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Verhängnisvoller Friseurbesuch

Wer durch eine fehlerhafte Behandlung beim Friseur einen irreparablen Schaden erleidet, muss sich nicht mit einem vergleichsweise niedrigen Schmerzensgeld abspeisen lassen. Dabei greifen Verweise auf andere Fälle von Schmerzensgeld-Ansprüchen nicht. Dies hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 12 U 71/13).
Eine junge Kundin wollte sich ihre dunklen Haare blond färben lassen. Bereits während der Friseurbehandlung verspürte sie ein Jucken und Brennen auf der Kopfhaut, trotzdem wurde die Behandlung fortgesetzt. In den nächsten Tagen zeigte sich, dass sie unter einer toxischen Kontaktdermatitis litt.

Zunächst schwoll ihr Gesicht an, danach starb in mehreren Bereichen der Kopfhaut Gewebe ab. Als Folge davon muss sie voraussichtlich mit einem dauerhaften Verlust von ganzen Haarpartien leben.

Bleibende Schäden
Da sie zudem an einer Latexallergie leidet, kann sie wahrscheinlich auch keine Perücke tragen. Soweit es möglich ist, versucht sie den Haarverlust mit einer Kopfbedeckung zu kaschieren, was aber nicht in jeder Lebenssituation gelingt. Das hat neben psychischen Problemen bereits jetzt zu einer Einschränkung ihrer sozialen Kontakte geführt. Sie musste ihre Schulzeit um ein Jahr verlängern und konnte ein geplantes Praktikum nicht absolvieren.

Sie verklagte daraufhin den Friseursalon. Er solle ihr ein angemessenes Schmerzensgeld zahlen. Zudem solle festgestellt werden, dass er verpflichtet sei, ihr alle materiellen und immateriellen Schäden aus der Behandlung zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Das Landgericht Koblenz sprach ihr ein Schmerzensgeld von 8.000 Euro zu und wies die Klage im Übrigen ab. Es orientierte sich dabei an bereits vorliegenden Entscheidungen über fehlerhafte Haarbehandlungen. Dies fand die Klägerin nicht angemessen und legte Berufung vor dem Oberlandesgericht Koblenz ein. Dieses kam zu dem Schluss, dass in dem vorliegenden Fall die bisherigen Entscheidungen nicht greifen.

Andere Kategorie
In den bisherigen Urteilen, wie zum Beispiel in einem Fall des Landgerichts Mönchengladbach (Az.: 5 S 59/09), ging es hauptsächlich um vorübergehende Schädigungen. Im Gerichtsfall des Landgerichts Mönchengladbach büßte zum Beispiel eine Frau ihre Langhaarfrisur ein, nachdem die Haare durch eine Blondierung beim Friseur abgebrochen waren. Es dauerte über ein Jahr, bis annähernd wieder die bisherige Haarlänge erreicht wurde. Die Kundin bekam vor Gericht 300 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Das vor dem Oberlandesgericht Koblenz verhandelte Schadenereignis mit dem dauerhaften Haarverlust sowie dessen Folgen für die Klägerin seien einer Kategorie von Fällen zuzuordnen, die ein weit höheres Schmerzensgeld rechtfertigen. Dabei müssten sowohl die Eingriffe in das Leben des Geschädigten als auch die Verhältnisse von Schädiger und Geschädigtem berücksichtigt werden.

Gleiches gelte für eine eventuelle Absicherung durch eine Haftpflichtversicherung, den Grad des Verschuldens und die Umstände, die zum Schaden geführt haben. Bei der Bemessung des Schmerzensgelds sind nach Ansicht des Gerichts außerdem eine ganzheitliche Betrachtung der Umstände, die den Schadenfall prägen, und die absehbare künftige Entwicklung des Schadenbildes zu berücksichtigen.

Haftung für langfristige Folgen
Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen hielt das Oberlandesgericht ein Schmerzensgeld von 18.000 Euro plus Zinsen, wie es von der Klägerin gefordert worden war, für angemessen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung zu ersetzen, soweit die Ansprüche auf Ersatz dieser Schäden nicht auf Dritte übergegangen sind. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Wie diverse Gerichtsurteile zeigen, haben Friseurkunden zwar oftmals ein Recht auf eine Nachbesserung, wenn dem Friseur fachliche Fehler bei der Behandlung unterlaufen sind und die neue Frisur oder Haarfarbe deswegen unästhetisch aussieht. Schadenersatz und/oder Schmerzensgeld gibt es jedoch nur, wenn der Kunde verletzt wurde oder einen gravierenden Schaden erlitten hat. Bei einer dauerhaften Schädigung kann die Entschädigung, wie im genannten Fall, auch eine fünfstellige Summe erreichen.

Übrigens: Wer gegen Handwerkerpfusch, wie zum Beispiel gegen einen Friseur oder einen beauftragten Elektriker, der eine Waschmaschine reparieren sollte – mit Ausnahme von Bauhandwerkern –, vorgehen möchte, erhält Hilfe durch eine Privatrechtsschutz-Police. Denn sie übernimmt im Rahmen des Vertragsrechtschutzes unter anderem die Anwalts- und Gerichtskosten zum Beispiel für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und vorab eine Leistungszusage vom Versicherer erteilt wurde. 

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