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Urteil zur „Versorgungsehe“

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 28. August 2014 (Az.: L 13 R 3256/13) entschieden, dass bei einer Eheschließung, um in erster Linie den überlebenden Partner mit einer Witwenrente zu versorgen, wenn ein jahrelang unverheiratet zusammenlebendes Paar die geplante Hochzeit so lange aufschiebt, bis eine lebensbedrohliche Erkrankung eines Partners festgestellt wird, von einer „Versorgungsehe“ auszugehen ist. Stirbt der erkrankte Partner innerhalb des ersten Ehejahrs, steht dem Hinterbliebenen daher keine Hinterbliebenenrente zu.
Seit 2001 war Klägerin mit ihrem späteren Mann liiert, seit 2007 lebten sie zusammen. Im Juni 2011 wurde bei ihm ein Bronchialkarzinom mit Metastasen im Gehirn festgestellt. Dies wurde mit einer palliativen Chemotherapie von Anfang Juli bis Anfang August 2011 behandelt.

Das Paar heiratete kurz nach dem Beginn der Behandlung. Anfang Oktober 2011 verstarb der Mann und die Witwe beantrage eine Witwenrente.

Die Rentenversicherung lehnte dies ab, da davon auszugehen sei, dass die Ehe nur aus Versorgungsgründen geschlossen wurde. Nach dem Altersvermögens-Ergänzungsgesetz gilt für alle nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen, dass der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen ist, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.

Dagegen argumentierte die Witwe, dass sie eigentlich schon 2009 den Bund der Ehe eingehen wollten, dies aber wegen des Todes ihres Schwiegervaters aufgeschoben hatten. Ferner sei nicht die Versorgung der Grund für die Heirat gewesen, sondern vor allem die im Vergleich zur bloßen Partnerschaft größeren Mitsprache- und Informationsrechte, die sie als Ehefrau bei der medizinischen Behandlung ihres Mannes hatte.

Grundsätzlich fühlten sie sich auch ohne Trauschein zusammengehörig, wollten aber nach der Krankheitsdiagnose offiziell als Mann und Frau zusammen sein. Außerdem hatten sie die von Ärzten bestätigte Hoffnung, dass sich der Gesundheitszustand ihres Mannes durch die Behandlung bessern und seine Lebenserwartung steigen würde.

Auch ihr Schwager und ihre Schwägerin bestätigten als Zeugen vor Gericht, dass im August 2009 eine Hochzeit geplant worden sei und dafür Kleidung bestellt wurde.

Erstinstanzlich gab das Sozialgericht Freiburg der beklagten Rentenversicherung Recht.

Es konnte keinen schlüssigen Zusammenhang zwischen den Heiratsabsichten im Jahr 2009 und der tatsächlich im Juli 2011 durchgeführten Heirat erkennen, sah dagegen einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erkrankung und Heirat für eine Versorgungsehe.

Das LSG als Berufungsinstanz folgte dieser Argumentation und sah keinen zwingenden Grund, warum die wegen des Todesfalls aufgeschobene Hochzeit im Jahr 2009 nicht spätestens im Juni 2011 nachgeholt wurde, sondern erst nach der Krebsdiagnose stattfand.

Im Einzelfall könne zwar von der Erfordernis einer einjährigen Dauer abgewichen werden, wenn der Tod plötzlich und unerwartet eingetreten sei, wie z.B. bei einem Unfalltod, einem Herzinfarkt, ohne bekannte Vorerkrankungen, oder einem Verbrechen, nicht aber bei einer bereits festgestellten lebensbedrohlichen Krankheit.

Auch wenn es menschlich nachvollziehbar sei, dass die Angehörigen gehofft hatten, der Partner der Klägerin würde „es schaffen“, ändere dies aber nichts an dem Umstand, dass die Tatsachen anders aussahen.

Aus der Sicht der Richter sprach auch die Eile, mit der die Trauung durchgeführt wurde, nachdem sie jahrelang aufgeschoben worden ist, für eine Versorgungsehe. Dass die eigentliche Feier zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden sollte, machte ebenfalls deutlich, dass die krankheitsbedingten äußeren Umstände für den Hochzeitstermin maßgebend waren.

Das langjährige Zusammenleben ohne Trauschein sprach für eine bewusste Entscheidung, nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
Folglich sei von einer Versorgungsehe auszugehen und ein Anspruch auf Witwenrente zu versagen.

Das Urteil ist rechtskräftig. 

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