kostenrisiko vermeiden. Denn eine solche Police übernimmt je nach Vertragsvereinbarung auch die Kosten für die Verteidigung in einem Verkehrsordnungs-Widrigkeitenverfahren wie bei einem drohenden Führerscheinentzug – mit Ausnahme von Park- und Halteverstößen.

Auch andere Verkehrsstreitigkeiten wie die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen oder die Klärung der Schuldfrage nach einem Verkehrsunfall sind mit einer Verkehrsrechtsschutz-Versicherung abgedeckt.



Zurück zu Versicherung + Vorsorge

© 2024 by ARNOLD & PARTNER

Diese Website verwendet Cookies zur Steigerung von Funktionalität und Leistungsfähigkeit. Durch die weitere Nutzung unserer Website erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Schließen