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Verkehrssünder: Straffreiheit bei medizinischem Notfall?

Inwieweit ein Kfz-Fahrer aufgrund eines Notfalles die Verkehrsregeln missachten darf, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil.

(verpd) Wer einen Verletzten mit seinem Auto in ein Krankenhaus bringen will und dabei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet, darf zumindest dann bestraft werden, wenn ganz offensichtlich kein Notfall vorliegt. Das geht aus einem veröffentlichten Gerichtsurteil hervor (Az.: 971 Owi 955 Js-OWi 65423/19).

Die Ehefrau eines Kfz-Fahrers hatte sich bei einem gemeinsamen Kochen mit den Kindern in den Zeigefinger geschnitten. Erschrocken über das Ausmaß der Blutung entschied sich der Mann dazu, keinen Rettungswagen zu rufen, sondern seine Frau umgehend selbst ins Krankenhaus zu fahren.

Obwohl auf dem Weg zur Klinik teilweise nur 30 Stundenkilometer erlaubt waren, düste der Autofahrer mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80 Kilometer pro Stunde durch die Stadt. Dabei geriet er in eine Radarkontrolle. Der Mann wurde daher zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 235 Euro sowie zu einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Geschwindigkeitsverstoß wegen stark blutender Wunde

In seiner hiergegen eingereichten Rechtsbeschwerde räumte der Beschuldigte den Geschwindigkeitsverstoß zwar ein. Dieser sei angesichts der starken Blutung des Fingers seiner Frau jedoch gerechtfertigt gewesen. Einen Rettungswagen habe er nicht rufen wollen, denn als er einen solchen einige Monate zuvor wegen starker Unterleibsschmerzen seiner Frau angefordert habe, seien die Retter erst nach 40 Minuten eingetroffen.

Eine solche zeitliche Verzögerung habe er nicht riskieren wollen. Diese Argumente vermochten das Gericht jedoch nicht zu überzeugen. Sie wiesen die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück. Nach Ansicht des Gerichts kann eine Ordnungswidrigkeit zwar grundsätzlich durch einen Notstand gemäß Paragraf 16 OWiG (Ordnungswidrigkeiten-Gesetz) gerechtfertigt sein. Das gelte jedoch nur, wenn es sich bei der Handlung um ein angemessenes Mittel handele, das dazu geeignet sei, eine Gefahr abzuwenden.

Von einer derartigen Situation könne im Fall des Beschuldigten nicht ausgegangen werden. Selbst wenn die Schnittwunde seiner Frau stark geblutet haben sollte, habe keine Gefahr für deren Leib und Leben bestanden. Denn es sei nicht ernsthaft eine Komplikation oder gar ihr Tod zu erwarten gewesen. Im Übrigen hätte die Gefahr für seine Frau auch anders abgewendet werden können. Dem Beschwerdeführer wäre es nämlich zumutbar gewesen, zunächst ein Rettungsfahrzeug zu rufen. Das habe der Mann unterlassen. Er sei daher zu Recht bestraft worden.



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